gutes ist und wieder geschickt anzubringen. Denn wenn etwas nicht in der Zusammen- stimmung mit anderen Dingen behalten wird, dabey es gut thut, so kan man Un- heil anrichten, wenn man es an dem un- rechten Orte nachthut.
§. 226.
Vielleicht wird einigen anstös-Einwurf wird be- antwor- antwor- tet- sig seyn, daß ich verlange, man sol bey Ein- richtung und Verwaltung des gemeinen Wesens auf seine Vollkommenheit sehen. Sie werden meinen, das vollkommene ge- meine Wesen sey eine Frucht der leeren Ein- bildung, und könne in der Welt nirgends statt finden: man habe aber die Sache so vorzustellen, wie sie möglich sind. Was helffen mich die Gedancken von einer Glück- seeligkeit, die man nicht erreichen kan: sie sind ein Traum, der einem nichts geweh- ret. Wenn wir auf diesen Einwurff or- dentlich antworten wollen, so haben wir zweyerley zn erwegen. Erstlich ist die Fra- ge, wenn man den Begriff von der Voll- kommenheit des gemeinen Wesens für et- was unmögliches ausgeben kan: darnach haben wir zu untersuchen, ob man deswe- gen nach einer an sich möglichen Vollkom- menheit nicht streben soll, weil man sie nicht erreichen kan. Wir wissen, daß das un- mögliche etwas wiedersprechendes in sich enthält (§. 12 Met.), das ist solche Din- ge, die neben einander zugleich nicht beste-
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gemeinen Weſen uͤberhaupt.
gutes iſt und wieder geſchickt anzubringen. Denn wenn etwas nicht in der Zuſammen- ſtimmung mit anderen Dingen behalten wird, dabey es gut thut, ſo kan man Un- heil anrichten, wenn man es an dem un- rechten Orte nachthut.
§. 226.
Vielleicht wird einigen anſtoͤſ-Einwurf wird be- antwor- antwor- tet- ſig ſeyn, daß ich verlange, man ſol bey Ein- richtung und Verwaltung des gemeinen Weſens auf ſeine Vollkommenheit ſehen. Sie werden meinen, das vollkommene ge- meine Weſen ſey eine Frucht der leeren Ein- bildung, und koͤnne in der Welt nirgends ſtatt finden: man habe aber die Sache ſo vorzuſtellen, wie ſie moͤglich ſind. Was helffen mich die Gedancken von einer Gluͤck- ſeeligkeit, die man nicht erreichen kan: ſie ſind ein Traum, der einem nichts geweh- ret. Wenn wir auf dieſen Einwurff or- dentlich antworten wollen, ſo haben wir zweyerley zn erwegen. Erſtlich iſt die Fra- ge, wenn man den Begriff von der Voll- kommenheit des gemeinen Weſens fuͤr et- was unmoͤgliches ausgeben kan: darnach haben wir zu unterſuchen, ob man deswe- gen nach einer an ſich moͤglichen Vollkom- menheit nicht ſtreben ſoll, weil man ſie nicht erreichen kan. Wir wiſſen, daß das un- moͤgliche etwas wiederſprechendes in ſich enthaͤlt (§. 12 Met.), das iſt ſolche Din- ge, die neben einander zugleich nicht beſte-
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gemeinen Weſen uͤberhaupt.
gutes iſt und wieder geſchickt anzubringen.
Denn wenn etwas nicht in der Zuſammen-
ſtimmung mit anderen Dingen behalten
wird, dabey es gut thut, ſo kan man Un-
heil anrichten, wenn man es an dem un-
rechten Orte nachthut.
§. 226.Vielleicht wird einigen anſtoͤſ-
ſig ſeyn, daß ich verlange, man ſol bey Ein-
richtung und Verwaltung des gemeinen
Weſens auf ſeine Vollkommenheit ſehen.
Sie werden meinen, das vollkommene ge-
meine Weſen ſey eine Frucht der leeren Ein-
bildung, und koͤnne in der Welt nirgends
ſtatt finden: man habe aber die Sache ſo
vorzuſtellen, wie ſie moͤglich ſind. Was
helffen mich die Gedancken von einer Gluͤck-
ſeeligkeit, die man nicht erreichen kan: ſie
ſind ein Traum, der einem nichts geweh-
ret. Wenn wir auf dieſen Einwurff or-
dentlich antworten wollen, ſo haben wir
zweyerley zn erwegen. Erſtlich iſt die Fra-
ge, wenn man den Begriff von der Voll-
kommenheit des gemeinen Weſens fuͤr et-
was unmoͤgliches ausgeben kan: darnach
haben wir zu unterſuchen, ob man deswe-
gen nach einer an ſich moͤglichen Vollkom-
menheit nicht ſtreben ſoll, weil man ſie nicht
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/181>, abgerufen am 22.11.2024.
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