nommen werden, wird man nicht leicht damit fehl gehen, und bey denselben, aber keinen andern, habe ich als ein Weltwei- ser ihre Richtigkeit erwiesen.
§. 366.
Nun haben wir genungsamenNoth- wendig- keit der Religi- on. Grund die Nothwendigkeit der Religion im gemeinen Wesen zu behaupten. Jch setze voraus, daß die Religion in der Vereh- rung GOttes bestehet und dannenhero so- wohl Erkäntnis von GOtt, als ohne wel- che wir ihn nicht ehren können (§. 658. Mor.) als eine Einrichtung unser Hand- lungen nach seinem Willen, das ist, eine wahre Gottseeligkeit (§. 670. 671. Mor.) erfordert. Ein Mensch, der GOtt erken- net, ist vergewissert, daß er das böse straf- fet und fürchtet sich vor ihm (§ 707. & seqq, Mor.). Wenn er demnach weiß, daß etwas seinem Willen zuwieder ist und er es bestraffe, wenn man es thut oder auch unterlässet, was er haben will; so wird er aus Furcht für GOtt unterlassen, was er sonst thun würde, und thun, was er sonst lassen würde. Wer eine kindli- che Furcht für GOtt hat, der pfleget bey seinem Thun und Lassen, wozu sich eine Gelegenheit ereignet, zu fragen, ob es dem Willen GOttes gemäß sey, oder nicht, in- dem er nicht eher mit Beruhigung seines Gemüthes etwas thun oder lassen kan, biß er dessen versichert ist (§. 698. Mor.). Und
dem-
des gemeinen Weſens.
nommen werden, wird man nicht leicht damit fehl gehen, und bey denſelben, aber keinen andern, habe ich als ein Weltwei- ſer ihre Richtigkeit erwieſen.
§. 366.
Nun haben wir genungſamenNoth- wendig- keit der Religi- on. Grund die Nothwendigkeit der Religion im gemeinen Weſen zu behaupten. Jch ſetze voraus, daß die Religion in der Vereh- rung GOttes beſtehet und dannenhero ſo- wohl Erkaͤntnis von GOtt, als ohne wel- che wir ihn nicht ehren koͤnnen (§. 658. Mor.) als eine Einrichtung unſer Hand- lungen nach ſeinem Willen, das iſt, eine wahre Gottſeeligkeit (§. 670. 671. Mor.) erfordert. Ein Menſch, der GOtt erken- net, iſt vergewiſſert, daß er das boͤſe ſtraf- fet und fuͤrchtet ſich vor ihm (§ 707. & ſeqq, Mor.). Wenn er demnach weiß, daß etwas ſeinem Willen zuwieder iſt und er es beſtraffe, wenn man es thut oder auch unterlaͤſſet, was er haben will; ſo wird er aus Furcht fuͤr GOtt unterlaſſen, was er ſonſt thun wuͤrde, und thun, was er ſonſt laſſen wuͤrde. Wer eine kindli- che Furcht fuͤr GOtt hat, der pfleget bey ſeinem Thun und Laſſen, wozu ſich eine Gelegenheit ereignet, zu fragen, ob es dem Willen GOttes gemaͤß ſey, oder nicht, in- dem er nicht eher mit Beruhigung ſeines Gemuͤthes etwas thun oder laſſen kan, biß er deſſen verſichert iſt (§. 698. Mor.). Und
dem-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0335"n="317"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">des gemeinen Weſens.</hi></fw><lb/>
nommen werden, wird man nicht leicht<lb/>
damit fehl gehen, und bey denſelben, aber<lb/>
keinen andern, habe ich als ein Weltwei-<lb/>ſer ihre Richtigkeit erwieſen.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 366.</head><p>Nun haben wir genungſamen<noteplace="right">Noth-<lb/>
