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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Arten des gemeinen Wesens.
§. 264.

Regierende Personen verhaltenRegieren-
de Perso-
nen ver-
halten
sich ge-
gen Un-
terthanen
wie Vä-
ter zu ih-
ren Rin-
dern.

sich zu Unterthanen wie Väter zu den Kin-
dern. Denn Vätern lieget ob, den Kin-
dern alle Mittel zu verschaffen, die sie zur
Beförderung der Vollkommenheit ihres in-
nern und äusseren Zustandes von nöthen ha-
ben, und ihnen ihre Handlungen zu Erhal-
tung dieser Absicht einzurichten (§. 82): hin-
gegen die Kinder sind verbunden zuthun und
zu lassen, was ihnen von den Eltern befoh-
len wird (§. 124), und also den Willen
der Eltern ihren Willen seyn zu lassen. O-
brigkeiten oder regierenden Personen lieget
ob, für die gemeine Wohlfahrt und Si-
cherheit zu forgen (§. 229), und demnach
alle dazu nöthige Mittel zu erdencken, wo-
durch der Unterthanen Wohlfahrt auf das
bequemeste befördert werden kan, auch ih-
nen ihre Handlungen dergestalt einzurichten,
wie es diese Absicht erfordert. Hingegen
die Unterthanen sind verbunden, dasjenige
zuthun und zu lassen, was sie dazu gut be-
findet (§. 232). Derowegen ist klar, daß
Obrigkeiten oder regierenden Personen eben
das in Ansehung ihrer Unterthanen oblie-
get, was Vätern in Ansehung ihrer Kin-
der: und sowohl Unterthanen, als Kinder
zum Gehorsam bereit und willig seyn sollen.
Und dannenhero werden auch regierende
Personen mit Recht Landes-Väter und
Väter des Vaterlandes genennet.

§. 265.
N 2
Arten des gemeinen Weſens.
§. 264.

Regierende Perſonen verhaltenRegieꝛen-
de Peꝛſo-
nen ver-
halten
ſich ge-
gen Un-
teꝛthanen
wie Vaͤ-
ter zu ih-
ren Rin-
dern.

ſich zu Unterthanen wie Vaͤter zu den Kin-
dern. Denn Vaͤtern lieget ob, den Kin-
dern alle Mittel zu verſchaffen, die ſie zur
Befoͤrderung der Vollkommenheit ihres in-
nern und aͤuſſeren Zuſtandes von noͤthen ha-
ben, und ihnen ihre Handlungen zu Erhal-
tung dieſer Abſicht einzurichten (§. 82): hin-
gegen die Kinder ſind verbunden zuthun und
zu laſſen, was ihnen von den Eltern befoh-
len wird (§. 124), und alſo den Willen
der Eltern ihren Willen ſeyn zu laſſen. O-
brigkeiten oder regierenden Perſonen lieget
ob, fuͤr die gemeine Wohlfahrt und Si-
cherheit zu forgen (§. 229), und demnach
alle dazu noͤthige Mittel zu erdencken, wo-
durch der Unterthanen Wohlfahrt auf das
bequemeſte befoͤrdert werden kan, auch ih-
nen ihre Handlungen dergeſtalt einzurichten,
wie es dieſe Abſicht erfordert. Hingegen
die Unterthanen ſind verbunden, dasjenige
zuthun und zu laſſen, was ſie dazu gut be-
findet (§. 232). Derowegen iſt klar, daß
Obrigkeiten oder regierenden Perſonen eben
das in Anſehung ihrer Unterthanen oblie-
get, was Vaͤtern in Anſehung ihrer Kin-
der: und ſowohl Unterthanen, als Kinder
zum Gehorſam bereit und willig ſeyn ſollen.
Und dannenhero werden auch regierende
Perſonen mit Recht Landes-Vaͤter und
Vaͤter des Vaterlandes genennet.

§. 265.
N 2
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[195/0213] Arten des gemeinen Weſens. §. 264.Regierende Perſonen verhalten ſich zu Unterthanen wie Vaͤter zu den Kin- dern. Denn Vaͤtern lieget ob, den Kin- dern alle Mittel zu verſchaffen, die ſie zur Befoͤrderung der Vollkommenheit ihres in- nern und aͤuſſeren Zuſtandes von noͤthen ha- ben, und ihnen ihre Handlungen zu Erhal- tung dieſer Abſicht einzurichten (§. 82): hin- gegen die Kinder ſind verbunden zuthun und zu laſſen, was ihnen von den Eltern befoh- len wird (§. 124), und alſo den Willen der Eltern ihren Willen ſeyn zu laſſen. O- brigkeiten oder regierenden Perſonen lieget ob, fuͤr die gemeine Wohlfahrt und Si- cherheit zu forgen (§. 229), und demnach alle dazu noͤthige Mittel zu erdencken, wo- durch der Unterthanen Wohlfahrt auf das bequemeſte befoͤrdert werden kan, auch ih- nen ihre Handlungen dergeſtalt einzurichten, wie es dieſe Abſicht erfordert. Hingegen die Unterthanen ſind verbunden, dasjenige zuthun und zu laſſen, was ſie dazu gut be- findet (§. 232). Derowegen iſt klar, daß Obrigkeiten oder regierenden Perſonen eben das in Anſehung ihrer Unterthanen oblie- get, was Vaͤtern in Anſehung ihrer Kin- der: und ſowohl Unterthanen, als Kinder zum Gehorſam bereit und willig ſeyn ſollen. Und dannenhero werden auch regierende Perſonen mit Recht Landes-Vaͤter und Vaͤter des Vaterlandes genennet. Regieꝛen- de Peꝛſo- nen ver- halten ſich ge- gen Un- teꝛthanen wie Vaͤ- ter zu ih- ren Rin- dern. §. 265. N 2

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/213>, abgerufen am 22.11.2024.