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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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der hohen Landes-Obrigkeit.
her nennet man sie zum Unterscheide der
andern, die würckliche Räthe heissen,
Titular-Räthe.

§. 493.

Weil die Räthe die ihnen ver-Was
man für
Personen
zu Rä-
then er-
wehlen
sol.

trauten Angelegenheiten vernünfftig über-
legen und, was bey der Sache zu thun
sey, der hohen Landes-Obrigkeit eröff-
nen müssen (§. 492); so soll man nie-
manden zu einem würcklichen Rathe ma-
chen, als der die Sachen wohl verstehet
und zu expediren geschickt ist, die ihm
anvertrauet werden. Z. E. Ein Justiz-
Rath muß verstehen, was recht ist, und
sowohl die natürlichen, als bürgerlichen
Gesetze inne haben, und auf vorkommen-
de Fälle appliciren können. Ein Com-
merci
en-Rath muß das Manufactur-
Wesen und, wie Handelund Wandel
zu befördern, verstehen, und so weiter
fort. Und diese heissen verständige und
weise Räthe, nemlich verständig, in so
weit sie die Sachen, wovon sie Rath er-
theilen sollen, verstehen (§. 277. Met.), und
weise, in so weit sie durch Uberlegung
finden können, was zu thun ist (§. 914.
Met.). Wie nun durch verständige und
weise Räthe die Wohlfahrt des Landes
befördert werden kan; so wird hingegen
durch unverständige und unweise das Land
verdorben. Und ist hier wohl zu mer-
cken, daß, woferne die Wohlfahrt des

Lan-

der hohen Landes-Obrigkeit.
her nennet man ſie zum Unterſcheide der
andern, die wuͤrckliche Raͤthe heiſſen,
Titular-Raͤthe.

§. 493.

Weil die Raͤthe die ihnen ver-Was
man fuͤr
Perſonen
zu Raͤ-
then er-
wehlen
ſol.

trauten Angelegenheiten vernuͤnfftig uͤber-
legen und, was bey der Sache zu thun
ſey, der hohen Landes-Obrigkeit eroͤff-
nen muͤſſen (§. 492); ſo ſoll man nie-
manden zu einem wuͤrcklichen Rathe ma-
chen, als der die Sachen wohl verſtehet
und zu expediren geſchickt iſt, die ihm
anvertrauet werden. Z. E. Ein Juſtiz-
Rath muß verſtehen, was recht iſt, und
ſowohl die natuͤrlichen, als buͤrgerlichen
Geſetze inne haben, und auf vorkommen-
de Faͤlle appliciren koͤnnen. Ein Com-
merci
en-Rath muß das Manufactur-
Weſen und, wie Handelund Wandel
zu befoͤrdern, verſtehen, und ſo weiter
fort. Und dieſe heiſſen verſtaͤndige und
weiſe Raͤthe, nemlich verſtaͤndig, in ſo
weit ſie die Sachen, wovon ſie Rath er-
theilen ſollen, verſtehen (§. 277. Met.), und
weiſe, in ſo weit ſie durch Uberlegung
finden koͤnnen, was zu thun iſt (§. 914.
Met.). Wie nun durch verſtaͤndige und
weiſe Raͤthe die Wohlfahrt des Landes
befoͤrdert werden kan; ſo wird hingegen
durch unverſtaͤndige und unweiſe das Land
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cken, daß, woferne die Wohlfahrt des

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[591/0609] der hohen Landes-Obrigkeit. her nennet man ſie zum Unterſcheide der andern, die wuͤrckliche Raͤthe heiſſen, Titular-Raͤthe. §. 493.Weil die Raͤthe die ihnen ver- trauten Angelegenheiten vernuͤnfftig uͤber- legen und, was bey der Sache zu thun ſey, der hohen Landes-Obrigkeit eroͤff- nen muͤſſen (§. 492); ſo ſoll man nie- manden zu einem wuͤrcklichen Rathe ma- chen, als der die Sachen wohl verſtehet und zu expediren geſchickt iſt, die ihm anvertrauet werden. Z. E. Ein Juſtiz- Rath muß verſtehen, was recht iſt, und ſowohl die natuͤrlichen, als buͤrgerlichen Geſetze inne haben, und auf vorkommen- de Faͤlle appliciren koͤnnen. Ein Com- mercien-Rath muß das Manufactur- Weſen und, wie Handelund Wandel zu befoͤrdern, verſtehen, und ſo weiter fort. Und dieſe heiſſen verſtaͤndige und weiſe Raͤthe, nemlich verſtaͤndig, in ſo weit ſie die Sachen, wovon ſie Rath er- theilen ſollen, verſtehen (§. 277. Met.), und weiſe, in ſo weit ſie durch Uberlegung finden koͤnnen, was zu thun iſt (§. 914. Met.). Wie nun durch verſtaͤndige und weiſe Raͤthe die Wohlfahrt des Landes befoͤrdert werden kan; ſo wird hingegen durch unverſtaͤndige und unweiſe das Land verdorben. Und iſt hier wohl zu mer- cken, daß, woferne die Wohlfahrt des Lan- Was man fuͤr Perſonen zu Raͤ- then er- wehlen ſol.

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 591. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/609>, abgerufen am 25.11.2024.