Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 5. Von der Macht Vornehmsten von Geschlechte ihm aufwar-ten und ihn bey der Taffel und sonst bedie- nen müssen. Auch hat es nicht weniger Grund, daß man ihnen hohen Rang für anderen giebet: damit man erkennet, ein Herr habe Gewalt den Vornehmsten zu- befehlen, und sey wegen seiner Majestät viel mehr als alle andere, auch jedermann, er sey wer er wolle, verbunden ihm zuge- horchen. Gleicher gestalt da jedermann seinem Stande gemäß essen und trincken (§. 458. Mor.), ingleichen sich kleiden (§. 492. Mor.) und wohnen sol (§. 510. Mor.); so muß auch ein König und Landes-Herr seiner Majestät gemäß essen und trincken, derselben gemäß sich kleiden und wohnen. Und solcher gestalt muß die Königliche Taffel an der Zahl und Kostbahrkeit der Gerichte, die Kleider an der Pracht und das Schloß, so er bewohnet, an Grösse und Schönheit alle andere Taffeln, Klei- der und Gebäude übertreffen. Zu dem Ende muß auch nicht verstattet werden, daß jemand anders in einigem von diesen Stücken es dem Landes-Herrn gleich thue. Der gemeine Mann, welcher bloß an den Sinnen hanget, und die Vernunfft wenig gebrauchen kan, vermag auch nicht zube- greiffen, was die Majestät des Königes ist: aber durch die Dinge, so in die Augen fallen und seine übrige Sinnen rühren, bekom- met
Cap. 5. Von der Macht Vornehmſten von Geſchlechte ihm aufwar-ten und ihn bey der Taffel und ſonſt bedie- nen muͤſſen. Auch hat es nicht weniger Grund, daß man ihnen hohen Rang fuͤr anderen giebet: damit man erkennet, ein Herr habe Gewalt den Vornehmſten zu- befehlen, und ſey wegen ſeiner Majeſtaͤt viel mehr als alle andere, auch jedermann, er ſey wer er wolle, verbunden ihm zuge- horchen. Gleicher geſtalt da jedermann ſeinem Stande gemaͤß eſſen und trincken (§. 458. Mor.), ingleichen ſich kleiden (§. 492. Mor.) und wohnen ſol (§. 510. Mor.); ſo muß auch ein Koͤnig und Landes-Herr ſeiner Majeſtaͤt gemaͤß eſſen und trincken, derſelben gemaͤß ſich kleiden und wohnen. Und ſolcher geſtalt muß die Koͤnigliche Taffel an der Zahl und Koſtbahrkeit der Gerichte, die Kleider an der Pracht und das Schloß, ſo er bewohnet, an Groͤſſe und Schoͤnheit alle andere Taffeln, Klei- der und Gebaͤude uͤbertreffen. Zu dem Ende muß auch nicht verſtattet werden, daß jemand anders in einigem von dieſen Stuͤcken es dem Landes-Herrn gleich thue. Der gemeine Mann, welcher bloß an den Sinnen hanget, und die Vernunfft wenig gebrauchen kan, vermag auch nicht zube- greiffen, was die Majeſtaͤt des Koͤniges iſt: aber durch die Dinge, ſo in die Augen fallen und ſeine uͤbrige Sinnen ruͤhren, bekom- met
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Cap. 5. Von der Macht
Vornehmſten von Geſchlechte ihm aufwar-
ten und ihn bey der Taffel und ſonſt bedie-
nen muͤſſen. Auch hat es nicht weniger
Grund, daß man ihnen hohen Rang fuͤr
anderen giebet: damit man erkennet, ein
Herr habe Gewalt den Vornehmſten zu-
befehlen, und ſey wegen ſeiner Majeſtaͤt
viel mehr als alle andere, auch jedermann,
er ſey wer er wolle, verbunden ihm zuge-
horchen. Gleicher geſtalt da jedermann
ſeinem Stande gemaͤß eſſen und trincken
(§. 458. Mor.), ingleichen ſich kleiden (§.
492. Mor.) und wohnen ſol (§. 510. Mor.);
ſo muß auch ein Koͤnig und Landes-Herr
ſeiner Majeſtaͤt gemaͤß eſſen und trincken,
derſelben gemaͤß ſich kleiden und wohnen.
Und ſolcher geſtalt muß die Koͤnigliche
Taffel an der Zahl und Koſtbahrkeit der
Gerichte, die Kleider an der Pracht und
das Schloß, ſo er bewohnet, an Groͤſſe
und Schoͤnheit alle andere Taffeln, Klei-
der und Gebaͤude uͤbertreffen. Zu dem
Ende muß auch nicht verſtattet werden,
daß jemand anders in einigem von dieſen
Stuͤcken es dem Landes-Herrn gleich thue.
Der gemeine Mann, welcher bloß an den
Sinnen hanget, und die Vernunfft wenig
gebrauchen kan, vermag auch nicht zube-
greiffen, was die Majeſtaͤt des Koͤniges iſt:
aber durch die Dinge, ſo in die Augen fallen
und ſeine uͤbrige Sinnen ruͤhren, bekom-
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