Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Das 5. Capitel sie etwas thun oder lassen, was derselbenzuwieder läufft. Denn über dasjenige, darumb bald geredet wird, pfleget man e- her zu halten, als wo man nachsiehet, weil man daraus den Ernst des Haus-Vaters absiehet, und Furcht und Scheue für ihm behält. Nimmet man aber wahr, daß ein u. das anderemahl nachgesehen wird; so bil- det man sich ein, es werde ein anderes mahl auch nachgesehen werden. Und gleichwie in dem Falle, wo nicht über die Ord- nung strenge gehalten wird, eine schlimme Gewohnheit einreisset, der nach diesem schweer ist abzuhelffen (§. 384 Mor.); so wird hingegen in dem anderen Falle, da man ü- ber die einmahl gemachte Ordnung steiff und feste hält, eine gute Gewohnheit ein- geführet, welche zu ihrer Erhaltung dien- lich ist. Man erkennet aber aus dem, was kurtz vorher mit berühret worden (§. 200), daß man wichtige Ursachen hat, warumb man über der Ordnung hält. Denn da alle Handlungen derer Personen, die im Hause mit einander leben, dergestalt mit einander verknüpfft sind, daß immer eine aus der andern erfolget; so kan auch von keinem Theile wieder die von dem Haus- Vater gemachte Einrichtungen gehandelt werden, daß nicht zugleich daraus viel ver- änderliches in den Handlungen der übrigen erfolgete. Wer überhaupt die Verknüpf- fung
Das 5. Capitel ſie etwas thun oder laſſen, was derſelbenzuwieder laͤufft. Denn uͤber dasjenige, darumb bald geredet wird, pfleget man e- her zu halten, als wo man nachſiehet, weil man daraus den Ernſt des Haus-Vaters abſiehet, und Furcht und Scheue fuͤr ihm behaͤlt. Nimmet man aber wahr, daß ein u. das anderemahl nachgeſehen wird; ſo bil- det man ſich ein, es werde ein anderes mahl auch nachgeſehen werden. Und gleichwie in dem Falle, wo nicht uͤber die Ord- nung ſtrenge gehalten wird, eine ſchlimme Gewohnheit einreiſſet, der nach dieſem ſchweer iſt abzuhelffen (§. 384 Mor.); ſo wird hingegen in dem anderen Falle, da man uͤ- ber die einmahl gemachte Ordnung ſteiff und feſte haͤlt, eine gute Gewohnheit ein- gefuͤhret, welche zu ihrer Erhaltung dien- lich iſt. Man erkennet aber aus dem, was kurtz vorher mit beruͤhret worden (§. 200), daß man wichtige Urſachen hat, warumb man uͤber der Ordnung haͤlt. Denn da alle Handlungen derer Perſonen, die im Hauſe mit einander leben, dergeſtalt mit einander verknuͤpfft ſind, daß immer eine aus der andern erfolget; ſo kan auch von keinem Theile wieder die von dem Haus- Vater gemachte Einrichtungen gehandelt werden, daß nicht zugleich daraus viel ver- aͤnderliches in den Handlungen der uͤbrigen erfolgete. Wer uͤberhaupt die Verknuͤpf- fung
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Das 5. Capitel
ſie etwas thun oder laſſen, was derſelben
zuwieder laͤufft. Denn uͤber dasjenige,
darumb bald geredet wird, pfleget man e-
her zu halten, als wo man nachſiehet, weil
man daraus den Ernſt des Haus-Vaters
abſiehet, und Furcht und Scheue fuͤr ihm
behaͤlt. Nimmet man aber wahr, daß ein
u. das anderemahl nachgeſehen wird; ſo bil-
det man ſich ein, es werde ein anderes mahl
auch nachgeſehen werden. Und gleichwie
in dem Falle, wo nicht uͤber die Ord-
nung ſtrenge gehalten wird, eine ſchlimme
Gewohnheit einreiſſet, der nach dieſem
ſchweer iſt abzuhelffen (§. 384 Mor.); ſo wird
hingegen in dem anderen Falle, da man uͤ-
ber die einmahl gemachte Ordnung ſteiff
und feſte haͤlt, eine gute Gewohnheit ein-
gefuͤhret, welche zu ihrer Erhaltung dien-
lich iſt. Man erkennet aber aus dem, was
kurtz vorher mit beruͤhret worden (§. 200),
daß man wichtige Urſachen hat, warumb
man uͤber der Ordnung haͤlt. Denn da
alle Handlungen derer Perſonen, die im
Hauſe mit einander leben, dergeſtalt mit
einander verknuͤpfft ſind, daß immer eine
aus der andern erfolget; ſo kan auch von
keinem Theile wieder die von dem Haus-
Vater gemachte Einrichtungen gehandelt
werden, daß nicht zugleich daraus viel ver-
aͤnderliches in den Handlungen der uͤbrigen
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