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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Cap. 2. Von dem Ehestande.
und ihre Kinder zu sorgen, und muß dem-
nach ein jedes hierinnen willig beytragen
was in seinem Vermögen stehet. Und hier-
innen bestehet die hülfreiche Handlei-
stung der Eheleute,
die einige mit zu einer
Pflicht des Ehestandes machen, so aber aus
der Beschaffenheit der Gesellschafft über-
haupt und des Ehestandes ins besondere
fließet, wie aus dem gegenwärtigen Be-
weise erhellet.

Wer im
Ehestan-
de erwer-
ben, und
wie man
mit dem
erwarbe-
nen um-
gehen sol.
§. 53.

Derowegen muß nicht allein der
Mann, sondern, wenn es die Umstände lei-
den, auch das Weib erwerben, beyde aber
müssen mit dem erworbenen so umgehen,
daß sie es nicht zur Unzeit verschwenden,
und nach diesem an nöthigem Orte Man-
gel leiden. Wenn demnach die Frau
Gütter hat, sie mögen beweglich, oder un-
beweglich seyn; so muß der Genuß ihrer
Gütter, oder was damit erworben wird,
zugleich zum gemeinen besten des Ehestan-
des angewendet werden.

Wer von
den Ehe-
leuten
am mei-
sten er-
werben
soll.
§. 54.

Weil beyde Eheleute so viel er-
werben sollen, als sie nach ihren Umständen
vermögend sind (§. 53); so darf man nicht
fragen, wer mehr als der andere erwerben
sol: denn es kann geschehen, daß, da der
Genuß von den Gütern des Weibes mit zu
ihrem Erwerb gerechnet wird, unterweilen
das Weib mehr erwirbet als der Mann.
Jedoch da die Weiber theils bey Erzeu-

gung

Cap. 2. Von dem Eheſtande.
und ihre Kinder zu ſorgen, und muß dem-
nach ein jedes hierinnen willig beytragen
was in ſeinem Vermoͤgen ſtehet. Und hier-
innen beſtehet die huͤlfreiche Handlei-
ſtung der Eheleute,
die einige mit zu einer
Pflicht des Eheſtandes machen, ſo aber aus
der Beſchaffenheit der Geſellſchafft uͤber-
haupt und des Eheſtandes ins beſondere
fließet, wie aus dem gegenwaͤrtigen Be-
weiſe erhellet.

Wer im
Eheſtan-
de erwer-
ben, und
wie man
mit dem
erwarbe-
nen um-
gehen ſol.
§. 53.

Derowegen muß nicht allein der
Mann, ſondern, wenn es die Umſtaͤnde lei-
den, auch das Weib erwerben, beyde aber
muͤſſen mit dem erworbenen ſo umgehen,
daß ſie es nicht zur Unzeit verſchwenden,
und nach dieſem an noͤthigem Orte Man-
gel leiden. Wenn demnach die Frau
Guͤtter hat, ſie moͤgen beweglich, oder un-
beweglich ſeyn; ſo muß der Genuß ihrer
Guͤtter, oder was damit erworben wird,
zugleich zum gemeinen beſten des Eheſtan-
des angewendet werden.

Wer von
den Ehe-
leuten
am mei-
ſten er-
werben
ſoll.
§. 54.

Weil beyde Eheleute ſo viel er-
werben ſollen, als ſie nach ihren Umſtaͤnden
vermoͤgend ſind (§. 53); ſo darf man nicht
fragen, wer mehr als der andere erwerben
ſol: denn es kann geſchehen, daß, da der
Genuß von den Guͤtern des Weibes mit zu
ihrem Erwerb gerechnet wird, unterweilen
das Weib mehr erwirbet als der Mann.
Jedoch da die Weiber theils bey Erzeu-

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[38/0056] Cap. 2. Von dem Eheſtande. und ihre Kinder zu ſorgen, und muß dem- nach ein jedes hierinnen willig beytragen was in ſeinem Vermoͤgen ſtehet. Und hier- innen beſtehet die huͤlfreiche Handlei- ſtung der Eheleute, die einige mit zu einer Pflicht des Eheſtandes machen, ſo aber aus der Beſchaffenheit der Geſellſchafft uͤber- haupt und des Eheſtandes ins beſondere fließet, wie aus dem gegenwaͤrtigen Be- weiſe erhellet. §. 53.Derowegen muß nicht allein der Mann, ſondern, wenn es die Umſtaͤnde lei- den, auch das Weib erwerben, beyde aber muͤſſen mit dem erworbenen ſo umgehen, daß ſie es nicht zur Unzeit verſchwenden, und nach dieſem an noͤthigem Orte Man- gel leiden. Wenn demnach die Frau Guͤtter hat, ſie moͤgen beweglich, oder un- beweglich ſeyn; ſo muß der Genuß ihrer Guͤtter, oder was damit erworben wird, zugleich zum gemeinen beſten des Eheſtan- des angewendet werden. §. 54.Weil beyde Eheleute ſo viel er- werben ſollen, als ſie nach ihren Umſtaͤnden vermoͤgend ſind (§. 53); ſo darf man nicht fragen, wer mehr als der andere erwerben ſol: denn es kann geſchehen, daß, da der Genuß von den Guͤtern des Weibes mit zu ihrem Erwerb gerechnet wird, unterweilen das Weib mehr erwirbet als der Mann. Jedoch da die Weiber theils bey Erzeu- gung

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/56>, abgerufen am 24.11.2024.