Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

diejenigen Früchte tragen, deren Erzielung unser Zweck war: nämlich
möge der Deutsche sich nicht mehr als Baier, Badner, Hesse, Würtemberger,
Sachse, Brandenburger etc., sondern blos als Deutscher betrachten, und sich
so zu der politischen Höhe wieder erheben, die Deutschland bei der gegen-
wärtigen Zeit so nothwendig ist, und auf welcher dereinst unsre Väter
standen.

Zugleich wird das so eben sich endigende Fest Deutschland den Charakter
des Rheinbaiern näher entwickeln; es wird dasselbe überzeugen, daß, wenn
man dessen Institutionen auf eine ungesetzliche Weise und durch Gewalt-
streiche verletzen wollte, er sich männlich, ja! wenn es seyn muß, Ge-
walt mit Gewalt erwiedernd, zu vertheidigen wüßte; daß er aber auch
wenn man solche nicht verletzet, sich ruhig und würdevoll zu benehmen weiß.
Bei der größten Ordnung sprach sich jeder nur im Geiste und Sinne
dieses für Deutschland so bedeutungsvollen Festes aus, und dies wird
der schönste Triumph dieser Tage bleiben.

Sie wollen mir als dem ältesten Mitglied der Festordner die deut-
sche und die polnische Fahne zur Aufbewahrung übergeben. Ich nehme
sie an, als Zeichen der Verbrüderung der beiden Völker. Möge der
Glanz unsers Banners von nun an die Herzen aller ächten Deutschen er-
leuchten und in allen Gauen Deutschlands als Sonne aufgehen. Diese
gehe aber nicht allein über alle deutsche Männer auf[,] sondern leuchte
über alle Völker Europa's. Denn alle nehmen Antheil an den Folgen
des Festes. Hoch mögen mit Deutschland alle Völker leben, hoch! und
dreimal hoch! --

Zugleich wurde im Namen der bei dem Feste anwesenden Polen noch
folgende Adresse übergeben:

An die deutschen Patrioten, die das Volksfest auf dem
Schlosse Hambach den
27. Mai 1832 gefeiert.

Der Polen Herzen sind erfreut durch den neuen Beweis des Mit-
gefühls und der Brüderlichkeit, der nach der wahren Freiheit ringenden
Deutschen. Während der großen Feier (der Wiedergeburt Deutschlands
gewidmet) wehte die polnische Nationalfahne neben der deutschen. Tau-
sende aus verschiedenen Gauen Germaniens haben das theure Symbol
unserer unglücklichen Nation mit Jubel begrüßt. Eure Redner haben
mit brüderlichem Mitgefühl und der dem großen Unglücke gebührenden
Achtung, der blutigen Aufopferung des polnischen Volks, in dem gro-
ßen Kampfe für die Freiheit, erwähnt. Dieser feierliche Akt kann in
uns nur die Ueberzeugung befestigen, daß die Deutschen in unserer

7

diejenigen Fruͤchte tragen, deren Erzielung unſer Zweck war: naͤmlich
moͤge der Deutſche ſich nicht mehr als Baier, Badner, Heſſe, Wuͤrtemberger,
Sachſe, Brandenburger ꝛc., ſondern blos als Deutſcher betrachten, und ſich
ſo zu der politiſchen Hoͤhe wieder erheben, die Deutſchland bei der gegen-
waͤrtigen Zeit ſo nothwendig iſt, und auf welcher dereinſt unſre Vaͤter
ſtanden.

Zugleich wird das ſo eben ſich endigende Feſt Deutſchland den Charakter
des Rheinbaiern naͤher entwickeln; es wird daſſelbe uͤberzeugen, daß, wenn
man deſſen Inſtitutionen auf eine ungeſetzliche Weiſe und durch Gewalt-
ſtreiche verletzen wollte, er ſich maͤnnlich, ja! wenn es ſeyn muß, Ge-
walt mit Gewalt erwiedernd, zu vertheidigen wuͤßte; daß er aber auch
wenn man ſolche nicht verletzet, ſich ruhig und wuͤrdevoll zu benehmen weiß.
Bei der groͤßten Ordnung ſprach ſich jeder nur im Geiſte und Sinne
dieſes fuͤr Deutſchland ſo bedeutungsvollen Feſtes aus, und dies wird
der ſchoͤnſte Triumph dieſer Tage bleiben.

Sie wollen mir als dem älteſten Mitglied der Feſtordner die deut-
ſche und die polniſche Fahne zur Aufbewahrung übergeben. Ich nehme
ſie an, als Zeichen der Verbrüderung der beiden Völker. Moͤge der
Glanz unſers Banners von nun an die Herzen aller ächten Deutſchen er-
leuchten und in allen Gauen Deutſchlands als Sonne aufgehen. Dieſe
gehe aber nicht allein über alle deutſche Männer auf[,] ſondern leuchte
über alle Völker Europa’s. Denn alle nehmen Antheil an den Folgen
des Feſtes. Hoch mögen mit Deutſchland alle Völker leben, hoch! und
dreimal hoch! —

Zugleich wurde im Namen der bei dem Feſte anweſenden Polen noch
folgende Adreſſe übergeben:

An die deutſchen Patrioten, die das Volksfeſt auf dem
Schloſſe Hambach den
27. Mai 1832 gefeiert.

