Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Cap. 2. Von dem Ehestande.
aber das Eigenthum der Morgen-Gabe hat
(§. 889 Mor.).

Wie weit
Eheleute
als eines
anzuse-
hen.
§. 56.

Wiederum weil die Mitglieder
einer Gesellschafft in Ansehung ihrer Absicht
als eine Person anzusehen sind (§. 6. 15);
so sind auch Eheleute in Ansehung der Er-
zeugung und Auferziehung der Kinder und
was dazu nöthig ist als eine Person anzu-
sehen (§. 16.). Da nun zum Theil an sich
klar ist, zum Theil aber hernach erhellen
wird, daß zur Auferziehung und Erzeugung
der Kinder nicht allein Gesundheit des Lei-
bes, sondern auch Vollkommenheit des
Gemüthes und des äusseren Zustandes er-
fordert wird; so sind sie in Ansehung aller
dieser Stücke als eine Person anzusehen, und
haben demnach für die Güter des Gemü-
thes, des Leibes und des Glücks mit verei-
nigten Kräfften zu sorgen (§. 242 Mor.).

Wie sie
sich gegen
einander
zu ver-
halten.
§. 57.

Auf solche Weise sol in allen die-
sen Stücken der Mann des Weibes und
das Weib des Mannes Beste aus allen
Kräfften suchen, und kan demnach keines
von beyden zugeben, daß das andere etwas
vornehme, was demselben auf einige Wei-
se zuwieder ist. Woferne aber dergleichen
geschehen solte, so hat der andere Recht al-
le Mittel anzuwenden, wie er das untüch-
tige Mitglied zu Betrachtung seiner Pflicht
bringe (§. 10). Wer demnach in einer
Sache mehr Verstand hat, als der ande-

re,

Cap. 2. Von dem Eheſtande.
aber das Eigenthum der Morgen-Gabe hat
(§. 889 Mor.).

Wie weit
Eheleute
als eines
anzuſe-
hen.
§. 56.

Wiederum weil die Mitglieder
einer Geſellſchafft in Anſehung ihrer Abſicht
als eine Perſon anzuſehen ſind (§. 6. 15);
ſo ſind auch Eheleute in Anſehung der Er-
zeugung und Auferziehung der Kinder und
was dazu noͤthig iſt als eine Perſon anzu-
ſehen (§. 16.). Da nun zum Theil an ſich
klar iſt, zum Theil aber hernach erhellen
wird, daß zur Auferziehung und Erzeugung
der Kinder nicht allein Geſundheit des Lei-
bes, ſondern auch Vollkommenheit des
Gemuͤthes und des aͤuſſeren Zuſtandes er-
fordert wird; ſo ſind ſie in Anſehung aller
dieſer Stuͤcke als eine Perſon anzuſehen, und
haben demnach fuͤr die Guͤter des Gemuͤ-
thes, des Leibes und des Gluͤcks mit verei-
nigten Kraͤfften zu ſorgen (§. 242 Mor.).

Wie ſie
ſich gegen
einander
zu ver-
halten.
§. 57.

Auf ſolche Weiſe ſol in allen die-
ſen Stuͤcken der Mann des Weibes und
das Weib des Mannes Beſte aus allen
Kraͤfften ſuchen, und kan demnach keines
von beyden zugeben, daß das andere etwas
vornehme, was demſelben auf einige Wei-
ſe zuwieder iſt. Woferne aber dergleichen
geſchehen ſolte, ſo hat der andere Recht al-
le Mittel anzuwenden, wie er das untuͤch-
tige Mitglied zu Betrachtung ſeiner Pflicht
bringe (§. 10). Wer demnach in einer
Sache mehr Verſtand hat, als der ande-

