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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764.

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II Theil. Von der Griechischen Kunst
b.
Von vermeyn-
ten Statuen
der Cleopatra.

Zwo liegende Weibliche Statuen, eine im Belvedere, die andere in
der Villa Medicis, führen den Namen der Cleopatra, weil man das Arm-
band derselben für eine Schlange angesehen, und stellen etwa schlafende
Nymphen, oder die Venus vor, wie dieses schon ein Gelehrter der vori-
gen Zeit eingesehen 1). Folglich sind es keine Werke, aus welchen von der
Kunst unter dem Augustus zu schließen wäre; unterdessen sagt man, es sey
Cleopatra in einer ähnlichen Stellung todt gefunden worden 2). Der
Kopf an der erstern hat nichts besonders, und er ist in der That etwas
schief; der Kopf an der andern, aus welchem einige ein Wunder der Kunst
machen, und ihn mit einem der schönsten Köpfe im Alterthume verglei-
chen 3), ist nicht allein ein sehr niedriges Jdeal, sondern er ist ungezweifelt
neu. Jn dem Pallaste Odescalchi war eine jenen ähnliche Figur, mehr
als Lebensgröße, wie die vorigen Statuen, welche, nebst den übrigen Sta-
tuen dieses Musei, nach Spanien gegangen ist.

c.
Von geschnit-
tenen Steinen
dieser Zeit.

Von geschnittenen Steinen finden sich einige schön gearbeitete Stücke
des Dioscorides, der die Köpfe des Augustus, mit welchen dieser zu sie-
geln pflegte, schnitt 4). Ein anderer berühmter Künstler im Steinschnei-
den war Solon, von welchem wir, unter andern Steinen, den vermeyn-
ten Kopf des Mäcenas, die berühmte Medusa, einen Diomedes und Cu-
pido haben 5). Außer diesen bekannt gemachten Steinen, ist in dem Sto-
schischen Museo einer der schönsten Köpfe des Hercules, die jemals in Stein
geschnitten sind 6); und der Verfasser besitzet einen zerbrochenen schönen
Carniol, welcher eine Victoria, die einen Ochsen opfert, vorstellete; die
Victoria hat sich, nebst dem Namen [fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt], unbeschädigt erhalten.

Das
1) Steph. Pigh. in Schotti Itin. Ital. p. 326.
2) Galen. ad Pison. de Theriaca, c. 8. p. 941. edit. Charter. Tom. 13.
3) Richards Trait. de la Peint. T. 2. p. 206.
4) Sueton. Aug. c. 58.
5) Stosch. Pier. gr. pl. 62. 61. 64.
6) Descr. des Pier. gr. du Cab. de Stosch, p. 268.
II Theil. Von der Griechiſchen Kunſt
b.
Von vermeyn-
ten Statuen
der Cleopatra.

Zwo liegende Weibliche Statuen, eine im Belvedere, die andere in
der Villa Medicis, fuͤhren den Namen der Cleopatra, weil man das Arm-
band derſelben fuͤr eine Schlange angeſehen, und ſtellen etwa ſchlafende
Nymphen, oder die Venus vor, wie dieſes ſchon ein Gelehrter der vori-
gen Zeit eingeſehen 1). Folglich ſind es keine Werke, aus welchen von der
Kunſt unter dem Auguſtus zu ſchließen waͤre; unterdeſſen ſagt man, es ſey
Cleopatra in einer aͤhnlichen Stellung todt gefunden worden 2). Der
Kopf an der erſtern hat nichts beſonders, und er iſt in der That etwas
ſchief; der Kopf an der andern, aus welchem einige ein Wunder der Kunſt
machen, und ihn mit einem der ſchoͤnſten Koͤpfe im Alterthume verglei-
chen 3), iſt nicht allein ein ſehr niedriges Jdeal, ſondern er iſt ungezweifelt
neu. Jn dem Pallaſte Odeſcalchi war eine jenen aͤhnliche Figur, mehr
als Lebensgroͤße, wie die vorigen Statuen, welche, nebſt den uͤbrigen Sta-
tuen dieſes Muſei, nach Spanien gegangen iſt.

c.
Von geſchnit-
tenen Steinen
dieſer Zeit.

