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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Cap. 5. Von der Macht
stellet wird, der alle Gelder in Empffang
nimmet und an gehörigen Ort zu rechter
Zeit zahlet. Und muß die Casse der or-
dentlichen Einnahme, die zu ordentlichen
Ausgaben gewiedmet ist, von der anderen
Casse der ausserordentlichen Einnahme, die
man zu ausserordentlichen Ausgaben wied-
met, unterschieden bleiben.

Noth-
wendig-
keit des
Feldher-
rens/ und
fernere
Mittel
die Macht
einzu-
schrän-
cken.
§. 447.

Die Macht der Landes-Obrig-
keit bestehet auch in den Soldaten (§. 444).
Wo nun die hohe Landes-Obrigkeit nicht
die höchste Gewalt hat, da muß ihr auch
nicht die gantze Armee gantz frey in ihren
Händen gelassen werden; sondern es ist
ein Feldherr nöthig, an den die Solda-
ten gewiesen sind, dieser aber stehet doch
unter der hohen Landes-Obrigkeit und
wird übrigens in den Grund-Gesetzen des
Staates versehen, wie weit die Armee ge-
brauchet werdensol. Wollte nun der Landes-
Herr, oder, wo viele herrschen, die Lands-O-
brigkeit dem Feldherrn befehlen, was den
Grund-Gesetzen des Staates zuwieder
ist; so ist er nicht schuldig Gehorsam zu
leisten. Und da er die Macht in Händen
hat, kan ihn niemand zwingen. Jch rede
hier von solchen Staaten, wo kein Sou-
vraines Oberhaupt ist: Denn da dieses
eine gantz umumbschränckte Gewalt besi-
tzet (§. 441); so hat es auch keiner Ein-
schränckungen seiner Macht nöthig. Nem-

lich

Cap. 5. Von der Macht
ſtellet wird, der alle Gelder in Empffang
nimmet und an gehoͤrigen Ort zu rechter
Zeit zahlet. Und muß die Caſſe der or-
dentlichen Einnahme, die zu ordentlichen
Ausgaben gewiedmet iſt, von der anderen
Caſſe der auſſerordentlichen Einnahme, die
man zu auſſerordentlichen Ausgaben wied-
met, unterſchieden bleiben.

Noth-
wendig-
keit des
Feldher-
rens/ und
fernere
Mittel
die Macht
einzu-
ſchraͤn-
cken.
§. 447.

Die Macht der Landes-Obrig-
keit beſtehet auch in den Soldaten (§. 444).
Wo nun die hohe Landes-Obrigkeit nicht
die hoͤchſte Gewalt hat, da muß ihr auch
nicht die gantze Armee gantz frey in ihren
Haͤnden gelaſſen werden; ſondern es iſt
ein Feldherr noͤthig, an den die Solda-
ten gewieſen ſind, dieſer aber ſtehet doch
unter der hohen Landes-Obrigkeit und
wird uͤbrigens in den Grund-Geſetzen des
Staates verſehen, wie weit die Armee ge-
brauchet werdenſol. Wollte nun der Landes-
Herr, oder, wo viele herrſchen, die Lands-O-
brigkeit dem Feldherrn befehlen, was den
Grund-Geſetzen des Staates zuwieder
iſt; ſo iſt er nicht ſchuldig Gehorſam zu
leiſten. Und da er die Macht in Haͤnden
hat, kan ihn niemand zwingen. Jch rede
hier von ſolchen Staaten, wo kein Sou-
vraines Oberhaupt iſt: Denn da dieſes
eine gantz umumbſchraͤnckte Gewalt beſi-
tzet (§. 441); ſo hat es auch keiner Ein-
ſchraͤnckungen ſeiner Macht noͤthig. Nem-

lich
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[474/0492] Cap. 5. Von der Macht ſtellet wird, der alle Gelder in Empffang nimmet und an gehoͤrigen Ort zu rechter Zeit zahlet. Und muß die Caſſe der or- dentlichen Einnahme, die zu ordentlichen Ausgaben gewiedmet iſt, von der anderen Caſſe der auſſerordentlichen Einnahme, die man zu auſſerordentlichen Ausgaben wied- met, unterſchieden bleiben. §. 447.Die Macht der Landes-Obrig- keit beſtehet auch in den Soldaten (§. 444). Wo nun die hohe Landes-Obrigkeit nicht die hoͤchſte Gewalt hat, da muß ihr auch nicht die gantze Armee gantz frey in ihren Haͤnden gelaſſen werden; ſondern es iſt ein Feldherr noͤthig, an den die Solda- ten gewieſen ſind, dieſer aber ſtehet doch unter der hohen Landes-Obrigkeit und wird uͤbrigens in den Grund-Geſetzen des Staates verſehen, wie weit die Armee ge- brauchet werdenſol. Wollte nun der Landes- Herr, oder, wo viele herrſchen, die Lands-O- brigkeit dem Feldherrn befehlen, was den Grund-Geſetzen des Staates zuwieder iſt; ſo iſt er nicht ſchuldig Gehorſam zu leiſten. Und da er die Macht in Haͤnden hat, kan ihn niemand zwingen. Jch rede hier von ſolchen Staaten, wo kein Sou- vraines Oberhaupt iſt: Denn da dieſes eine gantz umumbſchraͤnckte Gewalt beſi- tzet (§. 441); ſo hat es auch keiner Ein- ſchraͤnckungen ſeiner Macht noͤthig. Nem- lich

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/492>, abgerufen am 01.09.2024.