Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764.unter den Römischen Kaisern. Der ohne Grund sogenannte Antinous im Belvedere 1), wird ins-c. und 1) Bottari Mus. Capit. T. 2. p. 35. Winckelm Gesch. der Kunst F f f
unter den Roͤmiſchen Kaiſern. Der ohne Grund ſogenannte Antinous im Belvedere 1), wird ins-c. und 1) Bottari Muſ. Capit. T. 2. p. 35. Winckelm Geſch. der Kunſt F f f
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unter den Roͤmiſchen Kaiſern.
Der ohne Grund ſogenannte Antinous im Belvedere 1), wird ins-
gemein als das ſchoͤnſte Denkmal der Kunſt unter dem Hadrian angegeben,
aus dem Jrthume, daß es die Statue ſeines Lieblings ſey; es ſtellet die-
ſelbe vielmehr einen Meleager, oder einen andern jungen Held, vor. Sie
wird unter die Statuen der erſten Claſſe geſetzet, wie ſie es verdienet, mehr
wegen der Schoͤnheit einzelner Theile, als wegen der Vollkommenheit des
Ganzen: denn die Beine und Fuͤße, nebſt dem Unterleibe, ſind weit ge-
ringer in der Form und in der Arbeit, als das uͤbrige der Figur. Der
Kopf iſt unſtreitig einer der ſchoͤnſten jugendlichen Koͤpfe aus dem Alter-
thume. Jn dem Geſichte des Apollo herrſchet die Majeſtaͤt und der Stolz;
hier aber iſt ein Bild der Gratie holder Jugend, und der Schoͤnheit bluͤ-
hender Jahre, mit gefaͤlliger Unſchuld und ſanfter Reizung geſellet, ohne
Andeutung irgend einer Leidenſchaft, welche die Uebereinſtimmung der
Theile und die jugendliche Stille der Seele, die ſich hier bildet, ſtoͤren
koͤnnte. Jn dieſer Ruhe, und gleichſam in dem Genuße ſeiner ſelbſt, mit
geſammelten und von allen aͤußern Vorwuͤrfen zuruͤckgerufenen Sinnen, iſt
der ganze Stand dieſer edlen Figur geſetzet. Das Auge, welches, wie an
der Goͤttinn der Liebe, aber ohne Begierde, maͤßig gewoͤlbet iſt, redet mit
einnehmender Unſchuld; der voͤllige Mund im kleinen Umfange haͤufet Re-
gungen, ohne ſie zu fuͤhlen zu ſcheinen: die mit lieblicher Fuͤlle genaͤhrte
Wangen beſchreiben, mit der gewoͤlbten Rundung des ſanft erhobenen
Kinnes, den voͤlligen und edlen Umriß des Haupts dieſes edlen Juͤnglings.
Jn der Stirn aber zeiget ſich ſchon mehr, als der Juͤngling; ſie kuͤndiget
den Held an in der erhabenen Pracht, mit welcher ſie anwaͤchſt, wie die
Stirn des Hercules. Die Bruſt iſt maͤchtig erhaben, und die Schultern,
Seiten und Huͤften ſind wunderbar ſchoͤn. Aber die Beine haben nicht die
ſchoͤne Form, die ein ſolcher Koͤrper erfordert; die Fuͤße ſind grob gearbeitet,
und
c.
Beſchreibung
des faͤlſchlich
ſogenannten
Antinous im
Belvedere.
1) Bottari Muſ. Capit. T. 2. p. 35.
Winckelm Geſch. der Kunſt F f f
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