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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764.

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unter den Römischen Kaisern.
Bibliothek zu seyn, und der berühmte Peiresc gedenket in einer seiner un-
gedruckten Briefe, in der Bibliothek des Herrn Cardinals Alexander
Albani
, einer andern alten Handschrift des Terentius von den Zeiten Kai-
sers Constantius, Constantinus des Großen Sohns, dessen gemalte Fi-
guren von eben dem Stil mit jenen gewesen.

Man erinnere sich, daß, wenn ich von dem Falle der Kunst im Alter-G.
Erinnerung
über die Bau-
kunst dieser
Zeit.

thume rede, dieses vornehmlich von der Bildhauerey und Malerey zu ver-
stehen ist: denn da diese abnahmen, und sich ihrem Untergange näherten,
blühete die Baukunst in gewisser Maaße, und es wurden Werke in Rom
aufgeführet, dergleichen an Größe und Pracht Griechenland in seinen be-
sten Zeiten nicht gesehen, und da es wenige Künstler gab, die eine erträg-
liche Figur zeichnen konnten, bauete Caracalla die erstaunenden Bäder,
deren Trümmer selbst noch wunderbar scheinen. Diocletianus führete
seine Bäder auf, in welchen er jene noch zu übertreffen suchte, und man
muß gestehen, daß dasjenige, was sich von denselben erhalten hat, uns
mit Erstaunen erfüllen kann. Die Gebälke der Säulen aber werden un-
ter dem gehäuften Schnitzwerke, wie die Zuschauer in den Schauspielen
dieses Kaisers unter einer Ueberschwemmung von Blumen, welche man
auf sie werfen ließ, ersticket. Eine jede Seite von seinem Pallaste zu
Spalatro in Jllyrien ist siebenhundert und fünf Englische Fuß lang, nach
der neuesten Ausmessung Herrn Adams. Dieses erstaunende Gebäude
hatte vier Hauptgassen, von fünf und dreyßig Fuß breit, und die Gasse
von dem Eingange bis zu dem Platz in der Mitten, ist zweyhundert und
sechs und vierzig Fuß lang; die Gasse, welche diese durchschneidet, ist
vierhundert und vier und zwanzig Fuß lang. Auf beyden Seiten dieser
Gassen waren bedeckte Bogen von zwölf Fuß breit, und einige von den-
selben sind noch ganz erhalten. Nicht lange vorher sind die großen Pal-
läste und Tempel zu Palmyra aufgeführet, die an Pracht alle übrig geblie-

benen

unter den Roͤmiſchen Kaiſern.
Bibliothek zu ſeyn, und der beruͤhmte Peireſc gedenket in einer ſeiner un-
gedruckten Briefe, in der Bibliothek des Herrn Cardinals Alexander
Albani
, einer andern alten Handſchrift des Terentius von den Zeiten Kai-
ſers Conſtantius, Conſtantinus des Großen Sohns, deſſen gemalte Fi-
guren von eben dem Stil mit jenen geweſen.

Man erinnere ſich, daß, wenn ich von dem Falle der Kunſt im Alter-G.
Erinnerung
uͤber die Bau-
kunſt dieſer
Zeit.