Der Polen Herzen ſind erfreut durch den neuen Beweis des Mit-
gefühls und der Brüderlichkeit, der nach der wahren Freiheit ringenden
Deutſchen. Während der großen Feier (der Wiedergeburt Deutſchlands
gewidmet) wehte die polniſche Nationalfahne neben der deutſchen. Tau-
ſende aus verſchiedenen Gauen Germaniens haben das theure Symbol
unſerer unglücklichen Nation mit Jubel begrüßt. Eure Redner haben
mit brüderlichem Mitgefühl und der dem großen Unglücke gebührenden
Achtung, der blutigen Aufopferung des polniſchen Volks, in dem gro-
ßen Kampfe für die Freiheit, erwähnt. Dieſer feierliche Akt kann in
uns nur die Ueberzeugung befeſtigen, daß die Deutſchen in unſerer

7
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0039" n="97"/>
diejenigen Fru&#x0364;chte tragen, deren Erzielung un&#x017F;er Zweck war: na&#x0364;mlich<lb/>
mo&#x0364;ge der Deut&#x017F;che &#x017F;ich nicht mehr als Baier, Badner, He&#x017F;&#x017F;e, Wu&#x0364;rtemberger,<lb/>
Sach&#x017F;e, Brandenburger &#xA75B;c., &#x017F;ondern blos als Deut&#x017F;cher betrachten, und &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;o zu der politi&#x017F;chen Ho&#x0364;he wieder erheben, die Deut&#x017F;chland bei der gegen-<lb/>
wa&#x0364;rtigen Zeit &#x017F;o nothwendig i&#x017F;t, und auf welcher derein&#x017F;t un&#x017F;re Va&#x0364;ter<lb/>
&#x017F;tanden.</p><lb/>
        <p>Zugleich wird das &#x017F;o eben &#x017F;ich endigende Fe&#x017F;t Deut&#x017F;chland den Charakter<lb/>
des Rheinbaiern na&#x0364;her entwickeln; es wird da&#x017F;&#x017F;elbe u&#x0364;berzeugen, daß, wenn<lb/>
man de&#x017F;&#x017F;en In&#x017F;titutionen auf eine unge&#x017F;etzliche Wei&#x017F;e und durch Gewalt-<lb/>
&#x017F;treiche verletzen wollte, er &#x017F;ich ma&#x0364;nnlich, ja! wenn es &#x017F;eyn muß, Ge-<lb/>
walt mit Gewalt erwiedernd, zu vertheidigen wu&#x0364;ßte; daß er aber auch<lb/>
wenn man &#x017F;olche nicht verletzet, &#x017F;ich ruhig und wu&#x0364;rdevoll zu benehmen weiß.<lb/>
Bei der gro&#x0364;ßten Ordnung &#x017F;prach &#x017F;ich jeder nur im Gei&#x017F;te und Sinne<lb/>
die&#x017F;es fu&#x0364;r Deut&#x017F;chland &#x017F;o bedeutungsvollen Fe&#x017F;tes aus, <choice><sic>nnd</sic><corr>und</corr></choice> dies wird<lb/>
der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Triumph die&#x017F;er Tage bleiben.</p><lb/>
        <p>Sie wollen mir als dem älte&#x017F;ten Mitglied der Fe&#x017F;tordner die deut-<lb/>
&#x017F;che und die polni&#x017F;che Fahne zur Aufbewahrung übergeben. Ich nehme<lb/>
&#x017F;ie an, als Zeichen der Verbrüderung der beiden Völker. Mo&#x0364;ge der<lb/>
Glanz un&#x017F;ers Banners von nun an die Herzen aller ächten Deut&#x017F;chen er-<lb/>
leuchten und in allen Gauen Deut&#x017F;chlands als Sonne aufgehen. Die&#x017F;e<lb/>
gehe aber nicht allein über alle deut&#x017F;che Männer auf<supplied>,</supplied> &#x017F;ondern leuchte<lb/>
über alle Völker Europa&#x2019;s. Denn alle nehmen Antheil an den Folgen<lb/>
des Fe&#x017F;tes. Hoch mögen mit Deut&#x017F;chland alle Völker leben, hoch! und<lb/>
dreimal hoch! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Zugleich wurde im Namen der bei dem Fe&#x017F;te anwe&#x017F;enden Polen noch<lb/>
folgende Adre&#x017F;&#x017F;e übergeben:</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">An die deut&#x017F;chen Patrioten, die das Volksfe&#x017F;t auf dem<lb/>
Schlo&#x017F;&#x017F;e Hambach den</hi> 27. <hi rendition="#g">Mai</hi> 1832 <hi rendition="#g">gefeiert</hi>.</hi> </p><lb/>
        <p>Der Polen Herzen &#x017F;ind erfreut durch den neuen Beweis des Mit-<lb/>
