Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824.liche Gewißheit ist bei weiten nicht so peinigend, als marternde Ungewißheit. Nun, rief Gevatter Tod, wenn ihr denn durch- Jst das die Fassung, rief Gevatter Tod, die ihr Zürnt nicht, mein großmüthiger Herr Gevatter! E
liche Gewißheit iſt bei weiten nicht ſo peinigend, als marternde Ungewißheit. Nun, rief Gevatter Tod, wenn ihr denn durch- Jſt das die Faſſung, rief Gevatter Tod, die ihr Zürnt nicht, mein großmüthiger Herr Gevatter! E
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0081" n="65"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> liche Gewißheit iſt bei weiten nicht ſo peinigend,<lb/> als marternde Ungewißheit.</p><lb/> <p>Nun, rief Gevatter Tod, wenn ihr denn durch-<lb/> aus nicht anders wollt, ſo geſchehe euer Wille; er<lb/> gab hier ein Zeichen mit der Hand, ein Lämpchen<lb/> trat aus der zahlloſen Menge hervor, und — unſer<lb/> Neugierige ſank in Ohnmacht, denn die Lampe war<lb/> nahe an der Neige.</p><lb/> <p>Jſt das die Faſſung, rief Gevatter Tod, die ihr<lb/> mir verſprochen habt? Glaubt aber nicht, daß mich<lb/> dieß im geringſten überraſcht; ich habe es oft erfah-<lb/> ren und erfahre es noch täglich, daß gerade die,<lb/> welche ſich ſo gleichgültig ſtellen, und mit ihrer<lb/> Faſſung prahlen, daß gerade die es ſind, welche<lb/> im letzten Augenblick ſich gar ſehr widerſprechen, und<lb/> daß der Menſch da erſt recht in ihnen auflebt, wo<lb/> er aufhören ſollte.</p><lb/> <p>Zürnt nicht, mein großmüthiger Herr Gevatter!<lb/> begann der Arme, der ſich indeſſen wieder erholt<lb/> hatte. Jhr würdet es mir gewiß keinen Augenblick<lb/> verargen, wenn ihr mich bei der Entdeckung, daß<lb/> meines Lebens Ziel ſo nahe iſt, erſchrecken ſahet,<lb/> wenn ihr wüßtet, wie viel Gutes zu thun ich mir<lb/> noch vorgenommen habe, ehe ich von dannen gehe,<lb/> wie viel Gelübde ich noch zu löſen habe. Alles die-<lb/> ſes habe ich nur darum aufgeſchoben, weil ich das<lb/> Ende meines Lebens noch für weit entfernt hielt.<lb/> <fw place="bottom" type="sig">E</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [65/0081]
liche Gewißheit iſt bei weiten nicht ſo peinigend,
als marternde Ungewißheit.
Nun, rief Gevatter Tod, wenn ihr denn durch-
aus nicht anders wollt, ſo geſchehe euer Wille; er
gab hier ein Zeichen mit der Hand, ein Lämpchen
trat aus der zahlloſen Menge hervor, und — unſer
Neugierige ſank in Ohnmacht, denn die Lampe war
nahe an der Neige.
Jſt das die Faſſung, rief Gevatter Tod, die ihr
mir verſprochen habt? Glaubt aber nicht, daß mich
dieß im geringſten überraſcht; ich habe es oft erfah-
ren und erfahre es noch täglich, daß gerade die,
welche ſich ſo gleichgültig ſtellen, und mit ihrer
Faſſung prahlen, daß gerade die es ſind, welche
im letzten Augenblick ſich gar ſehr widerſprechen, und
daß der Menſch da erſt recht in ihnen auflebt, wo
er aufhören ſollte.
Zürnt nicht, mein großmüthiger Herr Gevatter!
begann der Arme, der ſich indeſſen wieder erholt
hatte. Jhr würdet es mir gewiß keinen Augenblick
verargen, wenn ihr mich bei der Entdeckung, daß
meines Lebens Ziel ſo nahe iſt, erſchrecken ſahet,
wenn ihr wüßtet, wie viel Gutes zu thun ich mir
noch vorgenommen habe, ehe ich von dannen gehe,
wie viel Gelübde ich noch zu löſen habe. Alles die-
ſes habe ich nur darum aufgeſchoben, weil ich das
Ende meines Lebens noch für weit entfernt hielt.
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Zitationshilfe: | Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824/81>, abgerufen am 16.02.2025. |