Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite
Cap. 3. Von der Einrichtung
Was
man we-
gen über-
mässiger
Arbeit zu
verord-
nen.
§. 377.

Es können auch die Menschen
sich ungesund und endlich gar zu tode ar-
beiten, wenn sie nehmlich mehr arbeiten,
als ihre Kräffte zureichen, und darüber zu-
gleich dem Leibe des Nachts die nöthige
Ruhe abbrechen. Die Ursachen, welche sie
dazu bewegen, sind unterschieden. Eini-
ge thun es aus Geitz oder auch Ehrgeitz,
nachdem sie entweder Geld oder Ehre
durch ihre Arbeit zu erlangen gedencken,
und gehören in die letztere Classe haupt-
sächlich die Gelehrten, welche sich unge-
sund studiren, wie nicht weniger die Künst-
ler, welche durch neue Erfindungen sich
hervorthun wollen. Andere thun es aus
Noth, weil ihnen ihre Arbeit nicht so viel
abwirfft, als zu ihren und der ihrigen Un-
terhalt erfordert wird, absonderlich wenn
sie eine weitläuftige Familie, und also
viele zu versorgen haben. Zu dem Ende
sol man niemanden zu viel Bedienungen
zusammen geben, damit nehmlich weder
die, welche zu viel Bedienungen haben,
mehr Verrichtungen haben, als sie wohl
bestreiten können; noch auch dadurch an-
dere, welche durch einige von denenselben
Bedienungen ihr Auskommen finden kön-
ten, aus Noth durch viele andere Arbeit
sich abmatten müssen: welches um so viel
mehr geschiehet, weil sie ihre Arbeit zu-
gleich mit vielem Verdruße verrichten, in-

dem
Cap. 3. Von der Einrichtung
Was
man we-
gen uͤber-
maͤſſiger
Aꝛbeit zu
verord-
nen.
§. 377.

Es koͤnnen auch die Menſchen
ſich ungeſund und endlich gar zu tode ar-
beiten, wenn ſie nehmlich mehr arbeiten,
als ihre Kraͤffte zureichen, und daruͤber zu-
gleich dem Leibe des Nachts die noͤthige
Ruhe abbrechen. Die Urſachen, welche ſie
dazu bewegen, ſind unterſchieden. Eini-
ge thun es aus Geitz oder auch Ehrgeitz,
nachdem ſie entweder Geld oder Ehre
durch ihre Arbeit zu erlangen gedencken,
und gehoͤren in die letztere Claſſe haupt-
ſaͤchlich die Gelehrten, welche ſich unge-
ſund ſtudiren, wie nicht weniger die Kuͤnſt-
ler, welche durch neue Erfindungen ſich
hervorthun wollen. Andere thun es aus
Noth, weil ihnen ihre Arbeit nicht ſo viel
abwirfft, als zu ihren und der ihrigen Un-
terhalt erfordert wird, abſonderlich wenn
ſie eine weitlaͤuftige Familie, und alſo
viele zu verſorgen haben. Zu dem Ende
ſol man niemanden zu viel Bedienungen
zuſammen geben, damit nehmlich weder
die, welche zu viel Bedienungen haben,
mehr Verrichtungen haben, als ſie wohl
beſtreiten koͤnnen; noch auch dadurch an-
dere, welche durch einige von denenſelben
Bedienungen ihr Auskommen finden koͤn-
ten, aus Noth durch viele andere Arbeit
ſich abmatten muͤſſen: welches um ſo viel
mehr geſchiehet, weil ſie ihre Arbeit zu-
gleich mit vielem Verdruße verrichten, in-