wendig-<lb/>
keit der<lb/>
Religi-<lb/>
on.</note><lb/>
Grund die Nothwendigkeit der Religion im<lb/>
gemeinen Weſen zu behaupten. Jch ſetze<lb/>
voraus, daß die <hirendition="#fr">Religion</hi> in der Vereh-<lb/>
rung GOttes beſtehet und dannenhero ſo-<lb/>
wohl Erkaͤntnis von GOtt, als ohne wel-<lb/>
che wir ihn nicht ehren koͤnnen (§. 658.<lb/><hirendition="#aq">Mor.</hi>) als eine Einrichtung unſer Hand-<lb/>
lungen nach ſeinem Willen, das iſt, eine<lb/>
wahre Gottſeeligkeit (§. 670. 671. <hirendition="#aq">Mor.</hi>)<lb/>
erfordert. Ein Menſch, der GOtt erken-<lb/>
net, iſt vergewiſſert, daß er das boͤſe ſtraf-<lb/>
fet und fuͤrchtet ſich vor ihm (§ 707. &<lb/><hirendition="#aq">ſeqq, Mor.</hi>). Wenn er demnach weiß,<lb/>
daß etwas ſeinem Willen zuwieder iſt und<lb/>
er es beſtraffe, wenn man es thut oder<lb/>
auch unterlaͤſſet, was er haben will; ſo<lb/>
wird er aus Furcht fuͤr GOtt unterlaſſen,<lb/>
was er ſonſt thun wuͤrde, und thun, was<lb/>
er ſonſt laſſen wuͤrde. Wer eine kindli-<lb/>
che Furcht fuͤr GOtt hat, der pfleget bey<lb/>ſeinem Thun und Laſſen, wozu ſich eine<lb/>
Gelegenheit ereignet, zu fragen, ob es dem<lb/>
Willen GOttes gemaͤß ſey, oder nicht, in-<lb/>
dem er nicht eher mit Beruhigung ſeines<lb/>
Gemuͤthes etwas thun oder laſſen kan, biß<lb/>
er deſſen verſichert iſt (§. 698. <hirendition="#aq">Mor.</hi>). Und<lb/><fwplace="bottom"type="catch">dem-</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[317/0335]
des gemeinen Weſens.
nommen werden, wird man nicht leicht
damit fehl gehen, und bey denſelben, aber
keinen andern, habe ich als ein Weltwei-
ſer ihre Richtigkeit erwieſen.
§. 366.Nun haben wir genungſamen
Grund die Nothwendigkeit der Religion im
gemeinen Weſen zu behaupten. Jch ſetze
voraus, daß die Religion in der Vereh-
rung GOttes beſtehet und dannenhero ſo-
wohl Erkaͤntnis von GOtt, als ohne wel-
che wir ihn nicht ehren koͤnnen (§. 658.
Mor.) als eine Einrichtung unſer Hand-
lungen nach ſeinem Willen, das iſt, eine
wahre Gottſeeligkeit (§. 670. 671. Mor.)
erfordert. Ein Menſch, der GOtt erken-
net, iſt vergewiſſert, daß er das boͤſe ſtraf-
fet und fuͤrchtet ſich vor ihm (§ 707. &
ſeqq, Mor.). Wenn er demnach weiß,
daß etwas ſeinem Willen zuwieder iſt und
er es beſtraffe, wenn man es thut oder
auch unterlaͤſſet, was er haben will; ſo
wird er aus Furcht fuͤr GOtt unterlaſſen,
was er ſonſt thun wuͤrde, und thun, was
er ſonſt laſſen wuͤrde. Wer eine kindli-
che Furcht fuͤr GOtt hat, der pfleget bey
ſeinem Thun und Laſſen, wozu ſich eine
Gelegenheit ereignet, zu fragen, ob es dem
Willen GOttes gemaͤß ſey, oder nicht, in-
dem er nicht eher mit Beruhigung ſeines
Gemuͤthes etwas thun oder laſſen kan, biß
er deſſen verſichert iſt (§. 698. Mor.). Und
dem-
Noth-
wendig-
keit der
Religi-
on.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/335>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.