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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Das 4. Capitel Von der
die Herrschafft aufrichtig liebet, so wird es
auch nicht bloß eine knechtische (§. 705 Mor.),
sondern noch über dieses eine kindliche Furcht
für ihr haben, und daher aus Liebe zum
Gehorsam und zur Willigkeit geleitet wer-
den (§. 694 Mor. & §. 167 Polit.), folgends
auch sich für ihr scheuen (§. 132).

Wie das
Gesinde
der Herr-
schafft
Bestes zu
suchen.
§. 182.

Aus eben der Ursache, warum
die Herrschafft für des Gesindes Wohl-
fahrt zu sorgen hat (§. 179), lieget auch
dem Gesinde ob das Beste der Herrschafft
ausser der Verrichtung ihrer Dienste in al-
lem zu befördern, wo es ihnen möglich ist,
und daher allen Schaden, so viel an ihnen
ist, abzuwenden, hingegen aber auch al-
len Vortheil zuzuwenden. Und wäre es
unrecht, wenn ein Gesinde einem Fremden
einen Dienst erweisen wolte, den er seiner
Herrschafft leisten kan (§. 13). Ein Ge-
sinde nutzet sich dadurch auch selbst, indem
es nicht allein die Liebe seiner Herrschafft,
sondern auch Gewogenheit anderer Men-
schen gewinnet (§. 449. 471 Met.): von
beyden aber hat es sich hülffreiche Hand-
leistung zu versprechen, wenn es Gelegen-
heit giebet sein Glück zu befördern.

Nicht a-
ber ihren
Schaden.
§. 183.

Hieraus erhellet zugleich, daß
es unrecht ist, wenn das Gesinde der Herr-
schafft Vortheil verabsäumet, es mag ent-
weder aus Unachtsamkeit oder Nachläßig-
keit, oder auch aus Boßheit geschehen;

noch

Das 4. Capitel Von der
die Herrſchafft aufrichtig liebet, ſo wird es
auch nicht bloß eine knechtiſche (§. 705 Mor.),
ſondern noch uͤber dieſes eine kindliche Furcht
fuͤr ihr haben, und daher aus Liebe zum
Gehorſam und zur Willigkeit geleitet wer-
den (§. 694 Mor. & §. 167 Polit.), folgends
auch ſich fuͤr ihr ſcheuen (§. 132).

Wie das
Geſinde
deꝛ Herr-
ſchafft
Beſtes zu
ſuchen.
§. 182.

Aus eben der Urſache, warum
die Herrſchafft fuͤr des Geſindes Wohl-
fahrt zu ſorgen hat (§. 179), lieget auch
dem Geſinde ob das Beſte der Herrſchafft
auſſer der Verrichtung ihrer Dienſte in al-
lem zu befoͤrdern, wo es ihnen moͤglich iſt,
und daher allen Schaden, ſo viel an ihnen
iſt, abzuwenden, hingegen aber auch al-
len Vortheil zuzuwenden. Und waͤre es
unrecht, wenn ein Geſinde einem Fremden
einen Dienſt erweiſen wolte, den er ſeiner
Herrſchafft leiſten kan (§. 13). Ein Ge-
ſinde nutzet ſich dadurch auch ſelbſt, indem
es nicht allein die Liebe ſeiner Herrſchafft,
ſondern auch Gewogenheit anderer Men-
ſchen gewinnet (§. 449. 471 Met.): von
beyden aber hat es ſich huͤlffreiche Hand-
leiſtung zu verſprechen, wenn es Gelegen-
heit giebet ſein Gluͤck zu befoͤrdern.

Nicht a-
ber ihren
Schaden.
§. 183.

Hieraus erhellet zugleich, daß
es unrecht iſt, wenn das Geſinde der Herr-
ſchafft Vortheil verabſaͤumet, es mag ent-
weder aus Unachtſamkeit oder Nachlaͤßig-
keit, oder auch aus Boßheit geſchehen;

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[126/0144] Das 4. Capitel Von der die Herrſchafft aufrichtig liebet, ſo wird es auch nicht bloß eine knechtiſche (§. 705 Mor.), ſondern noch uͤber dieſes eine kindliche Furcht fuͤr ihr haben, und daher aus Liebe zum Gehorſam und zur Willigkeit geleitet wer- den (§. 694 Mor. & §. 167 Polit.), folgends auch ſich fuͤr ihr ſcheuen (§. 132). §. 182.Aus eben der Urſache, warum die Herrſchafft fuͤr des Geſindes Wohl- fahrt zu ſorgen hat (§. 179), lieget auch dem Geſinde ob das Beſte der Herrſchafft auſſer der Verrichtung ihrer Dienſte in al- lem zu befoͤrdern, wo es ihnen moͤglich iſt, und daher allen Schaden, ſo viel an ihnen iſt, abzuwenden, hingegen aber auch al- len Vortheil zuzuwenden. Und waͤre es unrecht, wenn ein Geſinde einem Fremden einen Dienſt erweiſen wolte, den er ſeiner Herrſchafft leiſten kan (§. 13). Ein Ge- ſinde nutzet ſich dadurch auch ſelbſt, indem es nicht allein die Liebe ſeiner Herrſchafft, ſondern auch Gewogenheit anderer Men- ſchen gewinnet (§. 449. 471 Met.): von beyden aber hat es ſich huͤlffreiche Hand- leiſtung zu verſprechen, wenn es Gelegen- heit giebet ſein Gluͤck zu befoͤrdern. §. 183.Hieraus erhellet zugleich, daß es unrecht iſt, wenn das Geſinde der Herr- ſchafft Vortheil verabſaͤumet, es mag ent- weder aus Unachtſamkeit oder Nachlaͤßig- keit, oder auch aus Boßheit geſchehen; noch

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/144>, abgerufen am 22.11.2024.