thume rede, dieſes vornehmlich von der Bildhauerey und Malerey zu ver-
ſtehen iſt: denn da dieſe abnahmen, und ſich ihrem Untergange naͤherten,
bluͤhete die Baukunſt in gewiſſer Maaße, und es wurden Werke in Rom
aufgefuͤhret, dergleichen an Groͤße und Pracht Griechenland in ſeinen be-
ſten Zeiten nicht geſehen, und da es wenige Kuͤnſtler gab, die eine ertraͤg-
liche Figur zeichnen konnten, bauete Caracalla die erſtaunenden Baͤder,
deren Truͤmmer ſelbſt noch wunderbar ſcheinen. Diocletianus fuͤhrete
ſeine Baͤder auf, in welchen er jene noch zu uͤbertreffen ſuchte, und man
muß geſtehen, daß dasjenige, was ſich von denſelben erhalten hat, uns
mit Erſtaunen erfuͤllen kann. Die Gebaͤlke der Saͤulen aber werden un-
ter dem gehaͤuften Schnitzwerke, wie die Zuſchauer in den Schauſpielen
dieſes Kaiſers unter einer Ueberſchwemmung von Blumen, welche man
auf ſie werfen ließ, erſticket. Eine jede Seite von ſeinem Pallaſte zu
Spalatro in Jllyrien iſt ſiebenhundert und fuͤnf Engliſche Fuß lang, nach
der neueſten Ausmeſſung Herrn Adams. Dieſes erſtaunende Gebaͤude
hatte vier Hauptgaſſen, von fuͤnf und dreyßig Fuß breit, und die Gaſſe
von dem Eingange bis zu dem Platz in der Mitten, iſt zweyhundert und
ſechs und vierzig Fuß lang; die Gaſſe, welche dieſe durchſchneidet, iſt
vierhundert und vier und zwanzig Fuß lang. Auf beyden Seiten dieſer
Gaſſen waren bedeckte Bogen von zwoͤlf Fuß breit, und einige von den-
ſelben ſind noch ganz erhalten. Nicht lange vorher ſind die großen Pal-
laͤſte und Tempel zu Palmyra aufgefuͤhret, die an Pracht alle uͤbrig geblie-

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[423/0111] unter den Roͤmiſchen Kaiſern. Bibliothek zu ſeyn, und der beruͤhmte Peireſc gedenket in einer ſeiner un- gedruckten Briefe, in der Bibliothek des Herrn Cardinals Alexander Albani, einer andern alten Handſchrift des Terentius von den Zeiten Kai- ſers Conſtantius, Conſtantinus des Großen Sohns, deſſen gemalte Fi- guren von eben dem Stil mit jenen geweſen. Man erinnere ſich, daß, wenn ich von dem Falle der Kunſt im Alter- thume rede, dieſes vornehmlich von der Bildhauerey und Malerey zu ver- ſtehen iſt: denn da dieſe abnahmen, und ſich ihrem Untergange naͤherten, bluͤhete die Baukunſt in gewiſſer Maaße, und es wurden Werke in Rom aufgefuͤhret, dergleichen an Groͤße und Pracht Griechenland in ſeinen be- ſten Zeiten nicht geſehen, und da es wenige Kuͤnſtler gab, die eine ertraͤg- liche Figur zeichnen konnten, bauete Caracalla die erſtaunenden Baͤder, deren Truͤmmer ſelbſt noch wunderbar ſcheinen. Diocletianus fuͤhrete ſeine Baͤder auf, in welchen er jene noch zu uͤbertreffen ſuchte, und man muß geſtehen, daß dasjenige, was ſich von denſelben erhalten hat, uns mit Erſtaunen erfuͤllen kann. Die Gebaͤlke der Saͤulen aber werden un- ter dem gehaͤuften Schnitzwerke, wie die Zuſchauer in den Schauſpielen dieſes Kaiſers unter einer Ueberſchwemmung von Blumen, welche man auf ſie werfen ließ, erſticket. Eine jede Seite von ſeinem Pallaſte zu Spalatro in Jllyrien iſt ſiebenhundert und fuͤnf Engliſche Fuß lang, nach der neueſten Ausmeſſung Herrn Adams. Dieſes erſtaunende Gebaͤude hatte vier Hauptgaſſen, von fuͤnf und dreyßig Fuß breit, und die Gaſſe von dem Eingange bis zu dem Platz in der Mitten, iſt zweyhundert und ſechs und vierzig Fuß lang; die Gaſſe, welche dieſe durchſchneidet, iſt vierhundert und vier und zwanzig Fuß lang. Auf beyden Seiten dieſer Gaſſen waren bedeckte Bogen von zwoͤlf Fuß breit, und einige von den- ſelben ſind noch ganz erhalten. Nicht lange vorher ſind die großen Pal- laͤſte und Tempel zu Palmyra aufgefuͤhret, die an Pracht alle uͤbrig geblie- benen G. Erinnerung uͤber die Bau- kunſt dieſer Zeit.

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 2. Dresden, 1764, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte02_1764/111>, abgerufen am 22.11.2024.