Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Kunst unter den Aegyptern etc.
Brüsten, durch ganz sanfte und fast unmerkliche Fältgen, welche sich von
der Warze derselben sehr gelinde nach allen Seiten ziehen, wie auch oben
bereits bemerket ist.

Der Rock ist an der ersten und an der dritten Statue sehr ähnlich,
und lieget dicht am Fleische, außer einigen sehr flachen Falten, welche sich
ziehen. Der Rock gehet allen dreyen bis unter die Brüste, und bis dahin
wird derselbe durch den Mantel hinaufgezogen und gehalten.

Der Mantel ist an zween seiner Zipfel über beyde Achseln gezogen, und
durch diese Zipfel ist der Rock unter die Brüste gebunden; das übrige von
den Enden hängt unter den gebundenen Knoten von der Brust herunter;
auf eben die Art, wie der Rock mit den Enden des Mantels geknüpfet ist
an der schönen Isis in Lebensgröße im Campidoglio, und an einer größeren
Isis im Pallaste Barberini, welche beyde von Marmor, und Griechische
Arbeiten sind. Hierdurch wird der Rock in die Höhe gezogen, und die
sanften Falten, welche sich auf den Schenkeln der Beine werfen, gehen alle
zugleich mit aufwerts, und von der Brust hänget zwischen den Beinen bis
auf die Füße herunter, eine einzige gerade Falte. An der dritten Statue
in der Villa Albani ist ein kleiner Unterschied: es gehet nur einer von den
Zipfeln des Mantels über die Achsel herüber, der andere ist unter der lin-
ken Brust herumgenommen, und beyde Zipfel sind zwischen den Brüsten
mit dem Rocke geknüpfet. Weiter ist der Mantel nicht sichtbar, und da
derselbe hinten hängen sollte, ist er gleichsam durch die Säule bedecket,
an welche die erste und die dritte stehen: die zweyte hat den Rücken frey,
und ohne Säule, und hat dem Mantel vor dem Unterleib herumgenommen.

Der dritte Absatz dieses zweyten Stücks handelt von Figuren, welcheC.
Von der
Nachahmung
Aegyptischer
Werke unter
dem Kaiser
Hadriano.
a. allgemein.

den alten Aegyptischen Figuren ähnlicher, als jene, kommen, und weder in
Aegypten, noch von Künstlern dieses Landes, gearbeitet worden, sondern
Nachahmungen Aegyptischer Werke sind, welche Kaiser Hadrian machen

lassen,

Von der Kunſt unter den Aegyptern ꝛc.
Bruͤſten, durch ganz ſanfte und faſt unmerkliche Faͤltgen, welche ſich von
der Warze derſelben ſehr gelinde nach allen Seiten ziehen, wie auch oben
bereits bemerket iſt.

Der Rock iſt an der erſten und an der dritten Statue ſehr aͤhnlich,
und lieget dicht am Fleiſche, außer einigen ſehr flachen Falten, welche ſich
ziehen. Der Rock gehet allen dreyen bis unter die Bruͤſte, und bis dahin
wird derſelbe durch den Mantel hinaufgezogen und gehalten.

Der Mantel iſt an zween ſeiner Zipfel uͤber beyde Achſeln gezogen, und
durch dieſe Zipfel iſt der Rock unter die Bruͤſte gebunden; das uͤbrige von
den Enden haͤngt unter den gebundenen Knoten von der Bruſt herunter;
auf eben die Art, wie der Rock mit den Enden des Mantels geknuͤpfet iſt
an der ſchoͤnen Iſis in Lebensgroͤße im Campidoglio, und an einer groͤßeren
Iſis im Pallaſte Barberini, welche beyde von Marmor, und Griechiſche
Arbeiten ſind. Hierdurch wird der Rock in die Hoͤhe gezogen, und die
ſanften Falten, welche ſich auf den Schenkeln der Beine werfen, gehen alle
zugleich mit aufwerts, und von der Bruſt haͤnget zwiſchen den Beinen bis
auf die Fuͤße herunter, eine einzige gerade Falte. An der dritten Statue
in der Villa Albani iſt ein kleiner Unterſchied: es gehet nur einer von den
Zipfeln des Mantels uͤber die Achſel heruͤber, der andere iſt unter der lin-
ken Bruſt herumgenommen, und beyde Zipfel ſind zwiſchen den Bruͤſten
mit dem Rocke geknuͤpfet. Weiter iſt der Mantel nicht ſichtbar, und da
derſelbe hinten haͤngen ſollte, iſt er gleichſam durch die Saͤule bedecket,
an welche die erſte und die dritte ſtehen: die zweyte hat den Ruͤcken frey,
und ohne Saͤule, und hat dem Mantel vor dem Unterleib herumgenommen.