Von geſchnittenen Steinen finden ſich einige ſchoͤn gearbeitete Stuͤcke
des Dioſcorides, der die Koͤpfe des Auguſtus, mit welchen dieſer zu ſie-
geln pflegte, ſchnitt 4). Ein anderer beruͤhmter Kuͤnſtler im Steinſchnei-
den war Solon, von welchem wir, unter andern Steinen, den vermeyn-
ten Kopf des Maͤcenas, die beruͤhmte Meduſa, einen Diomedes und Cu-
pido haben 5). Außer dieſen bekannt gemachten Steinen, iſt in dem Sto-
ſchiſchen Muſeo einer der ſchoͤnſten Koͤpfe des Hercules, die jemals in Stein
geſchnitten ſind 6); und der Verfaſſer beſitzet einen zerbrochenen ſchoͤnen
Carniol, welcher eine Victoria, die einen Ochſen opfert, vorſtellete; die
Victoria hat ſich, nebſt dem Namen [fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt], unbeſchaͤdigt erhalten.

Das
1) Steph. Pigh. in Schotti Itin. Ital. p. 326.
2) Galen. ad Piſon. de Theriaca, c. 8. p. 941. edit. Charter. Tom. 13.
3) Richards Trait. de la Peint. T. 2. p. 206.
4) Sueton. Aug. c. 58.
5) Stoſch. Pier. gr. pl. 62. 61. 64.
6) Deſcr. des Pier. gr. du Cab. de Stoſch, p. 268.
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[386/0074] II Theil. Von der Griechiſchen Kunſt Zwo liegende Weibliche Statuen, eine im Belvedere, die andere in der Villa Medicis, fuͤhren den Namen der Cleopatra, weil man das Arm- band derſelben fuͤr eine Schlange angeſehen, und ſtellen etwa ſchlafende Nymphen, oder die Venus vor, wie dieſes ſchon ein Gelehrter der vori- gen Zeit eingeſehen 1). Folglich ſind es keine Werke, aus welchen von der Kunſt unter dem Auguſtus zu ſchließen waͤre; unterdeſſen ſagt man, es ſey Cleopatra in einer aͤhnlichen Stellung todt gefunden worden 2). Der Kopf an der erſtern hat nichts beſonders, und er iſt in der That etwas ſchief; der Kopf an der andern, aus welchem einige ein Wunder der Kunſt machen, und ihn mit einem der ſchoͤnſten Koͤpfe im Alterthume verglei- chen 3), iſt nicht allein ein ſehr niedriges Jdeal, ſondern er iſt ungezweifelt neu. Jn dem Pallaſte Odeſcalchi war eine jenen aͤhnliche Figur, mehr als Lebensgroͤße, wie die vorigen Statuen, welche, nebſt den uͤbrigen Sta- tuen dieſes Muſei, nach Spanien gegangen iſt. Von geſchnittenen Steinen finden ſich einige ſchoͤn gearbeitete Stuͤcke des Dioſcorides, der die Koͤpfe des Auguſtus, mit welchen dieſer zu ſie- geln pflegte, ſchnitt 4). Ein anderer beruͤhmter Kuͤnſtler im Steinſchnei- den war Solon, von welchem wir, unter andern Steinen, den vermeyn- ten Kopf des Maͤcenas, die beruͤhmte Meduſa, einen Diomedes und Cu- pido haben 5). Außer dieſen bekannt gemachten Steinen, iſt in dem Sto- ſchiſchen Muſeo einer der ſchoͤnſten Koͤpfe des Hercules, die jemals in Stein geſchnitten ſind 6); und der Verfaſſer beſitzet einen zerbrochenen ſchoͤnen Carniol, welcher eine Victoria, die einen Ochſen opfert, vorſtellete; die Victoria hat ſich, nebſt dem Namen _ , unbeſchaͤdigt erhalten. Das 1) Steph. Pigh. in Schotti Itin. Ital. p. 326. 2) Galen. ad Piſon. de Theriaca, c. 8. p. 941. edit. Charter. Tom. 13. 3) Richards Trait. de la Peint. T. 2. p. 206. 4) Sueton. Aug. c. 58. 5) Stoſch. Pier. gr. pl. 62. 61. 64. 6) Deſcr. des Pier. gr. du Cab. de Stoſch, p. 268.

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte02_1764/74>, abgerufen am 25.11.2024.