Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem Ursprunge und Anfange der Kunst.
um die sechzigste Olympias, Herr von der Insel Samos war. Die
Scribenten der Römischen Geschichte aber berichten, daß bereits 1) Romu-
lus seine Statue, von dem Siege gekrönet, auf einem Wagen mit vier
Pferden, alles von Erzt, setzen lassen: der Wagen mit den Pferden war
eine Beute aus der Stadt Camerinum. Dieses soll nach dem Triumph
über die Fidenater, im siebenten Jahre dessen Regierung, und also in der
achten Olympias, geschehen seyn. Die Inschrift dieses Werks war, wie
2) Plutarchus angiebt, in Griechischen Buchstaben: da aber, wie 3) Dio-
nysius bey anderer Gelegenheit meldet, die Römische Schrift der ältesten
Griechischen ähnlich gewesen, könnte es eine Arbeit eines Hetrurischen Künst-
lers seyn. Ferner wird von einer Statue von Erzt gemeldet, welche
4) dem Horatius Cocles, und von einer andern zu Pferde, welche der be-
rühmten 5) Cloelia, zu Anfang der Römischen Republic, aufgerichtet wor-
den; und da Spurius Cassius wegen seiner Unternehmungen wider die
Freyheit gestrafet wurde, so ließ man aus seinem eingezogenen Vermögen
6) der Ceres Statuen von Erzt setzen. Auf der andern Seite aber wissen
wir aus andern Nachrichten, daß von den Griechen schon zur Zeit des
Croesus in Lydien ungeheuer große Werke in allerhand Metalle gearbeitet
wurden: die große Vase 7) von Silber, die besagter König in dem Tempel
zu Delphos schenkete, enthielt sechshundert Eimer, und oben gedachter
Theodorus war der Meister derselben. Die Spartaner ließen eine Vase von
Metall, als ein Geschenk für den Croesus, machen, welche 8) dreyhundert
Eimer fassete, und dieselbe war mit allerhand Thieren gezieret.

Eine
1) Dionys. Halic. Ant. R. L. 2. p. 112. l. 39.
2) In Romulo, p. 33. l. 8.
3) L. 4. p. 221. l. 46.
4) Dionys. Halic. Ant. R. L. 4. p. 221. l. 46.
5) Id. L. 5. p. 284. l. 43. p. 291. l. 39. Plutarch. in Public. p. 195 l 6.
6) Dionys. Halic. L. 8. p. 524. l. 38.
7) Herodor. L. 1. p. 12. l. 27.
8) Ib. L. 18. l. 9.
Winckelm. Gesch. der Kunst. C

Von dem Urſprunge und Anfange der Kunſt.
um die ſechzigſte Olympias, Herr von der Inſel Samos war. Die
Scribenten der Roͤmiſchen Geſchichte aber berichten, daß bereits 1) Romu-
lus ſeine Statue, von dem Siege gekroͤnet, auf einem Wagen mit vier
Pferden, alles von Erzt, ſetzen laſſen: der Wagen mit den Pferden war
eine Beute aus der Stadt Camerinum. Dieſes ſoll nach dem Triumph
uͤber die Fidenater, im ſiebenten Jahre deſſen Regierung, und alſo in der
achten Olympias, geſchehen ſeyn. Die Inſchrift dieſes Werks war, wie
2) Plutarchus angiebt, in Griechiſchen Buchſtaben: da aber, wie 3) Dio-
nyſius bey anderer Gelegenheit meldet, die Roͤmiſche Schrift der aͤlteſten
Griechiſchen aͤhnlich geweſen, koͤnnte es eine Arbeit eines Hetruriſchen Kuͤnſt-
lers ſeyn. Ferner wird von einer Statue von Erzt gemeldet, welche
4) dem Horatius Cocles, und von einer andern zu Pferde, welche der be-
ruͤhmten 5) Cloelia, zu Anfang der Roͤmiſchen Republic, aufgerichtet wor-
den; und da Spurius Caſſius wegen ſeiner Unternehmungen wider die
Freyheit geſtrafet wurde, ſo ließ man aus ſeinem eingezogenen Vermoͤgen
6) der Ceres Statuen von Erzt ſetzen. Auf der andern Seite aber wiſſen
wir aus andern Nachrichten, daß von den Griechen ſchon zur Zeit des
Croeſus in Lydien ungeheuer große Werke in allerhand Metalle gearbeitet
wurden: die große Vaſe 7) von Silber, die beſagter Koͤnig in dem Tempel
zu Delphos ſchenkete, enthielt ſechshundert Eimer, und oben gedachter
Theodorus war der Meiſter derſelben. Die Spartaner ließen eine Vaſe von
Metall, als ein Geſchenk fuͤr den Croeſus, machen, welche 8) dreyhundert
Eimer faſſete, und dieſelbe war mit allerhand Thieren gezieret.