Der dritte Abſatz dieſes zweyten Stuͤcks handelt von Figuren, welcheC.
Von der
Nachahmung
Aegyptiſcher
Werke unter
dem Kaiſer
Hadriano.
a. allgemein.

den alten Aegyptiſchen Figuren aͤhnlicher, als jene, kommen, und weder in
Aegypten, noch von Kuͤnſtlern dieſes Landes, gearbeitet worden, ſondern
Nachahmungen Aegyptiſcher Werke ſind, welche Kaiſer Hadrian machen

laſſen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0105" n="55"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Kun&#x017F;t unter den Aegyptern &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
Bru&#x0364;&#x017F;ten, durch ganz &#x017F;anfte und fa&#x017F;t unmerkliche Fa&#x0364;ltgen, welche &#x017F;ich von<lb/>
der Warze der&#x017F;elben &#x017F;ehr gelinde nach allen Seiten ziehen, wie auch oben<lb/>
bereits bemerket i&#x017F;t.</p><lb/>
              <p>Der Rock i&#x017F;t an der er&#x017F;ten und an der dritten Statue &#x017F;ehr a&#x0364;hnlich,<lb/>
und lieget dicht am Flei&#x017F;che, außer einigen &#x017F;ehr flachen Falten, welche &#x017F;ich<lb/>
ziehen. Der Rock gehet allen dreyen bis unter die Bru&#x0364;&#x017F;te, und bis dahin<lb/>
wird der&#x017F;elbe durch den Mantel hinaufgezogen und gehalten.</p><lb/>
              <p>Der Mantel i&#x017F;t an zween &#x017F;einer Zipfel u&#x0364;ber beyde Ach&#x017F;eln gezogen, und<lb/>
durch die&#x017F;e Zipfel i&#x017F;t der Rock unter die Bru&#x0364;&#x017F;te gebunden; das u&#x0364;brige von<lb/>
den Enden ha&#x0364;ngt unter den gebundenen Knoten von der Bru&#x017F;t herunter;<lb/>
auf eben die Art, wie der Rock mit den Enden des Mantels geknu&#x0364;pfet i&#x017F;t<lb/>
an der &#x017F;cho&#x0364;nen I&#x017F;is in Lebensgro&#x0364;ße im Campidoglio, und an einer gro&#x0364;ßeren<lb/>
I&#x017F;is im Palla&#x017F;te Barberini, welche beyde von Marmor, und Griechi&#x017F;che<lb/>
Arbeiten &#x017F;ind. Hierdurch wird der Rock in die Ho&#x0364;he gezogen, und die<lb/>
&#x017F;anften Falten, welche &#x017F;ich auf den Schenkeln der Beine werfen, gehen alle<lb/>
zugleich mit aufwerts, und von der Bru&#x017F;t ha&#x0364;nget zwi&#x017F;chen den Beinen bis<lb/>
auf die Fu&#x0364;ße herunter, eine einzige gerade Falte. An der dritten Statue<lb/>
in der Villa Albani i&#x017F;t ein kleiner Unter&#x017F;chied: es gehet nur einer von den<lb/>
Zipfeln des Mantels u&#x0364;ber die Ach&#x017F;el heru&#x0364;ber, der andere i&#x017F;t unter der lin-<lb/>
ken Bru&#x017F;t herumgenommen, und beyde Zipfel &#x017F;ind zwi&#x017F;chen den Bru&#x0364;&#x017F;ten<lb/>
mit dem Rocke geknu&#x0364;pfet. Weiter i&#x017F;t der Mantel nicht &#x017F;ichtbar, und da<lb/>
der&#x017F;elbe hinten ha&#x0364;ngen &#x017F;ollte, i&#x017F;t er gleich&#x017F;am durch die Sa&#x0364;ule bedecket,<lb/>
an welche die er&#x017F;te und die dritte &#x017F;tehen: die zweyte hat den Ru&#x0364;cken frey,<lb/>
und ohne Sa&#x0364;ule, und hat dem Mantel vor dem Unterleib herumgenommen.</p><lb/>
