Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.der hohen Landes-Obrigkeit ein, als heraus komme (§. 485. & seqq.);sondern da sie darauf zu sehen hat, daß, wo nicht alle, doch die meisten Jnwohner des Landes glückseelig sind (§. 223.) und viele von ihnen reich werden (§. 459); so muß sie auch ferner darauf bedacht seyn, daß das Geld nicht bey einem bleibe, son- dern in einer guten Proportion sich unter die Jnwohner des Landes vertheile, das ist, wie man insgemein zureden pfleget, daß das Geld roulire. Dieses ist ein Punet, darauf man wenig zu sehen pfle- get, und vielleicht werden auch einige in den Gedancken stehen, es sey nicht nöthig, daß ein Landes-Herr sich deswegen viel Sorge mache. Jhm gelte gleichviel, wer das Geld habe, wenn es nur im Lande sey. Allein hierbey finde ich zweyerley zu erinnern. Einmahl ist gewis, daß es den Jnwohnern im Lande nicht gleichviel sey, ob einer alles allein hat, oder ob das Geld in guter Proportion unter sie vertheilet an- zutreffen: welches ein jeder ohne weitere Ausführung meines Erachtens zugeben wird. Nun muß die hohe Landes-Obrig- keit nicht allein auf ihr interesse, sondern auch auf die Wohlfahrt der Unterthanen sehen (§. 230). Derowegen wenn es ihr auch gleich viel gelten könnte, wer im Lan- de das Geld bey einander hätte; so muß sie doch auch bedencken, ob solches ihren Un- O o 3
der hohen Landes-Obrigkeit ein, als heraus komme (§. 485. & ſeqq.);ſondern da ſie darauf zu ſehen hat, daß, wo nicht alle, doch die meiſten Jnwohner des Landes gluͤckſeelig ſind (§. 223.) und viele von ihnen reich werden (§. 459); ſo muß ſie auch ferner darauf bedacht ſeyn, daß das Geld nicht bey einem bleibe, ſon- dern in einer guten Proportion ſich unter die Jnwohner des Landes vertheile, das iſt, wie man insgemein zureden pfleget, daß das Geld roulire. Dieſes iſt ein Punet, darauf man wenig zu ſehen pfle- get, und vielleicht werden auch einige in den Gedancken ſtehen, es ſey nicht noͤthig, daß ein Landes-Herr ſich deswegen viel Sorge mache. Jhm gelte gleichviel, wer das Geld habe, wenn es nur im Lande ſey. Allein hierbey finde ich zweyerley zu erinnern. Einmahl iſt gewis, daß es den Jnwohnern im Lande nicht gleichviel ſey, ob einer alles allein hat, oder ob das Geld in guter Proportion unter ſie vertheilet an- zutreffen: welches ein jeder ohne weitere Ausfuͤhrung meines Erachtens zugeben wird. Nun muß die hohe Landes-Obrig- keit nicht allein auf ihr intereſſe, ſondern auch auf die Wohlfahrt der Unterthanen ſehen (§. 230). Derowegen wenn es ihr auch gleich viel gelten koͤnnte, wer im Lan- de das Geld bey einander haͤtte; ſo muß ſie doch auch bedencken, ob ſolches ihren Un- O o 3
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der hohen Landes-Obrigkeit
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ſondern da ſie darauf zu ſehen hat, daß,
wo nicht alle, doch die meiſten Jnwohner
des Landes gluͤckſeelig ſind (§. 223.) und
viele von ihnen reich werden (§. 459); ſo
muß ſie auch ferner darauf bedacht ſeyn,
daß das Geld nicht bey einem bleibe, ſon-
dern in einer guten Proportion ſich unter
die Jnwohner des Landes vertheile, das
iſt, wie man insgemein zureden pfleget,
daß das Geld roulire. Dieſes iſt ein
Punet, darauf man wenig zu ſehen pfle-
get, und vielleicht werden auch einige in
den Gedancken ſtehen, es ſey nicht noͤthig,
daß ein Landes-Herr ſich deswegen viel
Sorge mache. Jhm gelte gleichviel, wer
das Geld habe, wenn es nur im Lande
ſey. Allein hierbey finde ich zweyerley zu
erinnern. Einmahl iſt gewis, daß es den
Jnwohnern im Lande nicht gleichviel ſey,
ob einer alles allein hat, oder ob das Geld
in guter Proportion unter ſie vertheilet an-
zutreffen: welches ein jeder ohne weitere
Ausfuͤhrung meines Erachtens zugeben
wird. Nun muß die hohe Landes-Obrig-
keit nicht allein auf ihr intereſſe, ſondern
auch auf die Wohlfahrt der Unterthanen
ſehen (§. 230). Derowegen wenn es ihr
auch gleich viel gelten koͤnnte, wer im Lan-
de das Geld bey einander haͤtte; ſo muß
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