Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
Von der Kunst unter den Römern.

Nach geschlossenem Frieden mit dem Antiochus ergriffen die Aetolier,F.
Nach Erobe-
rung von Ma-
cedonien.

welche mit jenem verbunden gewesen waren, von neuem die Waffen wider
die Macedonier, welches folglich auch die Römer, als damalige Freunde
derselben, betraf. Es kam zu einer harten Belagerung der Stadt Ambracia,
die sich endlich übergab. Hier war ehemals der Königliche Sitz des Pyr-
rhus gewesen, und es war die Stadt angefüllet mit Statuen von Erzt
und Marmor, und mit Gemälden, welche sie alle den Römern überliefern
mußten, von denen sie nach Rom geschickt wurden 1); so daß sich die Bür-
ger dieser Stadt zu Rom beklagten, sie hätten keine einzige Gottheit,
welche sie verehren könnten. M. Fulvius führete in seinem Triumphe über
die Aetolier zwohundert und achtzig Statuen von Erzt, und zwohundert
und dreyßig Statuen von Marmor in Rom ein 2). Zum Bau und zur
Auszierung der Spiele, welche eben dieser Consul gab, kamen Künstler
aus Griechenland nach Rom 3), und damals erschienen zuerst nach Grie-
chischem Gebrauche, Ringer in den Spielen. Dieser M. Fulvius, da er
mit dem M. Aemilius Censor war, im Jahre der Stadt Rom 573, fieng
an die Stadt mit prächtigen öffentlichen Gebäuden auszuzieren 4). Der
Marmor aber muß noch zur Zeit nicht häufig in Rom gewesen seyn, da
die Römer noch nicht ruhige Herren waren von der Gegend der Ligurier,
wo Luna, itzo Carrara, lag, woher ehemals, so wie itzo, der weiße
Marmor geholet wurde. Dieses erhellet auch daraus, daß gedachter
Censor M. Fulvius die Ziegel von Marmor 5), womit der berühmte
Tempel der Juno Lacinia bey Croton, in Groß-Griechenland, gedecket
war, abdecken, und nach Rom führen ließ, zum Dache eines Tempels,
welchen er selbst, vermöge eines Gelübdes, zu bauen hatte. Dessen Col-
lege, der Censor M. Aemilius, ließ einen Marktplatz pflastern, und, wel-
ches fremde scheinet, mit Pfahlwerk umzäunen 6).

Wenige
1) Liv. L. 38. c. 9. c. 43.
2) Id. L. 39. c. 5.
3) Ibid. c. 22.
4) Id. L. 40. c. 51. 52.
5) Id. L. 42. c. 3.
6) Id. L. 41. c. 32.
P p 3
Von der Kunſt unter den Roͤmern.

Nach geſchloſſenem Frieden mit dem Antiochus ergriffen die Aetolier,F.
Nach Erobe-
rung von Ma-
cedonien.

welche mit jenem verbunden geweſen waren, von neuem die Waffen wider
die Macedonier, welches folglich auch die Roͤmer, als damalige Freunde
derſelben, betraf. Es kam zu einer harten Belagerung der Stadt Ambracia,
die ſich endlich uͤbergab. Hier war ehemals der Koͤnigliche Sitz des Pyr-
rhus geweſen, und es war die Stadt angefuͤllet mit Statuen von Erzt
und Marmor, und mit Gemaͤlden, welche ſie alle den Roͤmern uͤberliefern
mußten, von denen ſie nach Rom geſchickt wurden 1); ſo daß ſich die Buͤr-
ger dieſer Stadt zu Rom beklagten, ſie haͤtten keine einzige Gottheit,
welche ſie verehren koͤnnten. M. Fulvius fuͤhrete in ſeinem Triumphe uͤber
die Aetolier zwohundert und achtzig Statuen von Erzt, und zwohundert
und dreyßig Statuen von Marmor in Rom ein 2). Zum Bau und zur
Auszierung der Spiele, welche eben dieſer Conſul gab, kamen Kuͤnſtler
aus Griechenland nach Rom 3), und damals erſchienen zuerſt nach Grie-
chiſchem Gebrauche, Ringer in den Spielen. Dieſer M. Fulvius, da er
mit dem M. Aemilius Cenſor war, im Jahre der Stadt Rom 573, fieng
an die Stadt mit praͤchtigen oͤffentlichen Gebaͤuden auszuzieren 4). Der
Marmor aber muß noch zur Zeit nicht haͤufig in Rom geweſen ſeyn, da
die Roͤmer noch nicht ruhige Herren waren von der Gegend der Ligurier,
wo Luna, itzo Carrara, lag, woher ehemals, ſo wie itzo, der weiße
Marmor geholet wurde. Dieſes erhellet auch daraus, daß gedachter
Cenſor M. Fulvius die Ziegel von Marmor 5), womit der beruͤhmte
Tempel der Juno Lacinia bey Croton, in Groß-Griechenland, gedecket
war, abdecken, und nach Rom fuͤhren ließ, zum Dache eines Tempels,
welchen er ſelbſt, vermoͤge eines Geluͤbdes, zu bauen hatte. Deſſen Col-
lege, der Cenſor M. Aemilius, ließ einen Marktplatz pflaſtern, und, wel-
ches fremde ſcheinet, mit Pfahlwerk umzaͤunen 6).