              <p>Der dritte Ab&#x017F;atz die&#x017F;es zweyten Stu&#x0364;cks handelt von Figuren, welche<note place="right"><hi rendition="#aq">C.</hi><lb/>
Von der<lb/>
Nachahmung<lb/>
Aegypti&#x017F;cher<lb/>
Werke unter<lb/>
dem Kai&#x017F;er<lb/>
Hadriano.<lb/><hi rendition="#aq">a.</hi> allgemein.</note><lb/>
den alten Aegypti&#x017F;chen Figuren a&#x0364;hnlicher, als jene, kommen, und weder in<lb/>
Aegypten, noch von Ku&#x0364;n&#x017F;tlern die&#x017F;es Landes, gearbeitet worden, &#x017F;ondern<lb/>
Nachahmungen Aegypti&#x017F;cher Werke &#x017F;ind, welche Kai&#x017F;er Hadrian machen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">la&#x017F;&#x017F;en,</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0105] Von der Kunſt unter den Aegyptern ꝛc. Bruͤſten, durch ganz ſanfte und faſt unmerkliche Faͤltgen, welche ſich von der Warze derſelben ſehr gelinde nach allen Seiten ziehen, wie auch oben bereits bemerket iſt. Der Rock iſt an der erſten und an der dritten Statue ſehr aͤhnlich, und lieget dicht am Fleiſche, außer einigen ſehr flachen Falten, welche ſich ziehen. Der Rock gehet allen dreyen bis unter die Bruͤſte, und bis dahin wird derſelbe durch den Mantel hinaufgezogen und gehalten. Der Mantel iſt an zween ſeiner Zipfel uͤber beyde Achſeln gezogen, und durch dieſe Zipfel iſt der Rock unter die Bruͤſte gebunden; das uͤbrige von den Enden haͤngt unter den gebundenen Knoten von der Bruſt herunter; auf eben die Art, wie der Rock mit den Enden des Mantels geknuͤpfet iſt an der ſchoͤnen Iſis in Lebensgroͤße im Campidoglio, und an einer groͤßeren Iſis im Pallaſte Barberini, welche beyde von Marmor, und Griechiſche Arbeiten ſind. Hierdurch wird der Rock in die Hoͤhe gezogen, und die ſanften Falten, welche ſich auf den Schenkeln der Beine werfen, gehen alle zugleich mit aufwerts, und von der Bruſt haͤnget zwiſchen den Beinen bis auf die Fuͤße herunter, eine einzige gerade Falte. An der dritten Statue in der Villa Albani iſt ein kleiner Unterſchied: es gehet nur einer von den Zipfeln des Mantels uͤber die Achſel heruͤber, der andere iſt unter der lin- ken Bruſt herumgenommen, und beyde Zipfel ſind zwiſchen den Bruͤſten mit dem Rocke geknuͤpfet. Weiter iſt der Mantel nicht ſichtbar, und da derſelbe hinten haͤngen ſollte, iſt er gleichſam durch die Saͤule bedecket, an welche die erſte und die dritte ſtehen: die zweyte hat den Ruͤcken frey, und ohne Saͤule, und hat dem Mantel vor dem Unterleib herumgenommen. Der dritte Abſatz dieſes zweyten Stuͤcks handelt von Figuren, welche den alten Aegyptiſchen Figuren aͤhnlicher, als jene, kommen, und weder in Aegypten, noch von Kuͤnſtlern dieſes Landes, gearbeitet worden, ſondern Nachahmungen Aegyptiſcher Werke ſind, welche Kaiſer Hadrian machen laſſen, C. Von der Nachahmung Aegyptiſcher Werke unter dem Kaiſer Hadriano. a. allgemein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/105
Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/105>, abgerufen am 23.12.2024.