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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.

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Von der Kunst unter den Persern etc.
Kleidung gesehen wurde, (welches auch von den Arabern 1) kann gesageta. Aus ihrem
Abscheu, nack-
te Körper zu
sehen.

werden) und also von ihren Künstlern der höchste Vorwurf der Kunst,
die Bildung des Nackenden, nicht gesuchet wurde, folglich der Wurf der
Gewänder nicht die Form des Nackenden unter denselben, wie bey den
Griechen, mit zur Absicht hatte, so war es genug, eine bekleidete Figur
vorzustellen. Die Perser werden vermuthlich in der Kleidung von ande-b. aus ihrer
Kleidung.

ren Morgenländischen Völkern, nicht viel verschieden gewesen seyn: diese
trugen 2) ein Unterkleid von Leinen, und über dasselbe einen Rock von wol-
lenem Zeuge; über den Rock warfen sie einen weißen Mantel. Der Rock
der Perser, welcher 3) viereckt geschnitten war, wird wie der sogenannte
viereckigte Rock der Griechischen Weiber gewesen seyn: es hatte derselbe,
wie Strabo 4) sagt, lange Ermel, welche bis an die Finger reicheten, in
welche sie 5) die Hände hinein stecketen. Die Männlichen Figuren auf ih-
ren geschnittenen Steinen haben entweder ganz enge Ermel, oder garkeine.
Da aber ihren Figuren keine Mäntel, welche nach Belieben geworfen wer-
den können, gegeben sind, welche etwa in Persien nicht üblich gewesen
scheinen, so sind die Figuren wie nach einem und eben demselben Modelle
gebildet: diejenigen, welche man auf geschnittenen Steinen sieht, sind de-
nen an ihren Gebäuden völlig ähnlich. Der Persische Männer-Rock,
(Weibliche Figuren finden sich nicht auf ihren Denkmalen) ist vielmahls
stuffenweis in kleine Falten geleget, und auf einem angeführten Steine in
dem Museo des Duca Noya zählet man acht dergleichen Absätze von Falten,
von der Schulter an bis auf die Füße: auch der Ueberzug des Gesäßes
eines Stuhls auf einem andern Steine in diesem Museo hänget in solche
Absätze von Falten, oder Frangen, auf das Gestell des Stuhls herunter.
Ein Kleid mit großen Falten wurde von den alten Persern 6) für Wei-
bisch gehalten.

Die
1) La Roque Moeurs des Arab. p. 177.
2) Herodot. L. 1. p. 50. l. 41.
3) Dionys. Halic. Ant. Rom. L. 3. p. 187. l. 28.
4) L. 15. p. 734. C.
5) Xenoph. Hist. Graec. L. 2. c. 6.
6) Plutarch. Apophth. p. 301. l. 24. edit. H. Steph.
K 2

Von der Kunſt unter den Perſern ꝛc.
Kleidung geſehen wurde, (welches auch von den Arabern 1) kann geſageta. Aus ihrem
Abſcheu, nack-
te Koͤrper zu
ſehen.

werden) und alſo von ihren Kuͤnſtlern der hoͤchſte Vorwurf der Kunſt,
die Bildung des Nackenden, nicht geſuchet wurde, folglich der Wurf der
Gewaͤnder nicht die Form des Nackenden unter denſelben, wie bey den
Griechen, mit zur Abſicht hatte, ſo war es genug, eine bekleidete Figur
vorzuſtellen. Die Perſer werden vermuthlich in der Kleidung von ande-b. aus ihrer
Kleidung.

