die nicht viel Schmertz erdulden können, werden durch die Art der Straffe gerüh- ret, indem es ihnen selbst an dem Orte we- he thut, wo sie den Ubelthäter leiden se- hen. Z. E. Wenn einem mit dem Rade Armen und Beine zerschlagen werden, thut es ihnen selbst an Armen und Beinen we- he. Jch wil jetzt dieses alles nur aus der Erfahrung annehmen, ob es sich auch gleich erweisen liesse. Alle diese Regungen und Bewegungen, welche die Furcht für der Straffe kräfftig machen, bleiben nach, wo die Straffen im verborgenen vollzogen werden.
Warum das Ver- brechen umständ- lich bey der Exe- cution vorzule- sen/ auch dem Ubel thäter vorzu- halten.
§. 350.
Wenn die Straffe anderen zum Exempel dienen sol, damit nemlich sie ab- gehalten werden von dergleichen Schand- und Ubel-thaten, als der Uhelthäter voll- bracht, der nun zu gebührender Straffe gezogen wird (§. 346); so muß auch das Verbrechen des Ubelthäters kund werden, und zwar, da die Straffe nach den be- sonderen Umständen vergrössert und ver- kleinert wird (§. 344), nach allen seinen Umständen. Derowegen ist nöthig, daß solches der Menge, welche der Execution beywohnet, öffentlich vorgelesen wird. Und solchergestalt kan auch demjenigen ein Gnügen geschehen, was oben von Min- derung der Straffe aus besonderen Um- ständen erinnert worden (§. 345). Ja da-
mit
Cap. 3. Von der Einrichtung
die nicht viel Schmertz erdulden koͤnnen, werden durch die Art der Straffe geruͤh- ret, indem es ihnen ſelbſt an dem Orte we- he thut, wo ſie den Ubelthaͤter leiden ſe- hen. Z. E. Wenn einem mit dem Rade Armen und Beine zerſchlagen werden, thut es ihnen ſelbſt an Armen und Beinen we- he. Jch wil jetzt dieſes alles nur aus der Erfahrung annehmen, ob es ſich auch gleich erweiſen lieſſe. Alle dieſe Regungen und Bewegungen, welche die Furcht fuͤr der Straffe kraͤfftig machen, bleiben nach, wo die Straffen im verborgenen vollzogen werden.
Warum das Ver- brechen umſtaͤnd- lich bey der Exe- cution vorzule- ſen/ auch dem Ubel thaͤter vorzu- halten.
§. 350.
Wenn die Straffe anderen zum Exempel dienen ſol, damit nemlich ſie ab- gehalten werden von dergleichen Schand- und Ubel-thaten, als der Uhelthaͤter voll- bracht, der nun zu gebuͤhrender Straffe gezogen wird (§. 346); ſo muß auch das Verbrechen des Ubelthaͤters kund werden, und zwar, da die Straffe nach den be- ſonderen Umſtaͤnden vergroͤſſert und ver- kleinert wird (§. 344), nach allen ſeinen Umſtaͤnden. Derowegen iſt noͤthig, daß ſolches der Menge, welche der Execution beywohnet, oͤffentlich vorgeleſen wird. Und ſolchergeſtalt kan auch demjenigen ein Gnuͤgen geſchehen, was oben von Min- derung der Straffe aus beſonderen Um- ſtaͤnden erinnert worden (§. 345). Ja da-
mit
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Cap. 3. Von der Einrichtung
die nicht viel Schmertz erdulden koͤnnen,
werden durch die Art der Straffe geruͤh-
ret, indem es ihnen ſelbſt an dem Orte we-
he thut, wo ſie den Ubelthaͤter leiden ſe-
hen. Z. E. Wenn einem mit dem Rade
Armen und Beine zerſchlagen werden, thut
es ihnen ſelbſt an Armen und Beinen we-
he. Jch wil jetzt dieſes alles nur aus der
Erfahrung annehmen, ob es ſich auch
gleich erweiſen lieſſe. Alle dieſe Regungen
und Bewegungen, welche die Furcht fuͤr der
Straffe kraͤfftig machen, bleiben nach, wo
die Straffen im verborgenen vollzogen
werden.
§. 350.Wenn die Straffe anderen zum
Exempel dienen ſol, damit nemlich ſie ab-
gehalten werden von dergleichen Schand-
und Ubel-thaten, als der Uhelthaͤter voll-
bracht, der nun zu gebuͤhrender Straffe
gezogen wird (§. 346); ſo muß auch das
Verbrechen des Ubelthaͤters kund werden,
und zwar, da die Straffe nach den be-
ſonderen Umſtaͤnden vergroͤſſert und ver-
kleinert wird (§. 344), nach allen ſeinen
Umſtaͤnden. Derowegen iſt noͤthig, daß
ſolches der Menge, welche der Execution
beywohnet, oͤffentlich vorgeleſen wird.
Und ſolchergeſtalt kan auch demjenigen ein
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/310>, abgerufen am 22.11.2024.
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