Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wiessenschaften. Bd. 3. Halle (Saale), 1710.Vorrede. weil sie bey den sinnlichen Empfindungender Cörper bleiben und wahrnehmen/ daß sie in ihren Gedancken irre werden und nicht wissen/ wo sie hin wollen/ wenn sie selbige überdencken. Allein auch die Astronomie allein kan euch überführen daß ihr ein Ver- mögen habet das/ was möglich ist/ zu geden- cken und ihr durch dieses Vermögen die ver- borgenste Dinge in der Natur ergründen könnet. Dieses ist der Verstand des Men- schen/ welcher die Welt gantz anders als die Sinnen vorstellet und durch welchen man allein zu der wahren Welt-Weißheit gelanget. Damit ihr in der That erfahret/ daß ich die Wahrheit geredet; habe ich die Astronomie so abhandeln müssen/ wie es die- se Absichten erfordern. Derowegen wer- det ihr mir es zu gute halten/ wenn ich Din- ge mit einmische/ die vielleicht den Anfän- gern/ oder vielmehr den ungedultigen zu hoch sind. Und weil Copernicus in den neue- ren Zeiten zu erst zu einer tüchtigen Erkänt- nis den Weg gebähnet/ Keplerus aber der erste ist/ durch welchen uns GOtt die wah- ren Gesetze der Bewegungen in dem Welt- Gebäude zu offenbahren angefangen; so werde ich auch die unnützen Einbildungen der Alten fahren lassen/ und mich mit der Wahrheit nach dem rühmlichen Exempel der heutigen Astronomorum allein vergnü- gen. Vorrede. weil ſie bey den ſinnlichen Empfindungender Coͤrper bleiben und wahrnehmen/ daß ſie in ihren Gedancken irre werden und nicht wiſſen/ wo ſie hin wollen/ wenn ſie ſelbige uͤberdencken. Allein auch die Aſtronomie allein kan euch uͤberfuͤhren daß ihr ein Ver- moͤgen habet das/ was moͤglich iſt/ zu geden- cken und ihr durch dieſes Vermoͤgen die ver- borgenſte Dinge in der Natur ergruͤnden koͤnnet. Dieſes iſt der Verſtand des Men- ſchen/ welcher die Welt gantz anders als die Sinnen vorſtellet und durch welchen man allein zu der wahren Welt-Weißheit gelanget. Damit ihr in der That erfahret/ daß ich die Wahrheit geredet; habe ich die Aſtronomie ſo abhandeln muͤſſen/ wie es die- ſe Abſichten erfordern. Derowegen wer- det ihr mir es zu gute halten/ wenn ich Din- ge mit einmiſche/ die vielleicht den Anfaͤn- gern/ oder vielmehr den ungedultigen zu hoch ſind. Und weil Copernicus in den neue- ren Zeiten zu erſt zu einer tuͤchtigen Erkaͤnt- nis den Weg gebaͤhnet/ Keplerus aber der erſte iſt/ durch welchen uns GOtt die wah- ren Geſetze der Bewegungen in dem Welt- Gebaͤude zu offenbahren angefangen; ſo werde ich auch die unnuͤtzen Einbildungen der Alten fahren laſſen/ und mich mit der Wahrheit nach dem ruͤhmlichen Exempel der heutigen Aſtronomorum allein vergnuͤ- gen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0184" n="160"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/> weil ſie bey den ſinnlichen Empfindungen<lb/> der Coͤrper bleiben und wahrnehmen/ daß<lb/> ſie in ihren Gedancken irre werden und nicht<lb/> wiſſen/ wo ſie hin wollen/ wenn ſie ſelbige<lb/> uͤberdencken. Allein auch die Aſtronomie<lb/> allein kan euch uͤberfuͤhren daß ihr ein Ver-<lb/> moͤgen habet das/ was moͤglich iſt/ zu geden-<lb/> cken und ihr durch dieſes Vermoͤgen die ver-<lb/> borgenſte Dinge in der Natur ergruͤnden<lb/> koͤnnet. Dieſes iſt der Verſtand des Men-<lb/> ſchen/ welcher die Welt gantz anders als<lb/> die Sinnen vorſtellet und durch welchen<lb/> man allein zu der wahren Welt-Weißheit<lb/> gelanget. Damit ihr in der That erfahret/<lb/> daß ich die Wahrheit geredet; habe ich die<lb/> Aſtronomie ſo abhandeln muͤſſen/ wie es die-<lb/> ſe Abſichten erfordern. Derowegen wer-<lb/> det ihr mir es zu gute halten/ wenn ich Din-<lb/> ge mit einmiſche/ die vielleicht den Anfaͤn-<lb/> gern/ oder vielmehr den ungedultigen zu hoch<lb/> ſind. Und weil <hi rendition="#aq">Copernicus</hi> in den neue-<lb/> ren Zeiten zu erſt zu einer tuͤchtigen Erkaͤnt-<lb/> nis den Weg gebaͤhnet/ <hi rendition="#aq">Keplerus</hi> aber der<lb/> erſte iſt/ durch welchen uns GOtt die wah-<lb/> ren Geſetze der Bewegungen in dem Welt-<lb/> Gebaͤude zu offenbahren angefangen; ſo<lb/> werde ich auch die unnuͤtzen Einbildungen<lb/> der Alten fahren laſſen/ und mich mit der<lb/> Wahrheit nach dem ruͤhmlichen Exempel<lb/> der heutigen <hi rendition="#aq">Aſtronomorum</hi> allein vergnuͤ-<lb/> gen.</p> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [160/0184]
Vorrede.
weil ſie bey den ſinnlichen Empfindungen
der Coͤrper bleiben und wahrnehmen/ daß
ſie in ihren Gedancken irre werden und nicht
wiſſen/ wo ſie hin wollen/ wenn ſie ſelbige
uͤberdencken. Allein auch die Aſtronomie
allein kan euch uͤberfuͤhren daß ihr ein Ver-
moͤgen habet das/ was moͤglich iſt/ zu geden-
cken und ihr durch dieſes Vermoͤgen die ver-
borgenſte Dinge in der Natur ergruͤnden
koͤnnet. Dieſes iſt der Verſtand des Men-
ſchen/ welcher die Welt gantz anders als
die Sinnen vorſtellet und durch welchen
man allein zu der wahren Welt-Weißheit
gelanget. Damit ihr in der That erfahret/
daß ich die Wahrheit geredet; habe ich die
Aſtronomie ſo abhandeln muͤſſen/ wie es die-
ſe Abſichten erfordern. Derowegen wer-
det ihr mir es zu gute halten/ wenn ich Din-
ge mit einmiſche/ die vielleicht den Anfaͤn-
gern/ oder vielmehr den ungedultigen zu hoch
ſind. Und weil Copernicus in den neue-
ren Zeiten zu erſt zu einer tuͤchtigen Erkaͤnt-
nis den Weg gebaͤhnet/ Keplerus aber der
erſte iſt/ durch welchen uns GOtt die wah-
ren Geſetze der Bewegungen in dem Welt-
Gebaͤude zu offenbahren angefangen; ſo
werde ich auch die unnuͤtzen Einbildungen
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Wahrheit nach dem ruͤhmlichen Exempel
der heutigen Aſtronomorum allein vergnuͤ-
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