mehr nöthig, wo nicht andere Ursachen von aussen verhanden, dadurch der Mensch zu dem innern geleitet wird. Und dem- nach sind die Regeln der Schönheit, wel- che in der Baukunst vorgeschrieben wer- den, absonderlich bey den Kirchen, auf das sorgfältigste in acht zu nehmen. Wollte man aber ins besondere fragen, wie man die Kirchen so wohl in-als aus-wendig aus- zieren solle: so siehet man leicht, daß diese Auszierung mit unter die Ceremonien zu rechnen ist (§. 176 Mor.). Da uns nun durch diese Zierrathen ins Gedächtniß ge- bracht werden sol, was wir bey dem öf- fentlichen Gottes-Dienste zu bedencken haben (§. 177 Mor.): so müssen wir abermahls die Beschaffenheit des Gottes- dienstes für allen Dingen recht einsehen, e- he wir mit Vernunfft die Kirchen auszieren können. Jch weiß wohl: es wird dieses einigen seltsam vorkommen. Allein das ist nicht genung es zu verwerffen: man muß zeigen, daß ich es ohne Grund behaupte, da- von ich aber schon das Gegeniheil erwie- sen.
Wie die Festtage zu ord- nen und zu feyren.
§. 324.
Was die Zeit betrifft, da man des Gottes-Dienstes wegen zusammen kommen soll; so entstehet die Frage, ob es besser sey gantze Tage dazu auszusetzen, darinnen man von der gewöhnlichen Ar- beit feyret, oder nur einige Stunden in
Ta-
Cap. 3. Von der Einrichtung
mehr noͤthig, wo nicht andere Urſachen von auſſen verhanden, dadurch der Menſch zu dem innern geleitet wird. Und dem- nach ſind die Regeln der Schoͤnheit, wel- che in der Baukunſt vorgeſchrieben wer- den, abſonderlich bey den Kirchen, auf das ſorgfaͤltigſte in acht zu nehmen. Wollte man aber ins beſondere fragen, wie man die Kirchen ſo wohl in-als aus-wendig aus- zieren ſolle: ſo ſiehet man leicht, daß dieſe Auszierung mit unter die Ceremonien zu rechnen iſt (§. 176 Mor.). Da uns nun durch dieſe Zierrathen ins Gedaͤchtniß ge- bracht werden ſol, was wir bey dem oͤf- fentlichen Gottes-Dienſte zu bedencken haben (§. 177 Mor.): ſo muͤſſen wir abermahls die Beſchaffenheit des Gottes- dienſtes fuͤr allen Dingen recht einſehen, e- he wir mit Vernunfft die Kirchen auszieren koͤnnen. Jch weiß wohl: es wird dieſes einigen ſeltſam vorkommen. Allein das iſt nicht genung es zu verwerffen: man muß zeigen, daß ich es ohne Grund behaupte, da- von ich aber ſchon das Gegeniheil erwie- ſen.
Wie die Feſttage zu ord- nen und zu feyren.
§. 324.
Was die Zeit betrifft, da man des Gottes-Dienſtes wegen zuſammen kommen ſoll; ſo entſtehet die Frage, ob es beſſer ſey gantze Tage dazu auszuſetzen, darinnen man von der gewoͤhnlichen Ar- beit feyret, oder nur einige Stunden in
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Cap. 3. Von der Einrichtung
mehr noͤthig, wo nicht andere Urſachen
von auſſen verhanden, dadurch der Menſch
zu dem innern geleitet wird. Und dem-
nach ſind die Regeln der Schoͤnheit, wel-
che in der Baukunſt vorgeſchrieben wer-
den, abſonderlich bey den Kirchen, auf das
ſorgfaͤltigſte in acht zu nehmen. Wollte
man aber ins beſondere fragen, wie man
die Kirchen ſo wohl in-als aus-wendig aus-
zieren ſolle: ſo ſiehet man leicht, daß dieſe
Auszierung mit unter die Ceremonien zu
rechnen iſt (§. 176 Mor.). Da uns nun
durch dieſe Zierrathen ins Gedaͤchtniß ge-
bracht werden ſol, was wir bey dem oͤf-
fentlichen Gottes-Dienſte zu bedencken
haben (§. 177 Mor.): ſo muͤſſen wir
abermahls die Beſchaffenheit des Gottes-
dienſtes fuͤr allen Dingen recht einſehen, e-
he wir mit Vernunfft die Kirchen auszieren
koͤnnen. Jch weiß wohl: es wird dieſes
einigen ſeltſam vorkommen. Allein das
iſt nicht genung es zu verwerffen: man muß
zeigen, daß ich es ohne Grund behaupte, da-
von ich aber ſchon das Gegeniheil erwie-
ſen.
§. 324.Was die Zeit betrifft, da man
des Gottes-Dienſtes wegen zuſammen
kommen ſoll; ſo entſtehet die Frage, ob es
beſſer ſey gantze Tage dazu auszuſetzen,
darinnen man von der gewoͤhnlichen Ar-
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/282>, abgerufen am 27.07.2024.
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