Eine
1) Dionyſ. Halic. Ant. R. L. 2. p. 112. l. 39.
2) In Romulo, p. 33. l. 8.
3) L. 4. p. 221. l. 46.
4) Dionyſ. Halic. Ant. R. L. 4. p. 221. l. 46.
5) Id. L. 5. p. 284. l. 43. p. 291. l. 39. Plutarch. in Public. p. 195 l 6.
6) Dionyſ. Halic. L. 8. p. 524. l. 38.
7) Herodor. L. 1. p. 12. l. 27.
8) Ib. L. 18. l. 9.
Winckelm. Geſch. der Kunſt. C
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0067" n="17"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von dem Ur&#x017F;prunge und Anfange der Kun&#x017F;t.</hi></fw><lb/>
um die &#x017F;echzig&#x017F;te Olympias, Herr von der In&#x017F;el Samos war. Die<lb/>
Scribenten der Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Ge&#x017F;chichte aber berichten, daß bereits <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Diony&#x017F;. Halic. Ant. R. L. 2. p. 112. l.</hi> 39.</note> Romu-<lb/>
lus &#x017F;eine Statue, von dem Siege gekro&#x0364;net, auf einem Wagen mit vier<lb/>
Pferden, alles von Erzt, &#x017F;etzen la&#x017F;&#x017F;en: der Wagen mit den Pferden war<lb/>
eine Beute aus der Stadt Camerinum. Die&#x017F;es &#x017F;oll nach dem Triumph<lb/>
u&#x0364;ber die Fidenater, im &#x017F;iebenten Jahre de&#x017F;&#x017F;en Regierung, und al&#x017F;o in der<lb/>
achten Olympias, ge&#x017F;chehen &#x017F;eyn. Die In&#x017F;chrift die&#x017F;es Werks war, wie<lb/><note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">In Romulo, p. 33. l.</hi> 8.</note> Plutarchus angiebt, in Griechi&#x017F;chen Buch&#x017F;taben: da aber, wie <note place="foot" n="3)"><hi rendition="#aq">L. 4. p. 221. l.</hi> 46.</note> Dio-<lb/>
ny&#x017F;ius bey anderer Gelegenheit meldet, die Ro&#x0364;mi&#x017F;che Schrift der a&#x0364;lte&#x017F;ten<lb/>
Griechi&#x017F;chen a&#x0364;hnlich gewe&#x017F;en, ko&#x0364;nnte es eine Arbeit eines Hetruri&#x017F;chen Ku&#x0364;n&#x017F;t-<lb/>
lers &#x017F;eyn. Ferner wird von einer Statue von Erzt gemeldet, welche<lb/><note place="foot" n="4)"><hi rendition="#aq">Diony&#x017F;. Halic. Ant. R. L. 4. p. 221. l.</hi> 46.</note> dem Horatius Cocles, und von einer andern zu Pferde, welche der be-<lb/>
ru&#x0364;hmten <note place="foot" n="5)"><hi rendition="#aq">Id. L. 5. p. 284. l. 43. p. 291. l. 39. Plutarch. in Public. p. 195 l</hi> 6.</note> Cloelia, zu Anfang der Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Republic, aufgerichtet wor-<lb/>
den; und da Spurius Ca&#x017F;&#x017F;ius wegen &#x017F;einer Unternehmungen wider die<lb/>
Freyheit ge&#x017F;trafet wurde, &#x017F;o ließ man aus &#x017F;einem eingezogenen Vermo&#x0364;gen<lb/><note place="foot" n="6)"><hi rendition="#aq">Diony&#x017F;. Halic. L. 8. p. 524. l.</hi> 38.</note> der Ceres Statuen von Erzt &#x017F;etzen. Auf der andern Seite aber wi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wir aus andern Nachrichten, daß von den Griechen &#x017F;chon zur Zeit des<lb/>
Croe&#x017F;us in Lydien ungeheuer große Werke in allerhand Metalle gearbeitet<lb/>
