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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.

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I Theil. Drittes Capitel.
und von dem hohen Alterthume desselben zeiget so wohl die Zeichnung, als
die Schrift. Denn bey einem unendlichen Fleiße, und einer großen Fein-
heit der Arbeit, nebst der zierlichen Form einiger Theile, als der Füße,
Beweise von einem geschickten Meister, deuten die Figuren auf eine Zeit,
wo der Kopf kaum der sechste Theil derselben gewesen seyn wird, und die
Schrift kommt ihrem Pelasgischen Ursprunge, und der ältesten Griechischen
Schrift näher, als auf andern Hetrurischen Werken. Durch diesen Stein
kann unter andern das ungegründete Vorgeben eines Scribenten wider-
leget werden, daß die Hetrurischen Denkmaale der Kunst aus ihren spä-
tern Zeiten sind 1). Die andern zween Steine sind die schönsten unter
allen Hetrurischen Steinen: der eine in Carniol befindet sich auch im Stos-
sischen Museo 2); den andern in Agat besitzet Herr Christian Dehn in
Rom. Jener stellet den Tydeus mit dessen Namen vor, wie er, in einem
Hinterhalte von funfzig angefallen, sie bis auf einen erlegte, aber ver-
wundet wurde, und sich einen Wurfspieß aus dem Beine ziehet. Es
giebt diese Figur ein Zeugniß von dem richtigen Verständnisse des Künst-

lers
1) Diesen Stein hat der P. Carl Antonioli, Professor zu Pisa, in zwo Abhandlungen
beschrieben, das ist, er erzehlet uns von neuem die ganze Geschichte dieser und anderer
Helden aus dieser Zeit, mit allen Stellen der alten Scribenten, außer derjenigen, welche
ich aus dem Statius anführen werde. Von der Kunst hatte er nichts zu sagen.
2) Descr. des Pier. gr. du Cab. de Stosch, p. 348.

I Theil. Drittes Capitel.
und von dem hohen Alterthume deſſelben zeiget ſo wohl die Zeichnung, als
die Schrift. Denn bey einem unendlichen Fleiße, und einer großen Fein-
heit der Arbeit, nebſt der zierlichen Form einiger Theile, als der Fuͤße,
Beweiſe von einem geſchickten Meiſter, deuten die Figuren auf eine Zeit,
wo der Kopf kaum der ſechſte Theil derſelben geweſen ſeyn wird, und die
Schrift kommt ihrem Pelasgiſchen Urſprunge, und der aͤlteſten Griechiſchen
Schrift naͤher, als auf andern Hetruriſchen Werken. Durch dieſen Stein
kann unter andern das ungegruͤndete Vorgeben eines Scribenten wider-
leget werden, daß die Hetruriſchen Denkmaale der Kunſt aus ihren ſpaͤ-
tern Zeiten ſind 1). Die andern zween Steine ſind die ſchoͤnſten unter
allen Hetruriſchen Steinen: der eine in Carniol befindet ſich auch im Stoſ-
ſiſchen Muſeo 2); den andern in Agat beſitzet Herr Chriſtian Dehn in
Rom. Jener ſtellet den Tydeus mit deſſen Namen vor, wie er, in einem
Hinterhalte von funfzig angefallen, ſie bis auf einen erlegte, aber ver-
wundet wurde, und ſich einen Wurfſpieß aus dem Beine ziehet. Es
giebt dieſe Figur ein Zeugniß von dem richtigen Verſtaͤndniſſe des Kuͤnſt-

lers
1) Dieſen Stein hat der P. Carl Antonioli, Profeſſor zu Piſa, in zwo Abhandlungen
beſchrieben, das iſt, er erzehlet uns von neuem die ganze Geſchichte dieſer und anderer
Helden aus dieſer Zeit, mit allen Stellen der alten Scribenten, außer derjenigen, welche
ich aus dem Statius anfuͤhren werde. Von der Kunſt hatte er nichts zu ſagen.
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[100/0150] I Theil. Drittes Capitel. und von dem hohen Alterthume deſſelben zeiget ſo wohl die Zeichnung, als die Schrift. Denn bey einem unendlichen Fleiße, und einer großen Fein- heit der Arbeit, nebſt der zierlichen Form einiger Theile, als der Fuͤße, Beweiſe von einem geſchickten Meiſter, deuten die Figuren auf eine Zeit, wo der Kopf kaum der ſechſte Theil derſelben geweſen ſeyn wird, und die Schrift kommt ihrem Pelasgiſchen Urſprunge, und der aͤlteſten Griechiſchen Schrift naͤher, als auf andern Hetruriſchen Werken. Durch dieſen Stein kann unter andern das ungegruͤndete Vorgeben eines Scribenten wider- leget werden, daß die Hetruriſchen Denkmaale der Kunſt aus ihren ſpaͤ- tern Zeiten ſind 1). Die andern zween Steine ſind die ſchoͤnſten unter allen Hetruriſchen Steinen: der eine in Carniol befindet ſich auch im Stoſ- ſiſchen Muſeo 2); den andern in Agat beſitzet Herr Chriſtian Dehn in Rom. Jener ſtellet den Tydeus mit deſſen Namen vor, wie er, in einem Hinterhalte von funfzig angefallen, ſie bis auf einen erlegte, aber ver- wundet wurde, und ſich einen Wurfſpieß aus dem Beine ziehet. Es giebt dieſe Figur ein Zeugniß von dem richtigen Verſtaͤndniſſe des Kuͤnſt- lers 1) Dieſen Stein hat der P. Carl Antonioli, Profeſſor zu Piſa, in zwo Abhandlungen beſchrieben, das iſt, er erzehlet uns von neuem die ganze Geſchichte dieſer und anderer Helden aus dieſer Zeit, mit allen Stellen der alten Scribenten, außer derjenigen, welche ich aus dem Statius anfuͤhren werde. Von der Kunſt hatte er nichts zu ſagen. 2) Deſcr. des Pier. gr. du Cab. de Stoſch, p. 348.

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/150>, abgerufen am 25.11.2024.