Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 3. Von der Einrichtung solches durch Gründe weitläufftig zu bestä-tigen. Es ist nicht zu läugnen, daß wenn die Lehrenden Gewalt haben die Freyheit der Lernenden im Lernen einzuschräncken, ebenfalls viel Unheil daraus erfolgen kan, wofern sie nemlich selbst nicht verstehen, was einem zu lernen dienet, der sich durch gründ- liche Wissenschafft zu einer künfftigen Le- bens-Art zubereiten will. Allein diesem Fehler kan man gar leicht abhelffen, wenn man durch gute Gesetze und Ordnung vor- schreibet, was ein jeder zu lernen hat und in welcher Ordnung er studiren muß: hinge- gen den Lehrern so wenig verstattet, etwas aus Ungehorsam gegen die hohe Obrigkeit, von der sie ihr Amt haben, nach ihrem eige- nen Dünckel darinnen zu ändern, als man den Lernenden erlaubet nach ihrem eigenen Gefallen ihr Studiren einzurichten. Unein- geschrenckte Macht andere zu verbinden ist allezeit gefährlich und muß memanden über- lassen werden: es folget aus Unverstande, Jrrthum und interessirten Absichten gar leicht ein schädlicher und Landverderblicher Mißbrauch. eine Wahl bey Ler- nenden anzustel- len. §. 293. Was nun ferner die Lernenden nen
Cap. 3. Von der Einrichtung ſolches durch Gruͤnde weitlaͤufftig zu beſtaͤ-tigen. Es iſt nicht zu laͤugnen, daß wenn die Lehrenden Gewalt haben die Freyheit der Lernenden im Lernen einzuſchraͤncken, ebenfalls viel Unheil daraus erfolgen kan, wofern ſie nemlich ſelbſt nicht verſtehen, was einem zu lernen dienet, der ſich durch gruͤnd- liche Wiſſenſchafft zu einer kuͤnfftigen Le- bens-Art zubereiten will. Allein dieſem Fehler kan man gar leicht abhelffen, wenn man durch gute Geſetze und Ordnung vor- ſchreibet, was ein jeder zu lernen hat und in welcher Ordnung er ſtudiren muß: hinge- gen den Lehrern ſo wenig verſtattet, etwas aus Ungehorſam gegen die hohe Obrigkeit, von der ſie ihr Amt haben, nach ihrem eige- nen Duͤnckel darinnen zu aͤndern, als man den Lernenden erlaubet nach ihrem eigenen Gefallen ihr Studiren einzurichten. Unein- geſchrenckte Macht andere zu verbinden iſt allezeit gefaͤhrlich und muß memanden uͤber- laſſen werden: es folget aus Unverſtande, Jrrthum und interesſirten Abſichten gar leicht ein ſchaͤdlicher und Landverderblicher Mißbrauch. eine Wahl bey Ler- nenden anzuſtel- len. §. 293. Was nun ferner die Lernenden nen
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Cap. 3. Von der Einrichtung
ſolches durch Gruͤnde weitlaͤufftig zu beſtaͤ-
tigen. Es iſt nicht zu laͤugnen, daß wenn
die Lehrenden Gewalt haben die Freyheit
der Lernenden im Lernen einzuſchraͤncken,
ebenfalls viel Unheil daraus erfolgen kan,
wofern ſie nemlich ſelbſt nicht verſtehen, was
einem zu lernen dienet, der ſich durch gruͤnd-
liche Wiſſenſchafft zu einer kuͤnfftigen Le-
bens-Art zubereiten will. Allein dieſem
Fehler kan man gar leicht abhelffen, wenn
man durch gute Geſetze und Ordnung vor-
ſchreibet, was ein jeder zu lernen hat und in
welcher Ordnung er ſtudiren muß: hinge-
gen den Lehrern ſo wenig verſtattet, etwas
aus Ungehorſam gegen die hohe Obrigkeit,
von der ſie ihr Amt haben, nach ihrem eige-
nen Duͤnckel darinnen zu aͤndern, als man
den Lernenden erlaubet nach ihrem eigenen
Gefallen ihr Studiren einzurichten. Unein-
geſchrenckte Macht andere zu verbinden iſt
allezeit gefaͤhrlich und muß memanden uͤber-
laſſen werden: es folget aus Unverſtande,
Jrrthum und interesſirten Abſichten gar
leicht ein ſchaͤdlicher und Landverderblicher
Mißbrauch.
§. 293.Was nun ferner die Lernenden
betrifft, ſo hat man auf vieles zu ſehen, wo-
ferne man in einem Lande gute Kuͤnſte und
Wiſſenſchafften in Aufnehmen zu bringen
geſonnen iſt. Fuͤr allen Dingen hat man
davor zu ſorgen, daß niemand etwas zu ler-
nen
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