Kaum habe ich nöthig hier zu erklären, was unter dem Worte, Gemeinheit, Feld- und Trift-Gemeinschaft und wie die schö- nen Nahmen alle heißen, verstanden wird. Eine solche verdriesliche Einrichtung der Land- wirthschaft, da die sämtlichen oder doch die meisten Grundstücke eines Dorfes, mit Heer- den allerlei Viehes der Weide halber dergestalt betrieben werden, daß Anger, Wiesen, Holzun- gen und Aecker nach denen besten Wirthschafts- regeln weder bearbeitet noch genuzet werden kön- nen, dieses ist der traurige Begrif von einer Sache, die der Aufnahme der Landwirthschaft, dem möglichen Reichthum so vieler tausend Fa- milien, und im Ganzen betrachtet, dem Flor der Länder, schnurstracks entgegen stehet, und welche manchem einsehenden Landwirth, schon manchen Seufzer gekostet hat.
§. 3.
Wenn ich gelehrt schreiben wolte, so müste ich hier wenigstens in recht langen Noten vol- ler gründlichen Trockenheit und alter Schrift- steller zeigen, wo und wenn die Gemeinheiten zuerst entstanden sind? Allein da diese Unter- suchung vielleicht eben so schwer seyn dürfte als die Lehre von dem Ursprunge des Bösen über- haupt; so sei es uns Landwirthen genug zu wissen, daß aller Warscheinlichkeit nach, die
Gemein-
§. 2.
Kaum habe ich noͤthig hier zu erklaͤren, was unter dem Worte, Gemeinheit, Feld- und Trift-Gemeinſchaft und wie die ſchoͤ- nen Nahmen alle heißen, verſtanden wird. Eine ſolche verdriesliche Einrichtung der Land- wirthſchaft, da die ſaͤmtlichen oder doch die meiſten Grundſtuͤcke eines Dorfes, mit Heer- den allerlei Viehes der Weide halber dergeſtalt betrieben werden, daß Anger, Wieſen, Holzun- gen und Aecker nach denen beſten Wirthſchafts- regeln weder bearbeitet noch genuzet werden koͤn- nen, dieſes iſt der traurige Begrif von einer Sache, die der Aufnahme der Landwirthſchaft, dem moͤglichen Reichthum ſo vieler tauſend Fa- milien, und im Ganzen betrachtet, dem Flor der Laͤnder, ſchnurſtracks entgegen ſtehet, und welche manchem einſehenden Landwirth, ſchon manchen Seufzer gekoſtet hat.
§. 3.
Wenn ich gelehrt ſchreiben wolte, ſo muͤſte ich hier wenigſtens in recht langen Noten vol- ler gruͤndlichen Trockenheit und alter Schrift- ſteller zeigen, wo und wenn die Gemeinheiten zuerſt entſtanden ſind? Allein da dieſe Unter- ſuchung vielleicht eben ſo ſchwer ſeyn duͤrfte als die Lehre von dem Urſprunge des Boͤſen uͤber- haupt; ſo ſei es uns Landwirthen genug zu wiſſen, daß aller Warſcheinlichkeit nach, die
Gemein-
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§. 2.
Kaum habe ich noͤthig hier zu erklaͤren,
was unter dem Worte, Gemeinheit, Feld-
und Trift-Gemeinſchaft und wie die ſchoͤ-
nen Nahmen alle heißen, verſtanden wird.
Eine ſolche verdriesliche Einrichtung der Land-
wirthſchaft, da die ſaͤmtlichen oder doch die
meiſten Grundſtuͤcke eines Dorfes, mit Heer-
den allerlei Viehes der Weide halber dergeſtalt
betrieben werden, daß Anger, Wieſen, Holzun-
gen und Aecker nach denen beſten Wirthſchafts-
regeln weder bearbeitet noch genuzet werden koͤn-
nen, dieſes iſt der traurige Begrif von einer
Sache, die der Aufnahme der Landwirthſchaft,
dem moͤglichen Reichthum ſo vieler tauſend Fa-
milien, und im Ganzen betrachtet, dem Flor
der Laͤnder, ſchnurſtracks entgegen ſtehet, und
welche manchem einſehenden Landwirth, ſchon
manchen Seufzer gekoſtet hat.
§. 3.
Wenn ich gelehrt ſchreiben wolte, ſo muͤſte
ich hier wenigſtens in recht langen Noten vol-
ler gruͤndlichen Trockenheit und alter Schrift-
ſteller zeigen, wo und wenn die Gemeinheiten
zuerſt entſtanden ſind? Allein da dieſe Unter-
ſuchung vielleicht eben ſo ſchwer ſeyn duͤrfte als
die Lehre von dem Urſprunge des Boͤſen uͤber-
haupt; ſo ſei es uns Landwirthen genug zu
wiſſen, daß aller Warſcheinlichkeit nach, die
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Wöllner, Johann Christoph von: Die Aufhebung der Gemeinheiten in der Marck Brandenburg. Berlin, 1766, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/woellner_aufhebung_1766/22>, abgerufen am 04.03.2025.
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