Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 6. Vonder Regierung werden können/ so hat man keinen Vor-theil davon, wenn man die Einfuhre der fremden Wahre nicht verstattet, weil die andere wieder in ihrem Lande die Einfuh- re unserer Wahre verbieten werden. Ja nehmen sie mehr Wahre von uns, als wir von ihnen, so thun wir uns durch das Ver- both selbst Schaden, wenn sie hinwieder- rumb die Einfuhre unserer Wahre bey ih- nen verbiethen. Und in solchem Falle machet man das Land ärmer, indem man es bereichern wolte. Unterweilen kan es auch wohl geschehen, daß wir durch Ein- fuhre fremder Wahre einen Handel ins Land ziehen, den wir sonst nicht haben würden, sonderlich an solchen Orten, die an andere Länder gräntzen. Wenn man die Wahre, so man aus fremden Orten zu uns bringet, selbst im Lande hat; so kan es geschehen, daß diese wiederumb aus- wärtig verhandelt wird. Woferne sie nun theurer verhandelt wird, als wir sie von andern Orten haben können; so geschiehet dadurch dem Lande kein Schaden, sondern es wird vielmehr hierdurch bereichert, daß wir die Wahren aus einem andern Lande hohlen, die wir in unseren haben könnten. Ja unterweilen kan auch die Wahre wohl nicht theurer aus dem Lande gehen, als sie zu uns kommet, allein sie kan zugleich An- laß geben, daß entweder andere Wahren aus
Cap. 6. Vonder Regierung werden koͤnnen/ ſo hat man keinen Vor-theil davon, wenn man die Einfuhre der fremden Wahre nicht verſtattet, weil die andere wieder in ihrem Lande die Einfuh- re unſerer Wahre verbieten werden. Ja nehmen ſie mehr Wahre von uns, als wir von ihnen, ſo thun wir uns durch das Ver- both ſelbſt Schaden, wenn ſie hinwieder- rumb die Einfuhre unſerer Wahre bey ih- nen verbiethen. Und in ſolchem Falle machet man das Land aͤrmer, indem man es bereichern wolte. Unterweilen kan es auch wohl geſchehen, daß wir durch Ein- fuhre fremder Wahre einen Handel ins Land ziehen, den wir ſonſt nicht haben wuͤrden, ſonderlich an ſolchen Orten, die an andere Laͤnder graͤntzen. Wenn man die Wahre, ſo man aus fremden Orten zu uns bringet, ſelbſt im Lande hat; ſo kan es geſchehen, daß dieſe wiederumb aus- waͤrtig verhandelt wird. Woferne ſie nun theurer verhandelt wird, als wir ſie von andern Orten haben koͤnnen; ſo geſchiehet dadurch dem Lande kein Schaden, ſondern es wird vielmehr hierdurch bereichert, daß wir die Wahren aus einem andern Lande hohlen, die wir in unſeren haben koͤnnten. Ja unterweilen kan auch die Wahre wohl nicht theurer aus dem Lande gehen, als ſie zu uns kommet, allein ſie kan zugleich An- laß geben, daß entweder andere Wahren aus
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Cap. 6. Vonder Regierung
werden koͤnnen/ ſo hat man keinen Vor-
theil davon, wenn man die Einfuhre der
fremden Wahre nicht verſtattet, weil die
andere wieder in ihrem Lande die Einfuh-
re unſerer Wahre verbieten werden. Ja
nehmen ſie mehr Wahre von uns, als wir
von ihnen, ſo thun wir uns durch das Ver-
both ſelbſt Schaden, wenn ſie hinwieder-
rumb die Einfuhre unſerer Wahre bey ih-
nen verbiethen. Und in ſolchem Falle
machet man das Land aͤrmer, indem man
es bereichern wolte. Unterweilen kan es
auch wohl geſchehen, daß wir durch Ein-
fuhre fremder Wahre einen Handel ins
Land ziehen, den wir ſonſt nicht haben
wuͤrden, ſonderlich an ſolchen Orten, die
an andere Laͤnder graͤntzen. Wenn man
die Wahre, ſo man aus fremden Orten
zu uns bringet, ſelbſt im Lande hat; ſo kan
es geſchehen, daß dieſe wiederumb aus-
waͤrtig verhandelt wird. Woferne ſie nun
theurer verhandelt wird, als wir ſie von
andern Orten haben koͤnnen; ſo geſchiehet
dadurch dem Lande kein Schaden, ſondern
es wird vielmehr hierdurch bereichert, daß
wir die Wahren aus einem andern Lande
hohlen, die wir in unſeren haben koͤnnten.
Ja unterweilen kan auch die Wahre wohl
nicht theurer aus dem Lande gehen, als ſie
zu uns kommet, allein ſie kan zugleich An-
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