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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Cap. 5. Von der Macht
Die Umbstände, dabey man sich denen
Bedienten wiedersetzet, machen abermahls
verschiedene Grade der Beleidigung. Je-
doch ist hier und in anderen dergleichen
Fällen noch dieses zu mercken, daß man
bey Erwegung der Umbstände hauptsäch-
lich mit darauf zu sehen hat, ob es einer
aus Vorsatz gethan, oder ob er durch un-
vermutheten Eiffer, zudem er durch andere,
da er in der That begriffen gewesen, ge-
bracht worden, dazu verleitet worden (§.
343). Wiederumb weil die öffentlichen
Gelder zu der Macht des Staates und der
hohen Landes-Obrigkeit gehören (§. 443);
so handelt einer wieder die Macht des
Staates und der hohen Landes-Obrigkeit,
wer mit Wissen öffentliche Gelder stiehlet,
und also ist der Diebstahl öffentlicher Gel-
der eine Art der Beleidigung der Majestät
(§. 461). Gleichwie nun aber ein jeder
Diebstahl Grade hat; so finden derglei-
chen auch im gegenwärtigen Falle stat, wel-
che wir aber hier zu erzehlen für unnöthig
achten. Weil der Landes-Herr Macht
und Gewalt haben muß, auch dessen Ge-
brauch nicht gehindert werden darf, wo-
ferne sein hohes Ambt bestehen und nicht
für die lange Weile seyn sol (§. 435. 443):
so muß auch niemand ihn derselben berau-
ben, oder ihn in deren Gebrauch hindern
wollen. Wer dergleichen sich unterfän-

get,

Cap. 5. Von der Macht
Die Umbſtaͤnde, dabey man ſich denen
Bedienten wiederſetzet, machen abermahls
verſchiedene Grade der Beleidigung. Je-
doch iſt hier und in anderen dergleichen
Faͤllen noch dieſes zu mercken, daß man
bey Erwegung der Umbſtaͤnde hauptſaͤch-
lich mit darauf zu ſehen hat, ob es einer
aus Vorſatz gethan, oder ob er durch un-
vermutheten Eiffer, zudem er durch andere,
da er in der That begriffen geweſen, ge-
bracht worden, dazu verleitet worden (§.
343). Wiederumb weil die oͤffentlichen
Gelder zu der Macht des Staates und der
hohen Landes-Obrigkeit gehoͤren (§. 443);
ſo handelt einer wieder die Macht des
Staates und der hohen Landes-Obrigkeit,
wer mit Wiſſen oͤffentliche Gelder ſtiehlet,
und alſo iſt der Diebſtahl oͤffentlicher Gel-
der eine Art der Beleidigung der Majeſtaͤt
(§. 461). Gleichwie nun aber ein jeder
Diebſtahl Grade hat; ſo finden derglei-
chen auch im gegenwaͤrtigen Falle ſtat, wel-
che wir aber hier zu erzehlen fuͤr unnoͤthig
achten. Weil der Landes-Herr Macht
und Gewalt haben muß, auch deſſen Ge-
brauch nicht gehindert werden darf, wo-
ferne ſein hohes Ambt beſtehen und nicht
fuͤr die lange Weile ſeyn ſol (§. 435. 443):
ſo muß auch niemand ihn derſelben berau-
ben, oder ihn in deren Gebrauch hindern
wollen. Wer dergleichen ſich unterfaͤn-

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[494/0512] Cap. 5. Von der Macht Die Umbſtaͤnde, dabey man ſich denen Bedienten wiederſetzet, machen abermahls verſchiedene Grade der Beleidigung. Je- doch iſt hier und in anderen dergleichen Faͤllen noch dieſes zu mercken, daß man bey Erwegung der Umbſtaͤnde hauptſaͤch- lich mit darauf zu ſehen hat, ob es einer aus Vorſatz gethan, oder ob er durch un- vermutheten Eiffer, zudem er durch andere, da er in der That begriffen geweſen, ge- bracht worden, dazu verleitet worden (§. 343). Wiederumb weil die oͤffentlichen Gelder zu der Macht des Staates und der hohen Landes-Obrigkeit gehoͤren (§. 443); ſo handelt einer wieder die Macht des Staates und der hohen Landes-Obrigkeit, wer mit Wiſſen oͤffentliche Gelder ſtiehlet, und alſo iſt der Diebſtahl oͤffentlicher Gel- der eine Art der Beleidigung der Majeſtaͤt (§. 461). Gleichwie nun aber ein jeder Diebſtahl Grade hat; ſo finden derglei- chen auch im gegenwaͤrtigen Falle ſtat, wel- che wir aber hier zu erzehlen fuͤr unnoͤthig achten. Weil der Landes-Herr Macht und Gewalt haben muß, auch deſſen Ge- brauch nicht gehindert werden darf, wo- ferne ſein hohes Ambt beſtehen und nicht fuͤr die lange Weile ſeyn ſol (§. 435. 443): ſo muß auch niemand ihn derſelben berau- ben, oder ihn in deren Gebrauch hindern wollen. Wer dergleichen ſich unterfaͤn- get,

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/512>, abgerufen am 25.11.2024.