gefühls und der Brüderlichkeit, der nach der wahren Freiheit ringenden<lb/>
Deut&#x017F;chen. Während der großen Feier (der Wiedergeburt Deut&#x017F;chlands<lb/>
gewidmet) wehte die polni&#x017F;che Nationalfahne neben der deut&#x017F;chen. Tau-<lb/>
&#x017F;ende aus ver&#x017F;chiedenen Gauen Germaniens haben das theure Symbol<lb/>
un&#x017F;erer unglücklichen Nation mit Jubel begrüßt. Eure Redner haben<lb/>
mit brüderlichem Mitgefühl und der dem großen Unglücke gebührenden<lb/>
Achtung, der blutigen Aufopferung des polni&#x017F;chen Volks, in dem gro-<lb/>
ßen Kampfe für die Freiheit, erwähnt. Die&#x017F;er feierliche Akt kann in<lb/>
uns nur die Ueberzeugung befe&#x017F;tigen, daß die Deut&#x017F;chen in un&#x017F;erer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">7</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97/0039] diejenigen Fruͤchte tragen, deren Erzielung unſer Zweck war: naͤmlich moͤge der Deutſche ſich nicht mehr als Baier, Badner, Heſſe, Wuͤrtemberger, Sachſe, Brandenburger ꝛc., ſondern blos als Deutſcher betrachten, und ſich ſo zu der politiſchen Hoͤhe wieder erheben, die Deutſchland bei der gegen- waͤrtigen Zeit ſo nothwendig iſt, und auf welcher dereinſt unſre Vaͤter ſtanden. Zugleich wird das ſo eben ſich endigende Feſt Deutſchland den Charakter des Rheinbaiern naͤher entwickeln; es wird daſſelbe uͤberzeugen, daß, wenn man deſſen Inſtitutionen auf eine ungeſetzliche Weiſe und durch Gewalt- ſtreiche verletzen wollte, er ſich maͤnnlich, ja! wenn es ſeyn muß, Ge- walt mit Gewalt erwiedernd, zu vertheidigen wuͤßte; daß er aber auch wenn man ſolche nicht verletzet, ſich ruhig und wuͤrdevoll zu benehmen weiß. Bei der groͤßten Ordnung ſprach ſich jeder nur im Geiſte und Sinne dieſes fuͤr Deutſchland ſo bedeutungsvollen Feſtes aus, und dies wird der ſchoͤnſte Triumph dieſer Tage bleiben. Sie wollen mir als dem älteſten Mitglied der Feſtordner die deut- ſche und die polniſche Fahne zur Aufbewahrung übergeben. Ich nehme ſie an, als Zeichen der Verbrüderung der beiden Völker. Moͤge der Glanz unſers Banners von nun an die Herzen aller ächten Deutſchen er- leuchten und in allen Gauen Deutſchlands als Sonne aufgehen. Dieſe gehe aber nicht allein über alle deutſche Männer auf, ſondern leuchte über alle Völker Europa’s. Denn alle nehmen Antheil an den Folgen des Feſtes. Hoch mögen mit Deutſchland alle Völker leben, hoch! und dreimal hoch! — Zugleich wurde im Namen der bei dem Feſte anweſenden Polen noch folgende Adreſſe übergeben: An die deutſchen Patrioten, die das Volksfeſt auf dem Schloſſe Hambach den 27. Mai 1832 gefeiert. Der Polen Herzen ſind erfreut durch den neuen Beweis des Mit- gefühls und der Brüderlichkeit, der nach der wahren Freiheit ringenden Deutſchen. Während der großen Feier (der Wiedergeburt Deutſchlands gewidmet) wehte die polniſche Nationalfahne neben der deutſchen. Tau- ſende aus verſchiedenen Gauen Germaniens haben das theure Symbol unſerer unglücklichen Nation mit Jubel begrüßt. Eure Redner haben mit brüderlichem Mitgefühl und der dem großen Unglücke gebührenden Achtung, der blutigen Aufopferung des polniſchen Volks, in dem gro- ßen Kampfe für die Freiheit, erwähnt. Dieſer feierliche Akt kann in uns nur die Ueberzeugung befeſtigen, daß die Deutſchen in unſerer 7

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wirth_nationalfest02_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wirth_nationalfest02_1832/39
Zitationshilfe: Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wirth_nationalfest02_1832/39>, abgerufen am 24.11.2024.