Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.I Theil. Viertes Capitel. zween große Löwen von Marmor, welche am Eingange des Arsenals zuVenedig stehen, und von Athen dahin gebracht worden, sind ebenfalls mit dem bloßen Eisen ausgearbeitet; es ist aber diese Art solchen und so großen Werken in Marmor mehr eigen. Die Coloßische Statue aber, von welcher im Campidoglio beyde Füße, Stücke von den Armen, und eine Kniescheibe übrig sind, (die von dem Colossus des Apollo, welchen Lucul- lus aus Apollonien nach Rom führete, seyn sollen) war geschliffen und geglättet. Die Füße sind neun Palme lang, und die Nägel der großen Zehe achthalb Zolle, und diese Zehe selbst hat im Umkreise über vier Palme. Die Geschicklichkeit und Fertigkeit der Ausarbeitung mit dem bloßen Eisen hat nicht anders, als durch lange Uebung, erlanget werden können, zu wel- cher unsere Zeiten nicht Gelegenheit genug haben. Die mehresten Statuen in Marmor aber wurden geglättet, und man Der schwarze Marmor kam später, als der weiße, in Gebrauch: die sium, 1) Plin. L. 36. c. 10. 2) Nem. Od. 6. v. 107. 3) Vitruv. L. 7. c. 9. Plin. L. 33. c. 40.
I Theil. Viertes Capitel. zween große Loͤwen von Marmor, welche am Eingange des Arſenals zuVenedig ſtehen, und von Athen dahin gebracht worden, ſind ebenfalls mit dem bloßen Eiſen ausgearbeitet; es iſt aber dieſe Art ſolchen und ſo großen Werken in Marmor mehr eigen. Die Coloßiſche Statue aber, von welcher im Campidoglio beyde Fuͤße, Stuͤcke von den Armen, und eine Knieſcheibe uͤbrig ſind, (die von dem Coloſſus des Apollo, welchen Lucul- lus aus Apollonien nach Rom fuͤhrete, ſeyn ſollen) war geſchliffen und geglaͤttet. Die Fuͤße ſind neun Palme lang, und die Naͤgel der großen Zehe achthalb Zolle, und dieſe Zehe ſelbſt hat im Umkreiſe uͤber vier Palme. Die Geſchicklichkeit und Fertigkeit der Ausarbeitung mit dem bloßen Eiſen hat nicht anders, als durch lange Uebung, erlanget werden koͤnnen, zu wel- cher unſere Zeiten nicht Gelegenheit genug haben. Die mehreſten Statuen in Marmor aber wurden geglaͤttet, und man Der ſchwarze Marmor kam ſpaͤter, als der weiße, in Gebrauch: die ſium, 1) Plin. L. 36. c. 10. 2) Nem. Od. 6. v. 107. 3) Vitruv. L. 7. c. 9. Plin. L. 33. c. 40.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0304" n="254"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I</hi> Theil. Viertes Capitel.</hi></fw><lb/> zween große Loͤwen von Marmor, welche am Eingange des Arſenals zu<lb/> Venedig ſtehen, und von Athen dahin gebracht worden, ſind ebenfalls<lb/> mit dem bloßen Eiſen ausgearbeitet; es iſt aber dieſe Art ſolchen und ſo<lb/> großen Werken in Marmor mehr eigen. Die Coloßiſche Statue aber,<lb/> von welcher im Campidoglio beyde Fuͤße, Stuͤcke von den Armen, und eine<lb/> Knieſcheibe uͤbrig ſind, (die von dem Coloſſus des Apollo, welchen Lucul-<lb/> lus aus Apollonien nach Rom fuͤhrete, ſeyn ſollen) war geſchliffen und<lb/> geglaͤttet. Die Fuͤße ſind neun Palme lang, und die Naͤgel der großen<lb/> Zehe achthalb Zolle, und dieſe Zehe ſelbſt hat im Umkreiſe uͤber vier Palme.<lb/> Die Geſchicklichkeit und Fertigkeit der Ausarbeitung mit dem bloßen Eiſen<lb/> hat nicht anders, als durch lange Uebung, erlanget werden koͤnnen, zu wel-<lb/> cher unſere Zeiten nicht Gelegenheit genug haben.