die Herrschafft aufrichtig liebet, so wird es auch nicht bloß eine knechtische (§. 705 Mor.), sondern noch über dieses eine kindliche Furcht für ihr haben, und daher aus Liebe zum Gehorsam und zur Willigkeit geleitet wer- den (§. 694 Mor. & §. 167 Polit.), folgends auch sich für ihr scheuen (§. 132).
Wie das Gesinde der Herr- schafft Bestes zu suchen.
§. 182.
Aus eben der Ursache, warum die Herrschafft für des Gesindes Wohl- fahrt zu sorgen hat (§. 179), lieget auch dem Gesinde ob das Beste der Herrschafft ausser der Verrichtung ihrer Dienste in al- lem zu befördern, wo es ihnen möglich ist, und daher allen Schaden, so viel an ihnen ist, abzuwenden, hingegen aber auch al- len Vortheil zuzuwenden. Und wäre es unrecht, wenn ein Gesinde einem Fremden einen Dienst erweisen wolte, den er seiner Herrschafft leisten kan (§. 13). Ein Ge- sinde nutzet sich dadurch auch selbst, indem es nicht allein die Liebe seiner Herrschafft, sondern auch Gewogenheit anderer Men- schen gewinnet (§. 449. 471 Met.): von beyden aber hat es sich hülffreiche Hand- leistung zu versprechen, wenn es Gelegen- heit giebet sein Glück zu befördern.
Nicht a- ber ihren Schaden.
§. 183.
Hieraus erhellet zugleich, daß es unrecht ist, wenn das Gesinde der Herr- schafft Vortheil verabsäumet, es mag ent- weder aus Unachtsamkeit oder Nachläßig- keit, oder auch aus Boßheit geschehen;
noch
Das 4. Capitel Von der
die Herrſchafft aufrichtig liebet, ſo wird es auch nicht bloß eine knechtiſche (§. 705 Mor.), ſondern noch uͤber dieſes eine kindliche Furcht fuͤr ihr haben, und daher aus Liebe zum Gehorſam und zur Willigkeit geleitet wer- den (§. 694 Mor. & §. 167 Polit.), folgends auch ſich fuͤr ihr ſcheuen (§. 132).
Wie das Geſinde deꝛ Herr- ſchafft Beſtes zu ſuchen.
§. 182.
Aus eben der Urſache, warum die Herrſchafft fuͤr des Geſindes Wohl- fahrt zu ſorgen hat (§. 179), lieget auch dem Geſinde ob das Beſte der Herrſchafft auſſer der Verrichtung ihrer Dienſte in al- lem zu befoͤrdern, wo es ihnen moͤglich iſt, und daher allen Schaden, ſo viel an ihnen iſt, abzuwenden, hingegen aber auch al- len Vortheil zuzuwenden. Und waͤre es unrecht, wenn ein Geſinde einem Fremden einen Dienſt erweiſen wolte, den er ſeiner Herrſchafft leiſten kan (§. 13). Ein Ge- ſinde nutzet ſich dadurch auch ſelbſt, indem es nicht allein die Liebe ſeiner Herrſchafft, ſondern auch Gewogenheit anderer Men- ſchen gewinnet (§. 449. 471 Met.): von beyden aber hat es ſich huͤlffreiche Hand- leiſtung zu verſprechen, wenn es Gelegen- heit giebet ſein Gluͤck zu befoͤrdern.
Nicht a- ber ihren Schaden.
§. 183.
