Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.Von der Kunst unter den Griechen. ich nichts zu vergleichen; es blühet so viel Wollust auf demselben, daß dessenganzes Leben nichts, als ein Kuß, zu seyn scheinet. Dieses Gemälde entdeckte ein Fremder, welcher sich etwa vier Jahre Einige Zeit nachher ließ der Besitzer dieses Gemäldes zwey andere kränztem M m 3
Von der Kunſt unter den Griechen. ich nichts zu vergleichen; es bluͤhet ſo viel Wolluſt auf demſelben, daß deſſenganzes Leben nichts, als ein Kuß, zu ſeyn ſcheinet. Dieſes Gemaͤlde entdeckte ein Fremder, welcher ſich etwa vier Jahre Einige Zeit nachher ließ der Beſitzer dieſes Gemaͤldes zwey andere kraͤnztem M m 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0327" n="277"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Kunſt unter den Griechen.</hi></fw><lb/> ich nichts zu vergleichen; es bluͤhet ſo viel Wolluſt auf demſelben, daß deſſen<lb/> ganzes Leben nichts, als ein Kuß, zu ſeyn ſcheinet.</p><lb/> <p>Dieſes Gemaͤlde entdeckte ein Fremder, welcher ſich etwa vier Jahre<lb/> vorher wohnhaft zu Rom niedergelaſſen hatte, der Ritter <hi rendition="#fr">Diel von Mar-<lb/> ſilly,</hi> aus der Normandie, ehemals Lieutenant von der Garde Grenadiers<lb/> des Koͤnigs in Frankreich. Er ließ daſſelbe von dem Orte, wo es ſtand,<lb/> heimlich von der Mauer abnehmen, und da das Geheimniß dieſer Entde-<lb/> ckung nicht erlaubete, die Mauer zu ſagen, und mit derſelben das Ge-<lb/> maͤlde ganz zu erhalten, ſo nahm er die oberſte Bekleidung der Mauer ſtuͤck-<lb/> weis ab, und brachte auf dieſe Art dieſen ſeltenen Schatz in viel Stuͤcken<lb/> nach Rom. Er bedienete ſich, aus Furcht verrathen zu werden, und alle<lb/> Anſpruͤche zu vermeiden, eines Maurers, welcher in ſeinem Hauſe arbei-<lb/> tete, von welchem er eine Lage von Gips in der Groͤße des Gemaͤldes ma-<lb/> chen ließ, und auf dieſem Grunde fuͤgte er ſelbſt die Stuͤcke aneinander.</p><lb/> <p>Einige Zeit nachher ließ der Beſitzer dieſes Gemaͤldes zwey andere<lb/> insgeheim nach Rom kommen, ebenfalls in abgeloͤſeten Stuͤcken, deren<lb/> Zuſammenſetzung aber durch Kunſtverſtaͤndige beſorget wurde. Dieſe<lb/> zwey Stuͤcke ſind kleiner, und die Figuren zween Palme hoch. Das eine<lb/> ſtellet drey tanzende Weibliche Figuren, wie in Froͤlichkeit nach der Wein-<lb/> leſe, vor, welche ſich angefaſſet haben, und ein ſchoͤn geſtelletes Gruppo<lb/> machen: ſie heben alle dreye das rechte Bein auf, wie in einem abgemeſſe-<lb/> nen Tanze. Sie ſind nur im Unterkleide, welches ihnen bis auf die Knie<lb/> gehen wuͤrde, im Springen aber bleibt ein Theil des Schenkels entbloͤßt,<lb/> ſo wie es die Bruſt iſt, unter welcher das Unterkleid an zwo Figuren mit<lb/> einem Guͤrtel angelegt iſt. Das obere Gewand, oder <hi rendition="#fr">Peplon,</hi> haben zwo<lb/> derſelben uͤber die Achſel geworfen, und es flieget an der einen Figur, in<lb/> geſchlaͤngelte Falten, nach Art Hetruriſcher Gewaͤnder, geworfen: die<lb/> dritte Figur iſt ohne dieſes Gewand. Eine Maͤnnliche Figur, mit be-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">M m 3</fw><fw place="bottom" type="catch">kraͤnztem</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [277/0327]
Von der Kunſt unter den Griechen.
ich nichts zu vergleichen; es bluͤhet ſo viel Wolluſt auf demſelben, daß deſſen
ganzes Leben nichts, als ein Kuß, zu ſeyn ſcheinet.
Dieſes Gemaͤlde entdeckte ein Fremder, welcher ſich etwa vier Jahre
vorher wohnhaft zu Rom niedergelaſſen hatte, der Ritter Diel von Mar-
ſilly, aus der Normandie, ehemals Lieutenant von der Garde Grenadiers
des Koͤnigs in Frankreich. Er ließ daſſelbe von dem Orte, wo es ſtand,
heimlich von der Mauer abnehmen, und da das Geheimniß dieſer Entde-
ckung nicht erlaubete, die Mauer zu ſagen, und mit derſelben das Ge-
maͤlde ganz zu erhalten, ſo nahm er die oberſte Bekleidung der Mauer ſtuͤck-
weis ab, und brachte auf dieſe Art dieſen ſeltenen Schatz in viel Stuͤcken
nach Rom. Er bedienete ſich, aus Furcht verrathen zu werden, und alle
Anſpruͤche zu vermeiden, eines Maurers, welcher in ſeinem Hauſe arbei-
tete, von welchem er eine Lage von Gips in der Groͤße des Gemaͤldes ma-
chen ließ, und auf dieſem Grunde fuͤgte er ſelbſt die Stuͤcke aneinander.
Einige Zeit nachher ließ der Beſitzer dieſes Gemaͤldes zwey andere
insgeheim nach Rom kommen, ebenfalls in abgeloͤſeten Stuͤcken, deren
Zuſammenſetzung aber durch Kunſtverſtaͤndige beſorget wurde. Dieſe
zwey Stuͤcke ſind kleiner, und die Figuren zween Palme hoch. Das eine
ſtellet drey tanzende Weibliche Figuren, wie in Froͤlichkeit nach der Wein-
leſe, vor, welche ſich angefaſſet haben, und ein ſchoͤn geſtelletes Gruppo
machen: ſie heben alle dreye das rechte Bein auf, wie in einem abgemeſſe-
nen Tanze. Sie ſind nur im Unterkleide, welches ihnen bis auf die Knie
gehen wuͤrde, im Springen aber bleibt ein Theil des Schenkels entbloͤßt,
ſo wie es die Bruſt iſt, unter welcher das Unterkleid an zwo Figuren mit
einem Guͤrtel angelegt iſt. Das obere Gewand, oder Peplon, haben zwo
derſelben uͤber die Achſel geworfen, und es flieget an der einen Figur, in
geſchlaͤngelte Falten, nach Art Hetruriſcher Gewaͤnder, geworfen: die
dritte Figur iſt ohne dieſes Gewand. Eine Maͤnnliche Figur, mit be-
kraͤnztem
M m 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |