nach einander Aenderungen zu treffen; so bekommen die meisten dadurch einen Be- griff, als wenn die Rathgeber nicht ver- stünden, was dem Lande zuträglich wäre (wie es sich denn auch wenigstens in diesen Fällen in der That also befindet) und von dem Landes-Herrn bildet man sich ein, daß er alles ungegründete Angeben höre, wo- durch alles Vertrauen gegen ihn auf ein- mahl wegfället und nach diesem alles, was er befiehlet, zur Last ausgedeutet wird und misvergnügte Unterthanen erwecket.
§ 420.
Wovon die bürgerlichen Gese-Materie der Ge- setze. tze sollen gegeben werden, ist schon in dem vorhergehenden Capitel weitläufftig aus- geführet worden, und dasjenige, was zu Anfange des gegenwärtigen von der Noth- wendigkeit der bürgerlichen Gesetze (§. 401) beygebracht worden, dienet gleichfals die Sache zu erläutern. Nemlich da das Haupt-Gesetze im gemeinen Wesen, dar- aus alle übrigen fliessen, dieses ist: Thue, was die gemeine Wohlfahrt beför- derr und die gemeine Sicherheit er- hält: hingegen unterlaß, was jene hindert und dieser zuwieder ist (§. 215); so sind alle bürgerliche Gesetze als Mittel anzusehen, wodurch die gemeine Wohlfahrt befördert und die gemeine Sicherheit erhalten, hingegen alles, was von beyden Theilen hinderlich fallen kan,
ab-
Geſetzen.
nach einander Aenderungen zu treffen; ſo bekommen die meiſten dadurch einen Be- griff, als wenn die Rathgeber nicht ver- ſtuͤnden, was dem Lande zutraͤglich waͤre (wie es ſich denn auch wenigſtens in dieſen Faͤllen in der That alſo befindet) und von dem Landes-Herrn bildet man ſich ein, daß er alles ungegruͤndete Angeben hoͤre, wo- durch alles Vertrauen gegen ihn auf ein- mahl wegfaͤllet und nach dieſem alles, was er befiehlet, zur Laſt ausgedeutet wird und misvergnuͤgte Unterthanen erwecket.
§ 420.
Wovon die buͤrgerlichen Geſe-Materie der Ge- ſetze. tze ſollen gegeben werden, iſt ſchon in dem vorhergehenden Capitel weitlaͤufftig aus- gefuͤhret worden, und dasjenige, was zu Anfange des gegenwaͤrtigen von der Noth- wendigkeit der buͤrgerlichen Geſetze (§. 401) beygebracht worden, dienet gleichfals die Sache zu erlaͤutern. Nemlich da das Haupt-Geſetze im gemeinen Weſen, dar- aus alle uͤbrigen flieſſen, dieſes iſt: Thue, was die gemeine Wohlfahrt befoͤr- derr und die gemeine Sicherheit er- haͤlt: hingegen unterlaß, was jene hindert und dieſer zuwieder iſt (§. 215); ſo ſind alle buͤrgerliche Geſetze als Mittel anzuſehen, wodurch die gemeine Wohlfahrt befoͤrdert und die gemeine Sicherheit erhalten, hingegen alles, was von beyden Theilen hinderlich fallen kan,
ab-
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Geſetzen.
nach einander Aenderungen zu treffen; ſo
bekommen die meiſten dadurch einen Be-
griff, als wenn die Rathgeber nicht ver-
ſtuͤnden, was dem Lande zutraͤglich waͤre
(wie es ſich denn auch wenigſtens in dieſen
Faͤllen in der That alſo befindet) und von
dem Landes-Herrn bildet man ſich ein, daß
er alles ungegruͤndete Angeben hoͤre, wo-
durch alles Vertrauen gegen ihn auf ein-
mahl wegfaͤllet und nach dieſem alles, was
er befiehlet, zur Laſt ausgedeutet wird und
misvergnuͤgte Unterthanen erwecket.
§ 420.Wovon die buͤrgerlichen Geſe-
tze ſollen gegeben werden, iſt ſchon in dem
vorhergehenden Capitel weitlaͤufftig aus-
gefuͤhret worden, und dasjenige, was zu
Anfange des gegenwaͤrtigen von der Noth-
wendigkeit der buͤrgerlichen Geſetze (§. 401)
beygebracht worden, dienet gleichfals die
Sache zu erlaͤutern. Nemlich da das
Haupt-Geſetze im gemeinen Weſen, dar-
aus alle uͤbrigen flieſſen, dieſes iſt: Thue,
was die gemeine Wohlfahrt befoͤr-
derr und die gemeine Sicherheit er-
haͤlt: hingegen unterlaß, was jene
hindert und dieſer zuwieder iſt (§.
215); ſo ſind alle buͤrgerliche Geſetze als
Mittel anzuſehen, wodurch die gemeine
Wohlfahrt befoͤrdert und die gemeine
Sicherheit erhalten, hingegen alles, was
von beyden Theilen hinderlich fallen kan,
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Materie
der Ge-
ſetze.
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/447>, abgerufen am 25.11.2024.
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