Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.des gemeinen Wesens. dienst mit einem geringeren sich begnügenmüssen. Dadurch werden diejenigen, die durch treu fleißige Verrichtung ihres Amts dem gemeinen Wesen Nutzen schaffen, nie- dergeschlagen: es schleichet sich in die Ge- müther unvermerckt Haß und Neid ein, woraus nichts gutes ferner er wachsen kan. Ja unterweilen pfleget man auch nützliche Leute dadurch gar aus dem Lande zutrei- ben, wenn sie sehen, daß sie so geringe geachtet, oder wenigstens andere, öffters nichtswürdige Leute, für ihnen zu Ehren erhoben werden. Man hat demnach im gemeinen Wesen in Tituln und im Ran- ge gute Ordnungen zu machen, und da- vor zu sorgen, daß sie einen richtigen Grund haben, auch bey diesen Ordnungen zugleich auf die Ehrenbezeigungen zusehen, die man einem jeden nach seinem Stande zu erwei- sen hat (§. 590. Mor.). Wer verstehet, wie weit man Titul und Rang begehren sol (§. 612. Mor.); der wird auch wissen, was man für Ordnungen dabey machen soll. Woferne man im gemeinen Wesen darü- ber hält; so sind Rang und Titel zugleich ein Mittel ehrliebende Gemüther auffzu- muntern, was nützliches zum gemeinen Besten zu leisten. Es bleibet demnach fe- ste: im gemeinen Wesen muß man Titul und Rang nach den Verdiensten austhei- len, (Politick) C c
des gemeinen Weſens. dienſt mit einem geringeren ſich begnuͤgenmuͤſſen. Dadurch werden diejenigen, die durch treu fleißige Verrichtung ihres Amts dem gemeinen Weſen Nutzen ſchaffen, nie- dergeſchlagen: es ſchleichet ſich in die Ge- muͤther unvermerckt Haß und Neid ein, woraus nichts gutes ferner er wachſen kan. Ja unterweilen pfleget man auch nuͤtzliche Leute dadurch gar aus dem Lande zutrei- ben, wenn ſie ſehen, daß ſie ſo geringe geachtet, oder wenigſtens andere, oͤffters nichtswuͤrdige Leute, fuͤr ihnen zu Ehren erhoben werden. Man hat demnach im gemeinen Weſen in Tituln und im Ran- ge gute Ordnungen zu machen, und da- vor zu ſorgen, daß ſie einen richtigen Grund haben, auch bey dieſen Ordnungen zugleich auf die Ehrenbezeigungen zuſehen, die man einem jeden nach ſeinem Stande zu erwei- ſen hat (§. 590. Mor.). Wer verſtehet, wie weit man Titul und Rang begehren ſol (§. 612. Mor.); der wird auch wiſſen, was man fuͤr Ordnungen dabey machen ſoll. Woferne man im gemeinen Weſen daruͤ- ber haͤlt; ſo ſind Rang und Titel zugleich ein Mittel ehrliebende Gemuͤther auffzu- muntern, was nuͤtzliches zum gemeinen Beſten zu leiſten. Es bleibet demnach fe- ſte: im gemeinen Weſen muß man Titul und Rang nach den Verdienſten austhei- len, (Politick) C c
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0419" n="401"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des gemeinen Weſens.</hi></fw><lb/> dienſt mit einem geringeren ſich begnuͤgen<lb/> muͤſſen. Dadurch werden diejenigen, die<lb/> durch treu fleißige Verrichtung ihres Amts<lb/> dem gemeinen Weſen Nutzen ſchaffen, nie-<lb/> dergeſchlagen: es ſchleichet ſich in die Ge-<lb/> muͤther unvermerckt Haß und Neid ein,<lb/> woraus nichts gutes ferner er wachſen kan.<lb/> Ja unterweilen pfleget man auch nuͤtzliche<lb/> Leute dadurch gar aus dem Lande zutrei-<lb/> ben, wenn ſie ſehen, daß ſie ſo geringe<lb/> geachtet, oder wenigſtens andere, oͤffters<lb/> nichtswuͤrdige Leute, fuͤr ihnen zu Ehren<lb/> erhoben werden. Man hat demnach im<lb/> gemeinen Weſen in Tituln und im Ran-<lb/> ge gute Ordnungen zu machen, und da-<lb/> vor zu ſorgen, daß ſie einen richtigen Grund<lb/> haben, auch bey dieſen Ordnungen zugleich<lb/> auf die Ehrenbezeigungen zuſehen, die man<lb/> einem jeden nach ſeinem Stande zu erwei-<lb/> ſen hat (§. 590. <hi rendition="#aq">Mor.</hi>). Wer verſtehet,<lb/> wie weit man Titul und Rang begehren<lb/> ſol (§. 612. <hi rendition="#aq">Mor.</hi>); der wird auch wiſſen,<lb/> was man fuͤr Ordnungen dabey machen ſoll.<lb/> Woferne man im gemeinen Weſen daruͤ-<lb/> ber haͤlt; ſo ſind Rang und Titel zugleich<lb/> ein Mittel ehrliebende Gemuͤther auffzu-<lb/> muntern, was nuͤtzliches zum gemeinen<lb/> Beſten zu leiſten. Es bleibet demnach fe-<lb/> ſte: im gemeinen Weſen muß man Titul<lb/> und Rang nach den Verdienſten austhei-<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">Politick</hi>)</hi> C c</fw><fw place="bottom" type="catch">len,</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [401/0419]
des gemeinen Weſens.
dienſt mit einem geringeren ſich begnuͤgen
muͤſſen. Dadurch werden diejenigen, die
durch treu fleißige Verrichtung ihres Amts
dem gemeinen Weſen Nutzen ſchaffen, nie-
dergeſchlagen: es ſchleichet ſich in die Ge-
muͤther unvermerckt Haß und Neid ein,
woraus nichts gutes ferner er wachſen kan.
Ja unterweilen pfleget man auch nuͤtzliche
Leute dadurch gar aus dem Lande zutrei-
ben, wenn ſie ſehen, daß ſie ſo geringe
geachtet, oder wenigſtens andere, oͤffters
nichtswuͤrdige Leute, fuͤr ihnen zu Ehren
erhoben werden. Man hat demnach im
gemeinen Weſen in Tituln und im Ran-
ge gute Ordnungen zu machen, und da-
vor zu ſorgen, daß ſie einen richtigen Grund
haben, auch bey dieſen Ordnungen zugleich
auf die Ehrenbezeigungen zuſehen, die man
einem jeden nach ſeinem Stande zu erwei-
ſen hat (§. 590. Mor.). Wer verſtehet,
wie weit man Titul und Rang begehren
ſol (§. 612. Mor.); der wird auch wiſſen,
was man fuͤr Ordnungen dabey machen ſoll.
Woferne man im gemeinen Weſen daruͤ-
ber haͤlt; ſo ſind Rang und Titel zugleich
ein Mittel ehrliebende Gemuͤther auffzu-
muntern, was nuͤtzliches zum gemeinen
Beſten zu leiſten. Es bleibet demnach fe-
ſte: im gemeinen Weſen muß man Titul
und Rang nach den Verdienſten austhei-
len,
(Politick) C c
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |