Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Cap. 5. Von der Macht
ches daher umb soviel mehr zu verhüten
hat, sondern auch weil es nicht gut ist,
wenn dieses Verbrechen zu gemein wird,
weil, wie vorhin ausgeführet worden, viel
daran gelegen, daß niemand die Majestät
beleidige, ja auch nur deswegen, weil doch
allzeit bey Vollstreckung der schweeren
Straffen die Gemüther derer gegen die ho-
he Obrigkeit erbittert werden, die unter-
weilen in diesem und jenem mit der Regie-
rung nicht zufrieden sind: woraus sich bey
ereignenden Fällen vieles Unheil ferner ent-
spinnen kan. Man verbindet demnach
die Unterthanen zur Unterthänigkeit durch
den Eyd der Treue, den sie ablegen,
wenn die Obrigkeit die Regierung antritt,
welches man die Huldigung zu nennen
pfleget, ingleichen wenn sie zu einer Be-
dienung gezogen werden. Nehmlich weil
man durch den Eyd GOtt zum Zeugen an-
ruffet, daß man diejenige Person, welche
die Regierung antritt, oder von der man
in Dienste genommen wird, für seine recht-
mäßige Obrigkeit erkennen, und ihr treu
verbleiben, ihrer Macht und Gewalt sich
solcher Gestalt unterwerffen, auch nichts
wieder dieselbe vornehmen wil, und ver-
langet, daß er uns straffen solle, woferne
wir nicht halten, was wir versprochen ha-
ben (§. 996. Mor.); so wird auch einer,
der da glaubet, daß ein GOtt sey, der al-

les

Cap. 5. Von der Macht
ches daher umb ſoviel mehr zu verhuͤten
hat, ſondern auch weil es nicht gut iſt,
wenn dieſes Verbrechen zu gemein wird,
weil, wie vorhin ausgefuͤhret worden, viel
daran gelegen, daß niemand die Majeſtaͤt
beleidige, ja auch nur deswegen, weil doch
allzeit bey Vollſtreckung der ſchweeren
Straffen die Gemuͤther derer gegen die ho-
he Obrigkeit erbittert werden, die unter-
weilen in dieſem und jenem mit der Regie-
rung nicht zufrieden ſind: woraus ſich bey
ereignenden Faͤllen vieles Unheil ferner ent-
ſpinnen kan. Man verbindet demnach
die Unterthanen zur Unterthaͤnigkeit durch
den Eyd der Treue, den ſie ablegen,
wenn die Obrigkeit die Regierung antritt,
welches man die Huldigung zu nennen
pfleget, ingleichen wenn ſie zu einer Be-
dienung gezogen werden. Nehmlich weil
man durch den Eyd GOtt zum Zeugen an-
ruffet, daß man diejenige Perſon, welche
die Regierung antritt, oder von der man
in Dienſte genommen wird, fuͤr ſeine recht-
maͤßige Obrigkeit erkennen, und ihr treu
verbleiben, ihrer Macht und Gewalt ſich
ſolcher Geſtalt unterwerffen, auch nichts
wieder dieſelbe vornehmen wil, und ver-
langet, daß er uns ſtraffen ſolle, woferne
wir nicht halten, was wir verſprochen ha-
ben (§. 996. Mor.); ſo wird auch einer,
der da glaubet, daß ein GOtt ſey, der al-

les
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0516" n="498"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 5. Von der Macht</hi></fw><lb/>
ches daher umb &#x017F;oviel mehr zu verhu&#x0364;ten<lb/>
hat, &#x017F;ondern auch weil es nicht gut i&#x017F;t,<lb/>
wenn die&#x017F;es Verbrechen zu gemein wird,<lb/>
weil, wie vorhin ausgefu&#x0364;hret worden, viel<lb/>
daran gelegen, daß niemand die Maje&#x017F;ta&#x0364;t<lb/>
beleidige, ja auch nur deswegen, weil doch<lb/>
allzeit bey Voll&#x017F;treckung der &#x017F;chweeren<lb/>
Straffen die Gemu&#x0364;ther derer gegen die ho-<lb/>
he Obrigkeit erbittert werden, die unter-<lb/>
weilen in die&#x017F;em und jenem mit der Regie-<lb/>
rung nicht zufrieden &#x017F;ind: woraus &#x017F;ich bey<lb/>
ereignenden Fa&#x0364;llen vieles Unheil ferner ent-<lb/>
&#x017F;pinnen kan. Man verbindet demnach<lb/>
die Unterthanen zur Untertha&#x0364;nigkeit durch<lb/>
den <hi rendition="#fr">Eyd der Treue,</hi> den &#x017F;ie ablegen,<lb/>
wenn die Obrigkeit die Regierung antritt,<lb/>
welches man die <hi rendition="#fr">Huldigung</hi> zu nennen<lb/>
pfleget, ingleichen wenn &#x017F;ie zu einer Be-<lb/>
dienung gezogen werden. Nehmlich weil<lb/>
man durch den Eyd GOtt zum Zeugen an-<lb/>
ruffet, daß man diejenige Per&#x017F;on, welche<lb/>
die Regierung antritt, oder von der man<lb/>
in Dien&#x017F;te genommen wird, fu&#x0364;r &#x017F;eine recht-<lb/>
ma&#x0364;ßige Obrigkeit erkennen, und ihr treu<lb/>
verbleiben, ihrer Macht und Gewalt &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;olcher Ge&#x017F;talt unterwerffen, auch nichts<lb/>
wieder die&#x017F;elbe vornehmen wil, und ver-<lb/>
langet, daß er uns &#x017F;traffen &#x017F;olle, woferne<lb/>
wir nicht halten, was wir ver&#x017F;prochen ha-<lb/>
ben (§. 996. <hi rendition="#aq">Mor.</hi>); &#x017F;o wird auch einer,<lb/>
der da glaubet, daß ein GOtt &#x017F;ey, der al-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">les</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[498/0516] Cap. 5. Von der Macht ches daher umb ſoviel mehr zu verhuͤten hat, ſondern auch weil es nicht gut iſt, wenn dieſes Verbrechen zu gemein wird, weil, wie vorhin ausgefuͤhret worden, viel daran gelegen, daß niemand die Majeſtaͤt beleidige, ja auch nur deswegen, weil doch allzeit bey Vollſtreckung der ſchweeren Straffen die Gemuͤther derer gegen die ho- he Obrigkeit erbittert werden, die unter- weilen in dieſem und jenem mit der Regie- rung nicht zufrieden ſind: woraus ſich bey ereignenden Faͤllen vieles Unheil ferner ent- ſpinnen kan. Man verbindet demnach die Unterthanen zur Unterthaͤnigkeit durch den Eyd der Treue, den ſie ablegen, wenn die Obrigkeit die Regierung antritt, welches man die Huldigung zu nennen pfleget, ingleichen wenn ſie zu einer Be- dienung gezogen werden. Nehmlich weil man durch den Eyd GOtt zum Zeugen an- ruffet, daß man diejenige Perſon, welche die Regierung antritt, oder von der man in Dienſte genommen wird, fuͤr ſeine recht- maͤßige Obrigkeit erkennen, und ihr treu verbleiben, ihrer Macht und Gewalt ſich ſolcher Geſtalt unterwerffen, auch nichts wieder dieſelbe vornehmen wil, und ver- langet, daß er uns ſtraffen ſolle, woferne wir nicht halten, was wir verſprochen ha- ben (§. 996. Mor.); ſo wird auch einer, der da glaubet, daß ein GOtt ſey, der al- les

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/516
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/516>, abgerufen am 25.11.2024.