Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 3. Von der Einrichtung gethan werden; hingegen der Misbrauchist zu verhindern. Spiele sind eigent- lich Handlungen der Menschen, die zum blossen Zeit-Vertreib vorgenommen wer- den. Und demnach sind sie von andern Handlungen darinnen unterschieden, daß sie nicht wie diese die Wohlfahrt des Men- schen befördern, oder zur Vollkommenheit unsers innern und äussern Zustandes vor sich etwas beytragen (§. 12. Mor.). Un- terdessen da in einem vollkommenen Wan- del alle Handlungen der Menschen zusam- men stimmen müssen (§. 144. Mor.); so hat man nicht allein darauf zu sehen, daß durch die Spiele den übrigen Handlun- gen, welche zur Wohlfahrt des Menschen erfordert werden, kein Eintrag geschiehet; sondern sie, wo es nur immer möglich ist, vielmehr dadurch befördert werden. Da nun unsere freye Handlungen entweder die Vollkommenheit der Seele, oder des Lei- bes, oder unseres äusseren Zustandes beför- dern (§. 224. Mor.); so muß man auch die Spiele so wohl in Ansehung der Seele, als des Leibes u. unseres äußeren Zustandes be- trachten und, wie sie daher von einander unterschieden sind, wohl erwegen. Uber- haupt muß man bey den Spielen auf- mercksam seyn und, weil durch alle Ubung eine Fertigkeit entstehet (§. 525. Met.), so kan man sich auch durch das Spiel zur Aufmercksamkeit gewöhnen. Es folget zwar
Cap. 3. Von der Einrichtung gethan werden; hingegen der Misbrauchiſt zu verhindern. Spiele ſind eigent- lich Handlungen der Menſchen, die zum bloſſen Zeit-Vertreib vorgenommen wer- den. Und demnach ſind ſie von andern Handlungen darinnen unterſchieden, daß ſie nicht wie dieſe die Wohlfahrt des Men- ſchen befoͤrdern, oder zur Vollkommenheit unſers innern und aͤuſſern Zuſtandes vor ſich etwas beytragen (§. 12. Mor.). Un- terdeſſen da in einem vollkommenen Wan- del alle Handlungen der Menſchen zuſam- men ſtimmen muͤſſen (§. 144. Mor.); ſo hat man nicht allein darauf zu ſehen, daß durch die Spiele den uͤbrigen Handlun- gen, welche zur Wohlfahrt des Menſchen erfordert werden, kein Eintrag geſchiehet; ſondern ſie, wo es nur immer moͤglich iſt, vielmehr dadurch befoͤrdert werden. Da nun unſere freye Handlungen entweder die Vollkommenheit der Seele, oder des Lei- bes, oder unſeres aͤuſſeren Zuſtandes befoͤr- dern (§. 224. Mor.); ſo muß man auch die Spiele ſo wohl in Anſehung der Seele, als des Leibes u. unſeres aͤußeren Zuſtandes be- trachten und, wie ſie daher von einander unterſchieden ſind, wohl erwegen. Uber- haupt muß man bey den Spielen auf- merckſam ſeyn und, weil durch alle Ubung eine Fertigkeit entſtehet (§. 525. Met.), ſo kan man ſich auch durch das Spiel zur Aufmerckſamkeit gewoͤhnen. Es folget zwar
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Cap. 3. Von der Einrichtung
gethan werden; hingegen der Misbrauch
iſt zu verhindern. Spiele ſind eigent-
lich Handlungen der Menſchen, die zum
bloſſen Zeit-Vertreib vorgenommen wer-
den. Und demnach ſind ſie von andern
Handlungen darinnen unterſchieden, daß
ſie nicht wie dieſe die Wohlfahrt des Men-
ſchen befoͤrdern, oder zur Vollkommenheit
unſers innern und aͤuſſern Zuſtandes vor
ſich etwas beytragen (§. 12. Mor.). Un-
terdeſſen da in einem vollkommenen Wan-
del alle Handlungen der Menſchen zuſam-
men ſtimmen muͤſſen (§. 144. Mor.); ſo
hat man nicht allein darauf zu ſehen, daß
durch die Spiele den uͤbrigen Handlun-
gen, welche zur Wohlfahrt des Menſchen
erfordert werden, kein Eintrag geſchiehet;
ſondern ſie, wo es nur immer moͤglich iſt,
vielmehr dadurch befoͤrdert werden. Da
nun unſere freye Handlungen entweder die
Vollkommenheit der Seele, oder des Lei-
bes, oder unſeres aͤuſſeren Zuſtandes befoͤr-
dern (§. 224. Mor.); ſo muß man auch die
Spiele ſo wohl in Anſehung der Seele, als
des Leibes u. unſeres aͤußeren Zuſtandes be-
trachten und, wie ſie daher von einander
unterſchieden ſind, wohl erwegen. Uber-
haupt muß man bey den Spielen auf-
merckſam ſeyn und, weil durch alle Ubung
eine Fertigkeit entſtehet (§. 525. Met.),
ſo kan man ſich auch durch das Spiel zur
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zwar
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