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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.

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I Theil. Fünftes Capitel.
mit aufgeschlagenen Krempen, welche vorne eine lange Spitze machen, und
an der Seite eingeschnitten sind, um dieselben vorne gerade hinaufzuschlagen,
auf die Weise, wie einige Reisehüte sind, die man in Deutschland auf der
Jagd trägt. Diesen Hut hat ein sogenannter Indischer Bacchus auf der
angeführten Vase von Marmor im Pallaste Farnese: einen Hut mit weit
angezogenen niedrigen Krempen, nach der Art, wie die Priesterhüte gestutzt
sind, trägt eine Figur auf der Jagd auf der beschriebenen Walzenförmigen
Vase von Erzt. Eine besondere Art von Hüten trugen die Römischen Auri-
gatores, oder diejenigen, welche auf Wagen Wette liefen; es gehen die-
selben oben ganz spitzig zu, und sind den Sinesischen Hüten völlig ähnlich.
Man sieht diese Hüte an solchen Personen auf ein paar Stücken von Musaico
im Hause Massini, und auf einem nicht mehr vorhandenen Werke beym
Montfaucon.

Es wäre hier auch mit ein paar Worten der Phrygischen Mützen zu
gedenken, welche so wohl Männern, als Weibern, gemein waren, um eine
bisher nicht verstandene Stelle des Virgilius zu erklären. In dem Hause
der Villa Negroni befindet sich ein Männlich jugendlicher Kopf mit einer
Phrygischen Mütze, und hinten von derselben geht wie ein Schleyer her-
unter, welcher vorne den Hals verhüllet, und das Kinn bedecket bis an
die Unterlippe, auf eben die Art, wie an einer Figur in Erzt der Schleyer
gelegt ist 1), nur mit dem Unterschiede, daß hier auch der Mund verhül-
let wird. Aus jenem Kopfe erkläret sich der Paris des Virgilius:

Maeonia mentum mitra crinemque madentem
Subnixus.

Aen. 4. v. 216.

über welchen Ort man die vermeynten Erklärungen und Verbesserungen des-
selben bey unten angeführten Scribenten finden kann 2).

Bein-
1) Ficoroni Rom. p. 20.
2) Turneb. Advers. L. 29. c. 25. Gevartii Elect. L. 1. c. 7. p. 17.

I Theil. Fuͤnftes Capitel.
mit aufgeſchlagenen Krempen, welche vorne eine lange Spitze machen, und
an der Seite eingeſchnitten ſind, um dieſelben vorne gerade hinaufzuſchlagen,
auf die Weiſe, wie einige Reiſehuͤte ſind, die man in Deutſchland auf der
Jagd traͤgt. Dieſen Hut hat ein ſogenannter Indiſcher Bacchus auf der
angefuͤhrten Vaſe von Marmor im Pallaſte Farneſe: einen Hut mit weit
angezogenen niedrigen Krempen, nach der Art, wie die Prieſterhuͤte geſtutzt
ſind, traͤgt eine Figur auf der Jagd auf der beſchriebenen Walzenfoͤrmigen
Vaſe von Erzt. Eine beſondere Art von Huͤten trugen die Roͤmiſchen Auri-
gatores, oder diejenigen, welche auf Wagen Wette liefen; es gehen die-
ſelben oben ganz ſpitzig zu, und ſind den Sineſiſchen Huͤten voͤllig aͤhnlich.
Man ſieht dieſe Huͤte an ſolchen Perſonen auf ein paar Stuͤcken von Muſaico
im Hauſe Maſſini, und auf einem nicht mehr vorhandenen Werke beym
Montfaucon.

Es waͤre hier auch mit ein paar Worten der Phrygiſchen Muͤtzen zu
gedenken, welche ſo wohl Maͤnnern, als Weibern, gemein waren, um eine
bisher nicht verſtandene Stelle des Virgilius zu erklaͤren. In dem Hauſe
der Villa Negroni befindet ſich ein Maͤnnlich jugendlicher Kopf mit einer
Phrygiſchen Muͤtze, und hinten von derſelben geht wie ein Schleyer her-
unter, welcher vorne den Hals verhuͤllet, und das Kinn bedecket bis an
die Unterlippe, auf eben die Art, wie an einer Figur in Erzt der Schleyer
gelegt iſt 1), nur mit dem Unterſchiede, daß hier auch der Mund verhuͤl-
let wird. Aus jenem Kopfe erklaͤret ſich der Paris des Virgilius:

Maeonia mentum mitra crinemque madentem
Subnixus.

Aen. 4. v. 216.

uͤber welchen Ort man die vermeynten Erklaͤrungen und Verbeſſerungen deſ-
ſelben bey unten angefuͤhrten Scribenten finden kann 2).

Bein-
1) Ficoroni Rom. p. 20.
2) Turneb. Adverſ. L. 29. c. 25. Gevartii Elect. L. 1. c. 7. p. 17.
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[308/0358] I Theil. Fuͤnftes Capitel. mit aufgeſchlagenen Krempen, welche vorne eine lange Spitze machen, und an der Seite eingeſchnitten ſind, um dieſelben vorne gerade hinaufzuſchlagen, auf die Weiſe, wie einige Reiſehuͤte ſind, die man in Deutſchland auf der Jagd traͤgt. Dieſen Hut hat ein ſogenannter Indiſcher Bacchus auf der angefuͤhrten Vaſe von Marmor im Pallaſte Farneſe: einen Hut mit weit angezogenen niedrigen Krempen, nach der Art, wie die Prieſterhuͤte geſtutzt ſind, traͤgt eine Figur auf der Jagd auf der beſchriebenen Walzenfoͤrmigen Vaſe von Erzt. Eine beſondere Art von Huͤten trugen die Roͤmiſchen Auri- gatores, oder diejenigen, welche auf Wagen Wette liefen; es gehen die- ſelben oben ganz ſpitzig zu, und ſind den Sineſiſchen Huͤten voͤllig aͤhnlich. Man ſieht dieſe Huͤte an ſolchen Perſonen auf ein paar Stuͤcken von Muſaico im Hauſe Maſſini, und auf einem nicht mehr vorhandenen Werke beym Montfaucon. Es waͤre hier auch mit ein paar Worten der Phrygiſchen Muͤtzen zu gedenken, welche ſo wohl Maͤnnern, als Weibern, gemein waren, um eine bisher nicht verſtandene Stelle des Virgilius zu erklaͤren. In dem Hauſe der Villa Negroni befindet ſich ein Maͤnnlich jugendlicher Kopf mit einer Phrygiſchen Muͤtze, und hinten von derſelben geht wie ein Schleyer her- unter, welcher vorne den Hals verhuͤllet, und das Kinn bedecket bis an die Unterlippe, auf eben die Art, wie an einer Figur in Erzt der Schleyer gelegt iſt 1), nur mit dem Unterſchiede, daß hier auch der Mund verhuͤl- let wird. Aus jenem Kopfe erklaͤret ſich der Paris des Virgilius: Maeonia mentum mitra crinemque madentem Subnixus. Aen. 4. v. 216. uͤber welchen Ort man die vermeynten Erklaͤrungen und Verbeſſerungen deſ- ſelben bey unten angefuͤhrten Scribenten finden kann 2). Bein- 1) Ficoroni Rom. p. 20. 2) Turneb. Adverſ. L. 29. c. 25. Gevartii Elect. L. 1. c. 7. p. 17.

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/358>, abgerufen am 25.11.2024.