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Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 1. Neustadt, 1832.

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"Im Mai hielten, nach germanischer Sitte, die Franken, unsre
ruhmbekränzten Väter, ihre National-Versammlungen; im Mal em-
pfing das heldenmüthige Polen seine Verfassung; im Mai regt sich die
ganze physische und geistige Natur: wie sollte, wo die Erde mit Blü-
then sich schmückt, wo alle keimenden Kräfte zur Entwicklung streben,
wie sollte die Empfindung des freien Daseyns, der Menschenwürde,
starren unter der Decke kalter Selbstsucht, verächtlicher Furcht, straf-
barer Gleichgültigkeit?"

"Auf, ihr deutschen Männer und Jünglinge jedes Standes, welchen
der heilige Funke des Vaterlands und der Freiheit die Brust durchglüht,
strömet herbei! Deutsche Frauen und Jungfrauen, deren politische
Mißachtung in der europäischen Ordnung ein Flecken ist, schmücket und
belebet die Versammlung durch eure Gegenwart! Kommet Alle herbei
zu friedlicher Besprechung, inniger Erkennung, entschlossener Verbrüde-
rung für die großen Interessen, denen ihr eure Liebe, denen ihr eure
Kraft geweiht."

Eine solche Einladung mußte in der Brust eines jeden deutschen
Patrioten Wiederhall finden, -- und sie fand ihn. Unaussprechlich war
der Eindruck, den die große Idee einer deutschen Volksversammlung
allenthalben hervorbrachte; Hoffnung und Vertrauen belebte alles; kaum
konnte man den schönen Tag erwarten, an dem unter so andeutungsvollen
Umständen der Deutschen Mai wieder als Nationalversammlung
auf die Bühne der Welt treten sollte. Was indessen die Hoffnung und
die freudige Begeisterung des deutschen Volkes erweckte, das mußte na-
türlicherweise das böse Gewissen der volksfeindlichen Machthaber mit
scheuer Angst und zitternder Gespensterfurcht erfüllen. Die baierische
Regierung suchte daher das große Fest zu vereitlen. Sie glaubte ihren
lichtscheuen Zweck wie gewöhnlich durch Willkühr und rohe Gewalt zu
erreichen; sie erkühnte sich daher nicht nur die Versammlung freier
Bürger, zu einem friedlichen patriotischen Zwecke, förmlich zu verbieten,
sondern auch die Einwohner der Stadt Neustadt und einiger umliegen-
den Gemeinden auf die Dauer von 3 Tagen von allem Verkehr mit Frem-
den abzuschneiden, denselben während dieser Zeit jede Zusammenkunft zu
verbieten und ihnen jede freie Bewegung zu untersagen. Dieser Akt
gesetzloser Gewalt, der die Institutionen des Rheinkreises in ihren Grund-
pfeilern erschüttert und für immer vernichtet hätte, bestand in folgendem
Befehle:

Art. 1.

"An den Tagen des 26., 27. und 28. des Monats Mai 1832 ist allen

„Im Mai hielten, nach germaniſcher Sitte, die Franken, unſre
ruhmbekränzten Väter, ihre National-Verſammlungen; im Mal em-
pfing das heldenmüthige Polen ſeine Verfaſſung; im Mai regt ſich die
ganze phyſiſche und geiſtige Natur: wie ſollte, wo die Erde mit Blü-
then ſich ſchmückt, wo alle keimenden Kräfte zur Entwicklung ſtreben,
wie ſollte die Empfindung des freien Daſeyns, der Menſchenwürde,
ſtarren unter der Decke kalter Selbſtſucht, verächtlicher Furcht, ſtraf-
barer Gleichgültigkeit?“

„Auf, ihr deutſchen Männer und Jünglinge jedes Standes, welchen
der heilige Funke des Vaterlands und der Freiheit die Bruſt durchglüht,
ſtrömet herbei! Deutſche Frauen und Jungfrauen, deren politiſche
Mißachtung in der europäiſchen Ordnung ein Flecken iſt, ſchmücket und
belebet die Verſammlung durch eure Gegenwart! Kommet Alle herbei
zu friedlicher Beſprechung, inniger Erkennung, entſchloſſener Verbrüde-
rung für die großen Intereſſen, denen ihr eure Liebe, denen ihr eure
Kraft geweiht.“

