heit, sondern sind Sclaven in ihren Hand- lungen (§. 891 Mor.). Unterdessen wer- den sie doch gestraffet, weil man siehet, daß sie dadurch von denen Handlungen, die man bey ihnen nicht leiden will, kön- nen zurücke gehalten werden. Darnach lässet sich eben nicht erweisen, daß Jrrthü- mer schlechterdinges nothwendig sind. Es stehet so wohl in unserer Gewalt selbige zu vermeiden, als das böse, wozu wir ge- neiget sind, zu unterlassen. Jst es gleich in einigen Fällen schwer und in Ansehung der besonderen Umstände, darinnen man sich befindet, fast unmöglich: so findet sich doch dieses ebener massen bey den Ubeltha- ten, die man zu bestraffen pfleget. Allein da es in Ansehung der Straffen gleich viel gielt, ob die Verbrechen nothwendig sind, oder nicht, wie ich erst erwiesen habe: so ist nicht nöthig, solches weitläufftiger aus- zuführen. Unterdessen dienet zur Erläu- terung, was anderswo (§. 264. 265 Mor) von der Unwissenheit beygebracht worden, wie weit sie zur Entschuldigung dienen kan.
Ob und wie weit der zu be- straffen/ der Jrr- thümer unter die Leute bringet.
§. 361.
Ob nun aber gleich der Jrr- thum nicht zu bestraffen ist (§. 359); so folget doch daraus noch nicht, daß die Aus- breitung des Jrrthums nicht zu bestraffen sey. Und dannenhero müssen wir noch ins besondere untersuchen, ob und wie weit
man
Cap. 3. Von der Einrichtung
heit, ſondern ſind Sclaven in ihren Hand- lungen (§. 891 Mor.). Unterdeſſen wer- den ſie doch geſtraffet, weil man ſiehet, daß ſie dadurch von denen Handlungen, die man bey ihnen nicht leiden will, koͤn- nen zuruͤcke gehalten werden. Darnach laͤſſet ſich eben nicht erweiſen, daß Jrrthuͤ- mer ſchlechterdinges nothwendig ſind. Es ſtehet ſo wohl in unſerer Gewalt ſelbige zu vermeiden, als das boͤſe, wozu wir ge- neiget ſind, zu unterlaſſen. Jſt es gleich in einigen Faͤllen ſchwer und in Anſehung der beſonderen Umſtaͤnde, darinnen man ſich befindet, faſt unmoͤglich: ſo findet ſich doch dieſes ebener maſſen bey den Ubeltha- ten, die man zu beſtraffen pfleget. Allein da es in Anſehung der Straffen gleich viel gielt, ob die Verbrechen nothwendig ſind, oder nicht, wie ich erſt erwieſen habe: ſo iſt nicht noͤthig, ſolches weitlaͤufftiger aus- zufuͤhren. Unterdeſſen dienet zur Erlaͤu- terung, was anderswo (§. 264. 265 Mor) von der Unwiſſenheit beygebracht worden, wie weit ſie zur Entſchuldigung dienen kan.
Ob und wie weit der zu be- ſtraffen/ der Jrr- thuͤmer unter die Leute bringet.
§. 361.
Ob nun aber gleich der Jrr- thum nicht zu beſtraffen iſt (§. 359); ſo folget doch daraus noch nicht, daß die Aus- breitung des Jrrthums nicht zu beſtraffen ſey. Und dannenhero muͤſſen wir noch ins beſondere unterſuchen, ob und wie weit
man
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Cap. 3. Von der Einrichtung
heit, ſondern ſind Sclaven in ihren Hand-
lungen (§. 891 Mor.). Unterdeſſen wer-
den ſie doch geſtraffet, weil man ſiehet,
daß ſie dadurch von denen Handlungen,
die man bey ihnen nicht leiden will, koͤn-
nen zuruͤcke gehalten werden. Darnach
laͤſſet ſich eben nicht erweiſen, daß Jrrthuͤ-
mer ſchlechterdinges nothwendig ſind. Es
ſtehet ſo wohl in unſerer Gewalt ſelbige
zu vermeiden, als das boͤſe, wozu wir ge-
neiget ſind, zu unterlaſſen. Jſt es gleich
in einigen Faͤllen ſchwer und in Anſehung
der beſonderen Umſtaͤnde, darinnen man
ſich befindet, faſt unmoͤglich: ſo findet ſich
doch dieſes ebener maſſen bey den Ubeltha-
ten, die man zu beſtraffen pfleget. Allein
da es in Anſehung der Straffen gleich viel
gielt, ob die Verbrechen nothwendig ſind,
oder nicht, wie ich erſt erwieſen habe: ſo
iſt nicht noͤthig, ſolches weitlaͤufftiger aus-
zufuͤhren. Unterdeſſen dienet zur Erlaͤu-
terung, was anderswo (§. 264. 265 Mor)
von der Unwiſſenheit beygebracht worden,
wie weit ſie zur Entſchuldigung dienen
kan.
§. 361.Ob nun aber gleich der Jrr-
thum nicht zu beſtraffen iſt (§. 359); ſo
folget doch daraus noch nicht, daß die Aus-
breitung des Jrrthums nicht zu beſtraffen
ſey. Und dannenhero muͤſſen wir noch
ins beſondere unterſuchen, ob und wie weit
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/322>, abgerufen am 16.02.2025.
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