re,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0058" n="40"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 2. Von dem Ehe&#x017F;tande.</hi></fw><lb/>
aber das Eigenthum der Morgen-Gabe hat<lb/>
(§. 889 <hi rendition="#aq">Mor.</hi>).</p><lb/>
              <note place="left">Wie weit<lb/>
Eheleute<lb/>
als eines<lb/>
anzu&#x017F;e-<lb/>
hen.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 56.</head>
              <p>Wiederum weil die Mitglieder<lb/>
einer Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft in An&#x017F;ehung ihrer Ab&#x017F;icht<lb/>
als eine Per&#x017F;on anzu&#x017F;ehen &#x017F;ind (§. 6. 15);<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ind auch Eheleute in An&#x017F;ehung der Er-<lb/>
zeugung und Auferziehung der Kinder und<lb/>
was dazu no&#x0364;thig i&#x017F;t als eine Per&#x017F;on anzu-<lb/>
&#x017F;ehen (§. 16.). Da nun zum Theil an &#x017F;ich<lb/>
klar i&#x017F;t, zum Theil aber hernach erhellen<lb/>
wird, daß zur Auferziehung und Erzeugung<lb/>
der Kinder nicht allein Ge&#x017F;undheit des Lei-<lb/>
bes, &#x017F;ondern auch Vollkommenheit des<lb/>
Gemu&#x0364;thes und des a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;eren Zu&#x017F;tandes er-<lb/>
fordert wird; &#x017F;o &#x017F;ind &#x017F;ie in An&#x017F;ehung aller<lb/>
die&#x017F;er Stu&#x0364;cke als eine Per&#x017F;on anzu&#x017F;ehen, und<lb/>
haben demnach fu&#x0364;r die Gu&#x0364;ter des Gemu&#x0364;-<lb/>
thes, des Leibes und des Glu&#x0364;cks mit verei-<lb/>
nigten Kra&#x0364;fften zu &#x017F;orgen (§. 242 <hi rendition="#aq">Mor.</hi>).</p><lb/>
              <note place="left">Wie &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich gegen<lb/>
einander<lb/>
zu ver-<lb/>
halten.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 57.</head>
              <p>Auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e &#x017F;ol in allen die-<lb/>
&#x017F;en Stu&#x0364;cken der Mann des Weibes und<lb/>
das Weib des Mannes Be&#x017F;te aus allen<lb/>
Kra&#x0364;fften &#x017F;uchen, und kan demnach keines<lb/>
von beyden zugeben, daß das andere etwas<lb/>
vornehme, was dem&#x017F;elben auf einige Wei-<lb/>
&#x017F;e zuwieder i&#x017F;t. Woferne aber dergleichen<lb/>
ge&#x017F;chehen &#x017F;olte, &#x017F;o hat der andere Recht al-<lb/>
le Mittel anzuwenden, wie er das untu&#x0364;ch-<lb/>
tige Mitglied zu Betrachtung &#x017F;einer Pflicht<lb/>
bringe (§. 10). Wer demnach in einer<lb/>
Sache mehr Ver&#x017F;tand hat, als der ande-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">re,</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0058] Cap. 2. Von dem Eheſtande. aber das Eigenthum der Morgen-Gabe hat (§. 889 Mor.). §. 56.Wiederum weil die Mitglieder einer Geſellſchafft in Anſehung ihrer Abſicht als eine Perſon anzuſehen ſind (§. 6. 15); ſo ſind auch Eheleute in Anſehung der Er- zeugung und Auferziehung der Kinder und was dazu noͤthig iſt als eine Perſon anzu- ſehen (§. 16.). Da nun zum Theil an ſich klar iſt, zum Theil aber hernach erhellen wird, daß zur Auferziehung und Erzeugung der Kinder nicht allein Geſundheit des Lei- bes, ſondern auch Vollkommenheit des Gemuͤthes und des aͤuſſeren Zuſtandes er- fordert wird; ſo ſind ſie in Anſehung aller dieſer Stuͤcke als eine Perſon anzuſehen, und haben demnach fuͤr die Guͤter des Gemuͤ- thes, des Leibes und des Gluͤcks mit verei- nigten Kraͤfften zu ſorgen (§. 242 Mor.). §. 57.Auf ſolche Weiſe ſol in allen die- ſen Stuͤcken der Mann des Weibes und das Weib des Mannes Beſte aus allen Kraͤfften ſuchen, und kan demnach keines von beyden zugeben, daß das andere etwas vornehme, was demſelben auf einige Wei- ſe zuwieder iſt. Woferne aber dergleichen geſchehen ſolte, ſo hat der andere Recht al- le Mittel anzuwenden, wie er das untuͤch- tige Mitglied zu Betrachtung ſeiner Pflicht bringe (§. 10). Wer demnach in einer Sache mehr Verſtand hat, als der ande- re,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/58
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/58>, abgerufen am 24.11.2024.