wurden: die große Va&#x017F;e <note place="foot" n="7)"><hi rendition="#aq">Herodor. L. 1. p. 12. l.</hi> 27.</note> von Silber, die be&#x017F;agter Ko&#x0364;nig in dem Tempel<lb/>
zu Delphos &#x017F;chenkete, enthielt &#x017F;echshundert Eimer, und oben gedachter<lb/>
Theodorus war der Mei&#x017F;ter der&#x017F;elben. Die Spartaner ließen eine Va&#x017F;e von<lb/>
Metall, als ein Ge&#x017F;chenk fu&#x0364;r den Croe&#x017F;us, machen, welche <note place="foot" n="8)"><hi rendition="#aq">Ib. L. 18. l.</hi> 9.</note> dreyhundert<lb/>
Eimer fa&#x017F;&#x017F;ete, und die&#x017F;elbe war mit allerhand Thieren gezieret.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Eine</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#b">Winckelm. Ge&#x017F;ch. der Kun&#x017F;t. C</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0067] Von dem Urſprunge und Anfange der Kunſt. um die ſechzigſte Olympias, Herr von der Inſel Samos war. Die Scribenten der Roͤmiſchen Geſchichte aber berichten, daß bereits 1) Romu- lus ſeine Statue, von dem Siege gekroͤnet, auf einem Wagen mit vier Pferden, alles von Erzt, ſetzen laſſen: der Wagen mit den Pferden war eine Beute aus der Stadt Camerinum. Dieſes ſoll nach dem Triumph uͤber die Fidenater, im ſiebenten Jahre deſſen Regierung, und alſo in der achten Olympias, geſchehen ſeyn. Die Inſchrift dieſes Werks war, wie 2) Plutarchus angiebt, in Griechiſchen Buchſtaben: da aber, wie 3) Dio- nyſius bey anderer Gelegenheit meldet, die Roͤmiſche Schrift der aͤlteſten Griechiſchen aͤhnlich geweſen, koͤnnte es eine Arbeit eines Hetruriſchen Kuͤnſt- lers ſeyn. Ferner wird von einer Statue von Erzt gemeldet, welche 4) dem Horatius Cocles, und von einer andern zu Pferde, welche der be- ruͤhmten 5) Cloelia, zu Anfang der Roͤmiſchen Republic, aufgerichtet wor- den; und da Spurius Caſſius wegen ſeiner Unternehmungen wider die Freyheit geſtrafet wurde, ſo ließ man aus ſeinem eingezogenen Vermoͤgen 6) der Ceres Statuen von Erzt ſetzen. Auf der andern Seite aber wiſſen wir aus andern Nachrichten, daß von den Griechen ſchon zur Zeit des Croeſus in Lydien ungeheuer große Werke in allerhand Metalle gearbeitet wurden: die große Vaſe 7) von Silber, die beſagter Koͤnig in dem Tempel zu Delphos ſchenkete, enthielt ſechshundert Eimer, und oben gedachter Theodorus war der Meiſter derſelben. Die Spartaner ließen eine Vaſe von Metall, als ein Geſchenk fuͤr den Croeſus, machen, welche 8) dreyhundert Eimer faſſete, und dieſelbe war mit allerhand Thieren gezieret. Eine 1) Dionyſ. Halic. Ant. R. L. 2. p. 112. l. 39. 2) In Romulo, p. 33. l. 8. 3) L. 4. p. 221. l. 46. 4) Dionyſ. Halic. Ant. R. L. 4. p. 221. l. 46. 5) Id. L. 5. p. 284. l. 43. p. 291. l. 39. Plutarch. in Public. p. 195 l 6. 6) Dionyſ. Halic. L. 8. p. 524. l. 38. 7) Herodor. L. 1. p. 12. l. 27. 8) Ib. L. 18. l. 9. Winckelm. Geſch. der Kunſt. C

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/67
Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/67>, abgerufen am 22.11.2024.