ren Morgenlaͤndiſchen Voͤlkern, nicht viel verſchieden geweſen ſeyn: dieſe
trugen 2) ein Unterkleid von Leinen, und uͤber daſſelbe einen Rock von wol-
lenem Zeuge; uͤber den Rock warfen ſie einen weißen Mantel. Der Rock
der Perſer, welcher 3) viereckt geſchnitten war, wird wie der ſogenannte
viereckigte Rock der Griechiſchen Weiber geweſen ſeyn: es hatte derſelbe,
wie Strabo 4) ſagt, lange Ermel, welche bis an die Finger reicheten, in
welche ſie 5) die Haͤnde hinein ſtecketen. Die Maͤnnlichen Figuren auf ih-
ren geſchnittenen Steinen haben entweder ganz enge Ermel, oder garkeine.
Da aber ihren Figuren keine Maͤntel, welche nach Belieben geworfen wer-
den koͤnnen, gegeben ſind, welche etwa in Perſien nicht uͤblich geweſen
ſcheinen, ſo ſind die Figuren wie nach einem und eben demſelben Modelle
gebildet: diejenigen, welche man auf geſchnittenen Steinen ſieht, ſind de-
nen an ihren Gebaͤuden voͤllig aͤhnlich. Der Perſiſche Maͤnner-Rock,
(Weibliche Figuren finden ſich nicht auf ihren Denkmalen) iſt vielmahls
ſtuffenweis in kleine Falten geleget, und auf einem angefuͤhrten Steine in
dem Muſeo des Duca Noya zaͤhlet man acht dergleichen Abſaͤtze von Falten,
von der Schulter an bis auf die Fuͤße: auch der Ueberzug des Geſaͤßes
eines Stuhls auf einem andern Steine in dieſem Muſeo haͤnget in ſolche
Abſaͤtze von Falten, oder Frangen, auf das Geſtell des Stuhls herunter.
Ein Kleid mit großen Falten wurde von den alten Perſern 6) fuͤr Wei-
biſch gehalten.

Die
1) La Roque Moeurs des Arab. p. 177.
2) Herodot. L. 1. p. 50. l. 41.
3) Dionyſ. Halic. Ant. Rom. L. 3. p. 187. l. 28.
4) L. 15. p. 734. C.
5) Xenoph. Hiſt. Graec. L. 2. c. 6.
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K 2
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[75/0125] Von der Kunſt unter den Perſern ꝛc. Kleidung geſehen wurde, (welches auch von den Arabern 1) kann geſaget werden) und alſo von ihren Kuͤnſtlern der hoͤchſte Vorwurf der Kunſt, die Bildung des Nackenden, nicht geſuchet wurde, folglich der Wurf der Gewaͤnder nicht die Form des Nackenden unter denſelben, wie bey den Griechen, mit zur Abſicht hatte, ſo war es genug, eine bekleidete Figur vorzuſtellen. Die Perſer werden vermuthlich in der Kleidung von ande- ren Morgenlaͤndiſchen Voͤlkern, nicht viel verſchieden geweſen ſeyn: dieſe trugen 2) ein Unterkleid von Leinen, und uͤber daſſelbe einen Rock von wol- lenem Zeuge; uͤber den Rock warfen ſie einen weißen Mantel. Der Rock der Perſer, welcher 3) viereckt geſchnitten war, wird wie der ſogenannte viereckigte Rock der Griechiſchen Weiber geweſen ſeyn: es hatte derſelbe, wie Strabo 4) ſagt, lange Ermel, welche bis an die Finger reicheten, in welche ſie 5) die Haͤnde hinein ſtecketen. Die Maͤnnlichen Figuren auf ih- ren geſchnittenen Steinen haben entweder ganz enge Ermel, oder garkeine. Da aber ihren Figuren keine Maͤntel, welche nach Belieben geworfen wer- den koͤnnen, gegeben ſind, welche etwa in Perſien nicht uͤblich geweſen ſcheinen, ſo ſind die Figuren wie nach einem und eben demſelben Modelle gebildet: diejenigen, welche man auf geſchnittenen Steinen ſieht, ſind de- nen an ihren Gebaͤuden voͤllig aͤhnlich. Der Perſiſche Maͤnner-Rock, (Weibliche Figuren finden ſich nicht auf ihren Denkmalen) iſt vielmahls ſtuffenweis in kleine Falten geleget, und auf einem angefuͤhrten Steine in dem Muſeo des Duca Noya zaͤhlet man acht dergleichen Abſaͤtze von Falten, von der Schulter an bis auf die Fuͤße: auch der Ueberzug des Geſaͤßes eines Stuhls auf einem andern Steine in dieſem Muſeo haͤnget in ſolche Abſaͤtze von Falten, oder Frangen, auf das Geſtell des Stuhls herunter. Ein Kleid mit großen Falten wurde von den alten Perſern 6) fuͤr Wei- biſch gehalten. a. Aus ihrem Abſcheu, nack- te Koͤrper zu ſehen. b. aus ihrer Kleidung. Die 1) La Roque Moeurs des Arab. p. 177. 2) Herodot. L. 1. p. 50. l. 41. 3) Dionyſ. Halic. Ant. Rom. L. 3. p. 187. l. 28. 4) L. 15. p. 734. C. 5) Xenoph. Hiſt. Graec. L. 2. c. 6. 6) Plutarch. Apophth. p. 301. l. 24. edit. H. Steph. K 2

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/125>, abgerufen am 25.11.2024.