dem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0356" n="338"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Cap. 3. Von der Einrichtung</hi> </fw><lb/>
              <note place="left">Was<lb/>
man we-<lb/>
gen u&#x0364;ber-<lb/>
ma&#x0364;&#x017F;&#x017F;iger<lb/>
A&#xA75B;beit zu<lb/>
verord-<lb/>
nen.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 377.</head>
              <p>Es ko&#x0364;nnen auch die Men&#x017F;chen<lb/>
&#x017F;ich unge&#x017F;und und endlich gar zu tode ar-<lb/>
beiten, wenn &#x017F;ie nehmlich mehr arbeiten,<lb/>
als ihre Kra&#x0364;ffte zureichen, und daru&#x0364;ber zu-<lb/>
gleich dem Leibe des Nachts die no&#x0364;thige<lb/>
Ruhe abbrechen. Die Ur&#x017F;achen, welche &#x017F;ie<lb/>
dazu bewegen, &#x017F;ind unter&#x017F;chieden. Eini-<lb/>
ge thun es aus Geitz oder auch Ehrgeitz,<lb/>
nachdem &#x017F;ie entweder Geld oder Ehre<lb/>
durch ihre Arbeit zu erlangen gedencken,<lb/>
und geho&#x0364;ren in die letztere Cla&#x017F;&#x017F;e haupt-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;chlich die Gelehrten, welche &#x017F;ich unge-<lb/>
&#x017F;und &#x017F;tudiren, wie nicht weniger die Ku&#x0364;n&#x017F;t-<lb/>
ler, welche durch neue Erfindungen &#x017F;ich<lb/>
hervorthun wollen. Andere thun es aus<lb/>
Noth, weil ihnen ihre Arbeit nicht &#x017F;o viel<lb/>
abwirfft, als zu ihren und der ihrigen Un-<lb/>
terhalt erfordert wird, ab&#x017F;onderlich wenn<lb/>
&#x017F;ie eine weitla&#x0364;uftige Familie, und al&#x017F;o<lb/>
viele zu ver&#x017F;orgen haben. Zu dem Ende<lb/>
&#x017F;ol man niemanden zu viel Bedienungen<lb/>
zu&#x017F;ammen geben, damit nehmlich weder<lb/>
die, welche zu viel Bedienungen haben,<lb/>
mehr Verrichtungen haben, als &#x017F;ie wohl<lb/>
be&#x017F;treiten ko&#x0364;nnen; noch auch dadurch an-<lb/>
dere, welche durch einige von denen&#x017F;elben<lb/>
Bedienungen ihr Auskommen finden ko&#x0364;n-<lb/>
ten, aus Noth durch viele andere Arbeit<lb/>
&#x017F;ich abmatten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en: welches um &#x017F;o viel<lb/>
mehr ge&#x017F;chiehet, weil &#x017F;ie ihre Arbeit zu-<lb/>
gleich mit vielem Verdruße verrichten, in-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[338/0356] Cap. 3. Von der Einrichtung §. 377.Es koͤnnen auch die Menſchen ſich ungeſund und endlich gar zu tode ar- beiten, wenn ſie nehmlich mehr arbeiten, als ihre Kraͤffte zureichen, und daruͤber zu- gleich dem Leibe des Nachts die noͤthige Ruhe abbrechen. Die Urſachen, welche ſie dazu bewegen, ſind unterſchieden. Eini- ge thun es aus Geitz oder auch Ehrgeitz, nachdem ſie entweder Geld oder Ehre durch ihre Arbeit zu erlangen gedencken, und gehoͤren in die letztere Claſſe haupt- ſaͤchlich die Gelehrten, welche ſich unge- ſund ſtudiren, wie nicht weniger die Kuͤnſt- ler, welche durch neue Erfindungen ſich hervorthun wollen. Andere thun es aus Noth, weil ihnen ihre Arbeit nicht ſo viel abwirfft, als zu ihren und der ihrigen Un- terhalt erfordert wird, abſonderlich wenn ſie eine weitlaͤuftige Familie, und alſo viele zu verſorgen haben. Zu dem Ende ſol man niemanden zu viel Bedienungen zuſammen geben, damit nehmlich weder die, welche zu viel Bedienungen haben, mehr Verrichtungen haben, als ſie wohl beſtreiten koͤnnen; noch auch dadurch an- dere, welche durch einige von denenſelben Bedienungen ihr Auskommen finden koͤn- ten, aus Noth durch viele andere Arbeit ſich abmatten muͤſſen: welches um ſo viel mehr geſchiehet, weil ſie ihre Arbeit zu- gleich mit vielem Verdruße verrichten, in- dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/356
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/356>, abgerufen am 25.11.2024.