Eine ſolche Einladung mußte in der Bruſt eines jeden deutſchen
Patrioten Wiederhall finden, — und ſie fand ihn. Unausſprechlich war
der Eindruck, den die große Idee einer deutſchen Volksverſammlung
allenthalben hervorbrachte; Hoffnung und Vertrauen belebte alles; kaum
konnte man den ſchoͤnen Tag erwarten, an dem unter ſo andeutungsvollen
Umſtaͤnden der Deutſchen Mai wieder als Nationalverſammlung
auf die Buͤhne der Welt treten ſollte. Was indeſſen die Hoffnung und
die freudige Begeiſterung des deutſchen Volkes erweckte, das mußte na-
tuͤrlicherweiſe das boͤſe Gewiſſen der volksfeindlichen Machthaber mit
ſcheuer Angſt und zitternder Geſpenſterfurcht erfuͤllen. Die baieriſche
Regierung ſuchte daher das große Feſt zu vereitlen. Sie glaubte ihren
lichtſcheuen Zweck wie gewoͤhnlich durch Willkuͤhr und rohe Gewalt zu
erreichen; ſie erkuͤhnte ſich daher nicht nur die Verſammlung freier
Buͤrger, zu einem friedlichen patriotiſchen Zwecke, foͤrmlich zu verbieten,
ſondern auch die Einwohner der Stadt Neuſtadt und einiger umliegen-
den Gemeinden auf die Dauer von 3 Tagen von allem Verkehr mit Frem-
den abzuſchneiden, denſelben waͤhrend dieſer Zeit jede Zuſammenkunft zu
verbieten und ihnen jede freie Bewegung zu unterſagen. Dieſer Akt
geſetzloſer Gewalt, der die Inſtitutionen des Rheinkreiſes in ihren Grund-
pfeilern erſchuͤttert und fuͤr immer vernichtet haͤtte, beſtand in folgendem
Befehle:

Art. 1.

„An den Tagen des 26., 27. und 28. des Monats Mai 1832 iſt allen

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[6/0014] „Im Mai hielten, nach germaniſcher Sitte, die Franken, unſre ruhmbekränzten Väter, ihre National-Verſammlungen; im Mal em- pfing das heldenmüthige Polen ſeine Verfaſſung; im Mai regt ſich die ganze phyſiſche und geiſtige Natur: wie ſollte, wo die Erde mit Blü- then ſich ſchmückt, wo alle keimenden Kräfte zur Entwicklung ſtreben, wie ſollte die Empfindung des freien Daſeyns, der Menſchenwürde, ſtarren unter der Decke kalter Selbſtſucht, verächtlicher Furcht, ſtraf- barer Gleichgültigkeit?“ „Auf, ihr deutſchen Männer und Jünglinge jedes Standes, welchen der heilige Funke des Vaterlands und der Freiheit die Bruſt durchglüht, ſtrömet herbei! Deutſche Frauen und Jungfrauen, deren politiſche Mißachtung in der europäiſchen Ordnung ein Flecken iſt, ſchmücket und belebet die Verſammlung durch eure Gegenwart! Kommet Alle herbei zu friedlicher Beſprechung, inniger Erkennung, entſchloſſener Verbrüde- rung für die großen Intereſſen, denen ihr eure Liebe, denen ihr eure Kraft geweiht.“ Eine ſolche Einladung mußte in der Bruſt eines jeden deutſchen Patrioten Wiederhall finden, — und ſie fand ihn. Unausſprechlich war der Eindruck, den die große Idee einer deutſchen Volksverſammlung allenthalben hervorbrachte; Hoffnung und Vertrauen belebte alles; kaum konnte man den ſchoͤnen Tag erwarten, an dem unter ſo andeutungsvollen Umſtaͤnden der Deutſchen Mai wieder als Nationalverſammlung auf die Buͤhne der Welt treten ſollte. Was indeſſen die Hoffnung und die freudige Begeiſterung des deutſchen Volkes erweckte, das mußte na- tuͤrlicherweiſe das boͤſe Gewiſſen der volksfeindlichen Machthaber mit ſcheuer Angſt und zitternder Geſpenſterfurcht erfuͤllen. Die baieriſche Regierung ſuchte daher das große Feſt zu vereitlen. Sie glaubte ihren lichtſcheuen Zweck wie gewoͤhnlich durch Willkuͤhr und rohe Gewalt zu erreichen; ſie erkuͤhnte ſich daher nicht nur die Verſammlung freier Buͤrger, zu einem friedlichen patriotiſchen Zwecke, foͤrmlich zu verbieten, ſondern auch die Einwohner der Stadt Neuſtadt und einiger umliegen- den Gemeinden auf die Dauer von 3 Tagen von allem Verkehr mit Frem- den abzuſchneiden, denſelben waͤhrend dieſer Zeit jede Zuſammenkunft zu verbieten und ihnen jede freie Bewegung zu unterſagen. Dieſer Akt geſetzloſer Gewalt, der die Inſtitutionen des Rheinkreiſes in ihren Grund- pfeilern erſchuͤttert und fuͤr immer vernichtet haͤtte, beſtand in folgendem Befehle: Art. 1. „An den Tagen des 26., 27. und 28. des Monats Mai 1832 iſt allen

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Zitationshilfe: Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 1. Neustadt, 1832, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wirth_nationalfest01_1832/14>, abgerufen am 23.11.2024.