Hieraus erhellet zugleich, daß es unrecht iſt, wenn das Geſinde der Herr- ſchafft Vortheil verabſaͤumet, es mag ent- weder aus Unachtſamkeit oder Nachlaͤßig- keit, oder auch aus Boßheit geſchehen;
noch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0144"n="126"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Das 4. Capitel Von der</hi></fw><lb/>
die Herrſchafft aufrichtig liebet, ſo wird es<lb/>
auch nicht bloß eine knechtiſche (§. 705 <hirendition="#aq">Mor.</hi>),<lb/>ſondern noch uͤber dieſes eine kindliche Furcht<lb/>
fuͤr ihr haben, und daher aus Liebe zum<lb/>
Gehorſam und zur Willigkeit geleitet wer-<lb/>
den (§. 694 <hirendition="#aq">Mor. & §. 167 Polit.</hi>), folgends<lb/>
auch ſich fuͤr ihr ſcheuen (§. 132).</p><lb/><noteplace="left">Wie das<lb/>
Geſinde<lb/>
deꝛ Herr-<lb/>ſchafft<lb/>
Beſtes zu<lb/>ſuchen.</note></div><lb/><divn="4"><head>§. 182.</head><p>Aus eben der Urſache, warum<lb/>
die Herrſchafft fuͤr des Geſindes Wohl-<lb/>
fahrt zu ſorgen hat (§. 179), lieget auch<lb/>
dem Geſinde ob das Beſte der Herrſchafft<lb/>
auſſer der Verrichtung ihrer Dienſte in al-<lb/>
lem zu befoͤrdern, wo es ihnen moͤglich iſt,<lb/>
und daher allen Schaden, ſo viel an ihnen<lb/>
iſt, abzuwenden, hingegen aber auch al-<lb/>
len Vortheil zuzuwenden. Und waͤre es<lb/>
unrecht, wenn ein Geſinde einem Fremden<lb/>
einen Dienſt erweiſen wolte, den er ſeiner<lb/>
Herrſchafft leiſten kan (§. 13). Ein Ge-<lb/>ſinde nutzet ſich dadurch auch ſelbſt, indem<lb/>
es nicht allein die Liebe ſeiner Herrſchafft,<lb/>ſondern auch Gewogenheit anderer Men-<lb/>ſchen gewinnet (§. 449. 471 <hirendition="#aq">Met.</hi>): von<lb/>
beyden aber hat es ſich huͤlffreiche Hand-<lb/>
leiſtung zu verſprechen, wenn es Gelegen-<lb/>
heit giebet ſein Gluͤck zu befoͤrdern.</p><lb/><noteplace="left">Nicht a-<lb/>
ber ihren<lb/>
Schaden.</note></div><lb/><divn="4"><head>§. 183.</head><p>Hieraus erhellet zugleich, daß<lb/>
es unrecht iſt, wenn das Geſinde der Herr-<lb/>ſchafft Vortheil verabſaͤumet, es mag ent-<lb/>
weder aus Unachtſamkeit oder Nachlaͤßig-<lb/>
keit, oder auch aus Boßheit geſchehen;<lb/><fwplace="bottom"type="catch">noch</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[126/0144]
Das 4. Capitel Von der
die Herrſchafft aufrichtig liebet, ſo wird es
auch nicht bloß eine knechtiſche (§. 705 Mor.),
ſondern noch uͤber dieſes eine kindliche Furcht
fuͤr ihr haben, und daher aus Liebe zum
Gehorſam und zur Willigkeit geleitet wer-
den (§. 694 Mor. & §. 167 Polit.), folgends
auch ſich fuͤr ihr ſcheuen (§. 132).
§. 182.Aus eben der Urſache, warum
die Herrſchafft fuͤr des Geſindes Wohl-
fahrt zu ſorgen hat (§. 179), lieget auch
dem Geſinde ob das Beſte der Herrſchafft
auſſer der Verrichtung ihrer Dienſte in al-
lem zu befoͤrdern, wo es ihnen moͤglich iſt,
und daher allen Schaden, ſo viel an ihnen
iſt, abzuwenden, hingegen aber auch al-
len Vortheil zuzuwenden. Und waͤre es
unrecht, wenn ein Geſinde einem Fremden
einen Dienſt erweiſen wolte, den er ſeiner
Herrſchafft leiſten kan (§. 13). Ein Ge-
ſinde nutzet ſich dadurch auch ſelbſt, indem
es nicht allein die Liebe ſeiner Herrſchafft,
ſondern auch Gewogenheit anderer Men-
ſchen gewinnet (§. 449. 471 Met.): von
beyden aber hat es ſich huͤlffreiche Hand-
leiſtung zu verſprechen, wenn es Gelegen-
heit giebet ſein Gluͤck zu befoͤrdern.
§. 183.Hieraus erhellet zugleich, daß
es unrecht iſt, wenn das Geſinde der Herr-
ſchafft Vortheil verabſaͤumet, es mag ent-
weder aus Unachtſamkeit oder Nachlaͤßig-
keit, oder auch aus Boßheit geſchehen;
noch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/144>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.