Wenige
1) Liv. L. 38. c. 9. c. 43.
2) Id. L. 39. c. 5.
3) Ibid. c. 22.
4) Id. L. 40. c. 51. 52.
5) Id. L. 42. c. 3.
6) Id. L. 41. c. 32.
P p 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0351" n="301"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von der Kun&#x017F;t unter den Ro&#x0364;mern.</hi> </fw><lb/>
              <p>Nach ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enem Frieden mit dem Antiochus ergriffen die Aetolier,<note place="right"><hi rendition="#aq">F.</hi><lb/>
Nach Erobe-<lb/>
rung von Ma-<lb/>
cedonien.</note><lb/>
welche mit jenem verbunden gewe&#x017F;en waren, von neuem die Waffen wider<lb/>
die Macedonier, welches folglich auch die Ro&#x0364;mer, als damalige Freunde<lb/>
der&#x017F;elben, betraf. Es kam zu einer harten Belagerung der Stadt Ambracia,<lb/>
die &#x017F;ich endlich u&#x0364;bergab. Hier war ehemals der Ko&#x0364;nigliche Sitz des Pyr-<lb/>
rhus gewe&#x017F;en, und es war die Stadt angefu&#x0364;llet mit Statuen von Erzt<lb/>
und Marmor, und mit Gema&#x0364;lden, welche &#x017F;ie alle den Ro&#x0364;mern u&#x0364;berliefern<lb/>
mußten, von denen &#x017F;ie nach Rom ge&#x017F;chickt wurden <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Liv. L. 38. c. 9. c.</hi> 43.</note>; &#x017F;o daß &#x017F;ich die Bu&#x0364;r-<lb/>
ger die&#x017F;er Stadt zu Rom beklagten, &#x017F;ie ha&#x0364;tten keine einzige Gottheit,<lb/>
welche &#x017F;ie verehren ko&#x0364;nnten. M. Fulvius fu&#x0364;hrete in &#x017F;einem Triumphe u&#x0364;ber<lb/>
die Aetolier zwohundert und achtzig Statuen von Erzt, und zwohundert<lb/>
und dreyßig Statuen von Marmor in Rom ein <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Id. L. 39. c.</hi> 5.</note>. Zum Bau und zur<lb/>
Auszierung der Spiele, welche eben die&#x017F;er Con&#x017F;ul gab, kamen Ku&#x0364;n&#x017F;tler<lb/>
aus Griechenland nach Rom <note place="foot" n="3)"><hi rendition="#aq">Ibid. c.</hi> 22.</note>, und damals er&#x017F;chienen zuer&#x017F;t nach Grie-<lb/>
chi&#x017F;chem Gebrauche, Ringer in den Spielen. Die&#x017F;er M. Fulvius, da er<lb/>
mit dem M. Aemilius Cen&#x017F;or war, im Jahre der Stadt Rom 573, fieng<lb/>
an die Stadt mit pra&#x0364;chtigen o&#x0364;ffentlichen Geba&#x0364;uden auszuzieren <note place="foot" n="4)"><hi rendition="#aq">Id. L. 40. c.</hi> 51. 52.</note>. Der<lb/>
Marmor aber muß noch zur Zeit nicht ha&#x0364;ufig in Rom gewe&#x017F;en &#x017F;eyn, da<lb/>
die Ro&#x0364;mer noch nicht ruhige Herren waren von der Gegend der Ligurier,<lb/>
wo Luna, itzo Carrara, lag, woher ehemals, &#x017F;o wie itzo, der weiße<lb/>
Marmor geholet wurde. Die&#x017F;es erhellet auch daraus, daß gedachter<lb/>
Cen&#x017F;or M. Fulvius die Ziegel von Marmor <note place="foot" n="5)"><hi rendition="#aq">Id. L. 42. c.</hi> 3.</note>, womit der beru&#x0364;hmte<lb/>