</p><lb/> <p>Die mehreſten Statuen in Marmor aber wurden geglaͤttet, und man<lb/> wird ohngefaͤhr auf eben die Art, wie itzo, verfahren ſeyn. Einer von den<lb/> Steinen, welcher zur Glaͤttung dienete, kam aus der Inſel Naxus <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Plin. L. 36. c.</hi> 10.</note>, und<lb/> Pindarus ſagt, er ſey der beſte hierzu <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Nem. Od. 6. v.</hi> 107.</note>. Alle Statuen werden, wie bey<lb/> den Alten <note place="foot" n="3)"><hi rendition="#aq">Vitruv. L. 7. c. 9. Plin. L. 33. c.</hi> 40.</note>, noch itzo mit Wachs geglaͤttet: aber dieſes Wachs wird voͤllig<lb/> abgerieben, und bleibet nicht, wie ein Firniß, eine Oberhaut auf demſelben.<lb/> Die unten angefuͤhrten Stellen ſind von allen irrig vom Abputzen der Sta-<lb/> tuen verſtanden worden.</p><lb/> <p>Der ſchwarze Marmor kam ſpaͤter, als der weiße, in Gebrauch: die<lb/> haͤrteſte und feinſte Art deſſelben, wird insgemein <hi rendition="#fr">Paragone,</hi> Probier-<lb/> ſtein, genannt. Von ganzen Griechiſchen Figuren aus dieſem Steine, ha-<lb/> ben ſich erhalten ein Apollo in der Gallerie Farneſe, der ſo genannte Gott<lb/> Aventinus im Campidoglio, beyde groͤßer, als die Natur, zween Centaure<lb/> des Hrn. Cardinals Furietti, von <hi rendition="#fr">Ariſteas</hi> und <hi rendition="#fr">Papias,</hi> aus Aphrodi-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſium,</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [254/0304]
I Theil. Viertes Capitel.
zween große Loͤwen von Marmor, welche am Eingange des Arſenals zu
Venedig ſtehen, und von Athen dahin gebracht worden, ſind ebenfalls
mit dem bloßen Eiſen ausgearbeitet; es iſt aber dieſe Art ſolchen und ſo
großen Werken in Marmor mehr eigen. Die Coloßiſche Statue aber,
von welcher im Campidoglio beyde Fuͤße, Stuͤcke von den Armen, und eine
Knieſcheibe uͤbrig ſind, (die von dem Coloſſus des Apollo, welchen Lucul-
lus aus Apollonien nach Rom fuͤhrete, ſeyn ſollen) war geſchliffen und
geglaͤttet. Die Fuͤße ſind neun Palme lang, und die Naͤgel der großen
Zehe achthalb Zolle, und dieſe Zehe ſelbſt hat im Umkreiſe uͤber vier Palme.
Die Geſchicklichkeit und Fertigkeit der Ausarbeitung mit dem bloßen Eiſen
hat nicht anders, als durch lange Uebung, erlanget werden koͤnnen, zu wel-
cher unſere Zeiten nicht Gelegenheit genug haben.
Die mehreſten Statuen in Marmor aber wurden geglaͤttet, und man
wird ohngefaͤhr auf eben die Art, wie itzo, verfahren ſeyn. Einer von den
Steinen, welcher zur Glaͤttung dienete, kam aus der Inſel Naxus 1), und
Pindarus ſagt, er ſey der beſte hierzu 2). Alle Statuen werden, wie bey
den Alten 3), noch itzo mit Wachs geglaͤttet: aber dieſes Wachs wird voͤllig
abgerieben, und bleibet nicht, wie ein Firniß, eine Oberhaut auf demſelben.
Die unten angefuͤhrten Stellen ſind von allen irrig vom Abputzen der Sta-
tuen verſtanden worden.
Der ſchwarze Marmor kam ſpaͤter, als der weiße, in Gebrauch: die
haͤrteſte und feinſte Art deſſelben, wird insgemein Paragone, Probier-
ſtein, genannt. Von ganzen Griechiſchen Figuren aus dieſem Steine, ha-
ben ſich erhalten ein Apollo in der Gallerie Farneſe, der ſo genannte Gott
Aventinus im Campidoglio, beyde groͤßer, als die Natur, zween Centaure
des Hrn. Cardinals Furietti, von Ariſteas und Papias, aus Aphrodi-
ſium,
1) Plin. L. 36. c. 10.
2) Nem. Od. 6. v. 107.
3) Vitruv. L. 7. c. 9. Plin. L. 33. c. 40.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |