Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wiessenschaften. Bd. 2. Halle (Saale), 1710.

Bild:
<< vorherige Seite

Anfangs-Gründe
ziehet/ von der Wärme aus einander getrie-
ben wird; so werdet ihr aus diesem Jnstru-
mente schliessen können/ daß die Kälte zuneh-
me/ wenn der Spiritus in der Röhre fället;
hingegen daß es warm werde/ wenn der Spi-
ritus
in der Röhre steiget. Derowegen ist
es ein Wetterglaß/ darinnen ihr die Verän-
derungen der Wärme und Kälte in der Luft
wahrnehmen könnet. W. Z. E.

Die 1. Anmerckung.

60. Wenn der Spiritus tief fället/ so könnet ihr
zwar schliessen/ daß es sehr kalt wird/ und/ wenn er
hoch steiget/ daß es sehr warm wird: allein ihr könnet
doch nicht wiessen/ wie viel mal Z. E. der Grad der
heutigen Wärme in dem Grade der Wärme eines an-
deren Tages enthalten sey. Und demnach ist dieses
Weiterglaß kein Jnstrument/ dadurch ihr die Wär-
me abmeßen könnet (§. 2).

Die 3. Anmerckung.

61. Unerachtet aber die Veränderungen in dem-
selben sehr empfindlich sind/ zumal wenn die Röhre
subtil ist/ so daß der Spiritus mercklich steiget/ wenn
ihr die Kugel nur in die Hand nehmet und bald wiede-
rumb fället/ wenn ihr sie aus der Hand weg thut; so
werdet ihr doch befinden/ daß wenn bey recht kalten
Winter-Tagen der Spiritus einmal tief gefallen/ er
nicht bald wieder steigen kan/ sondern noch tief stehen
bleibet/ wenn die Kälte schon ziemlich nachgelaßen. Jch
muthmaße/ daß es daher komme. Man weiß aus der
Erfahrung; wenn es kan wird/ so gehet viel Luft aus
den flüßigen Materien: welches ihr aus den Blasen
wahrnehmen könnet/ die umb selbige Zeit sich an die
innere Fläche des Glases anhängen/ darein ihr Was-
ser gegoßen. Dannenhero darf man wol nicht zwei-
seln/ daß auch bey heftiger Kälte aus dem Spiritu Vi-

ni

Anfangs-Gruͤnde
ziehet/ von der Waͤrme aus einander getrie-
ben wird; ſo werdet ihr aus dieſem Jnſtru-
mente ſchlieſſen koͤnnen/ daß die Kaͤlte zuneh-
me/ wenn der Spiritus in der Roͤhre faͤllet;
hingegen daß es warm werde/ wenn der Spi-
ritus
in der Roͤhre ſteiget. Derowegen iſt
es ein Wetterglaß/ darinnen ihr die Veraͤn-
derungen der Waͤrme und Kaͤlte in der Luft
wahrnehmen koͤnnet. W. Z. E.

Die 1. Anmerckung.

60. Wenn der Spiritus tief faͤllet/ ſo koͤnnet ihr
zwar ſchlieſſen/ daß es ſehr kalt wird/ und/ wenn er
hoch ſteiget/ daß es ſehr warm wird: allein ihr koͤnnet
doch nicht wieſſen/ wie viel mal Z. E. der Grad der
heutigen Waͤrme in dem Grade der Waͤrme eines an-
deren Tages enthalten ſey. Und demnach iſt dieſes
Weiterglaß kein Jnſtrument/ dadurch ihr die Waͤr-
me abmeßen koͤnnet (§. 2).

Die 3. Anmerckung.

61. Unerachtet aber die Veraͤnderungen in dem-
ſelben ſehr empfindlich ſind/ zumal wenn die Roͤhre
ſubtil iſt/ ſo daß der Spiritus mercklich ſteiget/ wenn
ihr die Kugel nur in die Hand nehmet und bald wiede-
rumb faͤllet/ wenn ihr ſie aus der Hand weg thut; ſo
werdet ihr doch befinden/ daß wenn bey recht kalten
Winter-Tagen der Spiritus einmal tief gefallen/ er
nicht bald wieder ſteigen kan/ ſondern noch tief ſtehen
bleibet/ wenn die Kaͤlte ſchon ziemlich nachgelaßen. Jch
muthmaße/ daß es daher komme. Man weiß aus der
Erfahrung; wenn es kan wird/ ſo gehet viel Luft aus
den fluͤßigen Materien: welches ihr aus den Blaſen
wahrnehmen koͤnnet/ die umb ſelbige Zeit ſich an die
innere Flaͤche des Glaſes anhaͤngen/ darein ihr Waſ-
ſer gegoßen. Dannenhero darf man wol nicht zwei-
ſeln/ daß auch bey heftiger Kaͤlte aus dem Spiritu Vi-

ni
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0438" n="406"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anfangs-Gru&#x0364;nde</hi></fw><lb/>
ziehet/ von der Wa&#x0364;rme aus einander getrie-<lb/>
ben wird; &#x017F;o werdet ihr aus die&#x017F;em Jn&#x017F;tru-<lb/>
mente &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen/ daß die Ka&#x0364;lte zuneh-<lb/>
me/ wenn der <hi rendition="#aq">Spiritus</hi> in der Ro&#x0364;hre fa&#x0364;llet;<lb/>
hingegen daß es warm werde/ wenn der <hi rendition="#aq">Spi-<lb/>
ritus</hi> in der Ro&#x0364;hre &#x017F;teiget. Derowegen i&#x017F;t<lb/>
es ein Wetterglaß/ darinnen ihr die Vera&#x0364;n-<lb/>
derungen der Wa&#x0364;rme und Ka&#x0364;lte in der Luft<lb/>
wahrnehmen ko&#x0364;nnet. W. Z. E.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Die 1. Anmerckung.</hi> </head><lb/>
            <p>60. Wenn der <hi rendition="#aq">Spiritus</hi> tief fa&#x0364;llet/ &#x017F;o ko&#x0364;nnet ihr<lb/>
zwar &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en/ daß es &#x017F;ehr kalt wird/ und/ wenn er<lb/>
hoch &#x017F;teiget/ daß es &#x017F;ehr warm wird: allein ihr ko&#x0364;nnet<lb/>
doch nicht wie&#x017F;&#x017F;en/ wie viel mal Z. E. der Grad der<lb/>
heutigen Wa&#x0364;rme in dem Grade der Wa&#x0364;rme eines an-<lb/>
deren Tages enthalten &#x017F;ey. Und demnach i&#x017F;t die&#x017F;es<lb/>
Weiterglaß kein Jn&#x017F;trument/ dadurch ihr die Wa&#x0364;r-<lb/>
me abmeßen ko&#x0364;nnet (§. 2).</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Die 3. Anmerckung.</hi> </head><lb/>
            <p>61. Unerachtet aber die Vera&#x0364;nderungen in dem-<lb/>
&#x017F;elben &#x017F;ehr empfindlich &#x017F;ind/ zumal wenn die Ro&#x0364;hre<lb/>
&#x017F;ubtil i&#x017F;t/ &#x017F;o daß der <hi rendition="#aq">Spiritus</hi> mercklich &#x017F;teiget/ wenn<lb/>
ihr die Kugel nur in die Hand nehmet und bald wiede-<lb/>
rumb fa&#x0364;llet/ wenn ihr &#x017F;ie aus der Hand weg thut; &#x017F;o<lb/>
werdet ihr doch befinden/ daß wenn bey recht kalten<lb/>
Winter-Tagen der <hi rendition="#aq">Spiritus</hi> einmal tief gefallen/ er<lb/>
nicht bald wieder &#x017F;teigen kan/ &#x017F;ondern noch tief &#x017F;tehen<lb/>
bleibet/ wenn die Ka&#x0364;lte &#x017F;chon ziemlich nachgelaßen. Jch<lb/>
muthmaße/ daß es daher komme. Man weiß aus der<lb/>
Erfahrung; wenn es kan wird/ &#x017F;o gehet viel Luft aus<lb/>
den flu&#x0364;ßigen Materien: welches ihr aus den Bla&#x017F;en<lb/>
wahrnehmen ko&#x0364;nnet/ die umb &#x017F;elbige Zeit &#x017F;ich an die<lb/>
innere Fla&#x0364;che des Gla&#x017F;es anha&#x0364;ngen/ darein ihr Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er gegoßen. Dannenhero darf man wol nicht zwei-<lb/>
&#x017F;eln/ daß auch bey heftiger Ka&#x0364;lte aus dem <hi rendition="#aq">Spiritu Vi-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">ni</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[406/0438] Anfangs-Gruͤnde ziehet/ von der Waͤrme aus einander getrie- ben wird; ſo werdet ihr aus dieſem Jnſtru- mente ſchlieſſen koͤnnen/ daß die Kaͤlte zuneh- me/ wenn der Spiritus in der Roͤhre faͤllet; hingegen daß es warm werde/ wenn der Spi- ritus in der Roͤhre ſteiget. Derowegen iſt es ein Wetterglaß/ darinnen ihr die Veraͤn- derungen der Waͤrme und Kaͤlte in der Luft wahrnehmen koͤnnet. W. Z. E. Die 1. Anmerckung. 60. Wenn der Spiritus tief faͤllet/ ſo koͤnnet ihr zwar ſchlieſſen/ daß es ſehr kalt wird/ und/ wenn er hoch ſteiget/ daß es ſehr warm wird: allein ihr koͤnnet doch nicht wieſſen/ wie viel mal Z. E. der Grad der heutigen Waͤrme in dem Grade der Waͤrme eines an- deren Tages enthalten ſey. Und demnach iſt dieſes Weiterglaß kein Jnſtrument/ dadurch ihr die Waͤr- me abmeßen koͤnnet (§. 2). Die 3. Anmerckung. 61. Unerachtet aber die Veraͤnderungen in dem- ſelben ſehr empfindlich ſind/ zumal wenn die Roͤhre ſubtil iſt/ ſo daß der Spiritus mercklich ſteiget/ wenn ihr die Kugel nur in die Hand nehmet und bald wiede- rumb faͤllet/ wenn ihr ſie aus der Hand weg thut; ſo werdet ihr doch befinden/ daß wenn bey recht kalten Winter-Tagen der Spiritus einmal tief gefallen/ er nicht bald wieder ſteigen kan/ ſondern noch tief ſtehen bleibet/ wenn die Kaͤlte ſchon ziemlich nachgelaßen. Jch muthmaße/ daß es daher komme. Man weiß aus der Erfahrung; wenn es kan wird/ ſo gehet viel Luft aus den fluͤßigen Materien: welches ihr aus den Blaſen wahrnehmen koͤnnet/ die umb ſelbige Zeit ſich an die innere Flaͤche des Glaſes anhaͤngen/ darein ihr Waſ- ſer gegoßen. Dannenhero darf man wol nicht zwei- ſeln/ daß auch bey heftiger Kaͤlte aus dem Spiritu Vi- ni

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende02_1710
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende02_1710/438
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Der Anfangs-Gründe Aller Mathematischen Wiessenschaften. Bd. 2. Halle (Saale), 1710. , S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_anfangsgruende02_1710/438>, abgerufen am 18.12.2024.