Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.der hohen Landes-Obrigkeit. was er von den Unterthanen bekommet,durch seinen Staat wieder unter sie brin- get. Allein ein Versehen ist es, wenn man für fremde Wahren große Sum- men Geldes aus dem Lande schicket (§. 477) und dabey die Unterthanen mit all- zu großen Auflagen beschweeret, daß es ih- nen an Mitteln fehlet, ihren Handel, Handthierung und Gewerbe mit Nach- druck zu treiben. Soll das Geld im Lande wohl rouliren, so müßen die Land- wirthschafften wohl getrieben und die Ma- nufacturen in Aufnahme gebracht wer- den, auch muß man im Lande mit allem handeln lassen, es mag nöthig, oder un- nöthig seyn. Ein jeder mag sich suchen zu nehren, womit er kan, wenn er nur da- durch niemanden schadet (§. 824. Mor.). Denn ob man gleich unnöthige Wahren nicht soll ins Land führen lassen, damit nicht ohne Noth das Geld aus dem Lande kommet (§. 477); so verhält sichs doch an- ders, wenn solche Wahren im Lande ver- fertiget werden, maßen in solchem Falle das Geld im Lande bleibet, aber dabey rouliret. Wenn man im gemeinen We- sen bloß dasjenige dulden wollte, was man zur Nothdurfft des Lebens gebrauchet; so würden wenige Menschen etwas haben, die meisten würden verarmen und sich bey müßigen Tagen von All mosen ernehren müs- O o 5
der hohen Landes-Obrigkeit. was er von den Unterthanen bekommet,durch ſeinen Staat wieder unter ſie brin- get. Allein ein Verſehen iſt es, wenn man fuͤr fremde Wahren große Sum- men Geldes aus dem Lande ſchicket (§. 477) und dabey die Unterthanen mit all- zu großen Auflagen beſchweeret, daß es ih- nen an Mitteln fehlet, ihren Handel, Handthierung und Gewerbe mit Nach- druck zu treiben. Soll das Geld im Lande wohl rouliren, ſo muͤßen die Land- wirthſchafften wohl getrieben und die Ma- nufacturen in Aufnahme gebracht wer- den, auch muß man im Lande mit allem handeln laſſen, es mag noͤthig, oder un- noͤthig ſeyn. Ein jeder mag ſich ſuchen zu nehren, womit er kan, wenn er nur da- durch niemanden ſchadet (§. 824. Mor.). Denn ob man gleich unnoͤthige Wahren nicht ſoll ins Land fuͤhren laſſen, damit nicht ohne Noth das Geld aus dem Lande kommet (§. 477); ſo verhaͤlt ſichs doch an- ders, wenn ſolche Wahren im Lande ver- fertiget werden, maßen in ſolchem Falle das Geld im Lande bleibet, aber dabey rouliret. Wenn man im gemeinen We- ſen bloß dasjenige dulden wollte, was man zur Nothdurfft des Lebens gebrauchet; ſo wuͤrden wenige Menſchen etwas haben, die meiſten wuͤrden verarmen und ſich bey muͤßigen Tagen von All moſen ernehren muͤſ- O o 5
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der hohen Landes-Obrigkeit.
was er von den Unterthanen bekommet,
durch ſeinen Staat wieder unter ſie brin-
get. Allein ein Verſehen iſt es, wenn
man fuͤr fremde Wahren große Sum-
men Geldes aus dem Lande ſchicket (§.
477) und dabey die Unterthanen mit all-
zu großen Auflagen beſchweeret, daß es ih-
nen an Mitteln fehlet, ihren Handel,
Handthierung und Gewerbe mit Nach-
druck zu treiben. Soll das Geld im
Lande wohl rouliren, ſo muͤßen die Land-
wirthſchafften wohl getrieben und die Ma-
nufacturen in Aufnahme gebracht wer-
den, auch muß man im Lande mit allem
handeln laſſen, es mag noͤthig, oder un-
noͤthig ſeyn. Ein jeder mag ſich ſuchen
zu nehren, womit er kan, wenn er nur da-
durch niemanden ſchadet (§. 824. Mor.).
Denn ob man gleich unnoͤthige Wahren
nicht ſoll ins Land fuͤhren laſſen, damit
nicht ohne Noth das Geld aus dem Lande
kommet (§. 477); ſo verhaͤlt ſichs doch an-
ders, wenn ſolche Wahren im Lande ver-
fertiget werden, maßen in ſolchem Falle
das Geld im Lande bleibet, aber dabey
rouliret. Wenn man im gemeinen We-
ſen bloß dasjenige dulden wollte, was man
zur Nothdurfft des Lebens gebrauchet; ſo
wuͤrden wenige Menſchen etwas haben,
die meiſten wuͤrden verarmen und ſich bey
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