Tempel der Juno Lacinia bey Croton, in Groß-Griechenland, gedecket<lb/>
war, abdecken, und nach Rom fu&#x0364;hren ließ, zum Dache eines Tempels,<lb/>
welchen er &#x017F;elb&#x017F;t, vermo&#x0364;ge eines Gelu&#x0364;bdes, zu bauen hatte. De&#x017F;&#x017F;en Col-<lb/>
lege, der Cen&#x017F;or M. Aemilius, ließ einen Marktplatz pfla&#x017F;tern, und, wel-<lb/>
ches fremde &#x017F;cheinet, mit Pfahlwerk umza&#x0364;unen <note place="foot" n="6)"><hi rendition="#aq">Id. L. 41. c.</hi> 32.</note>.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">P p 3</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Wenige</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[301/0351] Von der Kunſt unter den Roͤmern. Nach geſchloſſenem Frieden mit dem Antiochus ergriffen die Aetolier, welche mit jenem verbunden geweſen waren, von neuem die Waffen wider die Macedonier, welches folglich auch die Roͤmer, als damalige Freunde derſelben, betraf. Es kam zu einer harten Belagerung der Stadt Ambracia, die ſich endlich uͤbergab. Hier war ehemals der Koͤnigliche Sitz des Pyr- rhus geweſen, und es war die Stadt angefuͤllet mit Statuen von Erzt und Marmor, und mit Gemaͤlden, welche ſie alle den Roͤmern uͤberliefern mußten, von denen ſie nach Rom geſchickt wurden 1); ſo daß ſich die Buͤr- ger dieſer Stadt zu Rom beklagten, ſie haͤtten keine einzige Gottheit, welche ſie verehren koͤnnten. M. Fulvius fuͤhrete in ſeinem Triumphe uͤber die Aetolier zwohundert und achtzig Statuen von Erzt, und zwohundert und dreyßig Statuen von Marmor in Rom ein 2). Zum Bau und zur Auszierung der Spiele, welche eben dieſer Conſul gab, kamen Kuͤnſtler aus Griechenland nach Rom 3), und damals erſchienen zuerſt nach Grie- chiſchem Gebrauche, Ringer in den Spielen. Dieſer M. Fulvius, da er mit dem M. Aemilius Cenſor war, im Jahre der Stadt Rom 573, fieng an die Stadt mit praͤchtigen oͤffentlichen Gebaͤuden auszuzieren 4). Der Marmor aber muß noch zur Zeit nicht haͤufig in Rom geweſen ſeyn, da die Roͤmer noch nicht ruhige Herren waren von der Gegend der Ligurier, wo Luna, itzo Carrara, lag, woher ehemals, ſo wie itzo, der weiße Marmor geholet wurde. Dieſes erhellet auch daraus, daß gedachter Cenſor M. Fulvius die Ziegel von Marmor 5), womit der beruͤhmte Tempel der Juno Lacinia bey Croton, in Groß-Griechenland, gedecket war, abdecken, und nach Rom fuͤhren ließ, zum Dache eines Tempels, welchen er ſelbſt, vermoͤge eines Geluͤbdes, zu bauen hatte. Deſſen Col- lege, der Cenſor M. Aemilius, ließ einen Marktplatz pflaſtern, und, wel- ches fremde ſcheinet, mit Pfahlwerk umzaͤunen 6). F. Nach Erobe- rung von Ma- cedonien. Wenige 1) Liv. L. 38. c. 9. c. 43. 2) Id. L. 39. c. 5. 3) Ibid. c. 22. 4) Id. L. 40. c. 51. 52. 5) Id. L. 42. c. 3. 6) Id. L. 41. c. 32. P p 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/351
Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/351>, abgerufen am 22.11.2024.