schiede gesucht und sie in den Sprachen finden wollen. Die Sprache hat aber ihren Ursprung in der geistigen Natur des Menschen und HerrnW. v. Humboldt's Unter- suchungen über die Sprache haben gelehrt, daß sdie Sprachen, Jdiome keineswegs nationenweise vertheilt sind, sondern daß bei aller Ungleichheit des sinnlichen Elements der Sprache unter den verschiedenen Völkern und Racen sich die bestimmtesten Analogieenim Bau erkennen lassen, und wieder in einer und derselben Race unter den ver- schiedenen Stämmen große Abweichungen vorkommen. Die übereinstimmende Sprachbildung zeigt eine Gleichheit der Anlage; nicht jede Race hat ihre Eigenthümlich- keit in dieser, sondern Nationen der verschiedensten Racen kommen in [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]gewissen Merkmalen dieser Erzeugnisse des Geistes überein, wie z. B. die Neger von Coongo und die Basken. Man wird die großen Unterschiede, die hier bisher gegolten haben, eben so verlassen müßten, wie es in anderen Theilen der Naturgeschichte geschehen ist. So lange nur allgemeine Ansichten
ſchiede geſucht und ſie in den Sprachen finden wollen. Die Sprache hat aber ihren Urſprung in der geiſtigen Natur des Menſchen und HerrnW. v. Humboldt’s Unter- ſuchungen über die Sprache haben gelehrt, daß ſdie ⎡Sprachen, Jdiome keineswegs nationenweiſe vertheilt ſind, ſondern daß bei aller Ungleichheit des ſinnlichen Elements ⎡der Sprache unter den verſchiedenen Völkern und Raçen ſich die beſtimmteſten Analogieen⎡im Bau erkennen laſſen, und wieder in einer und derſelben Raçe unter den ver- ſchiedenen Stäm̃en große Abweichungen vorkommen. Die übereinſtim̃ende Sprachbildung zeigt eine Gleichheit der Anlage; nicht jede Raçe hat ihre Eigenthümlich- keit in dieſer, ſondern Nationen der verſchiedenſten Raçen kommen in [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]gewiſſen Merkmalen dieſer Erzeugniſſe des Geiſtes überein, wie z. B. die Neger von Coongo und die Basken. Man wird die großen Unterſchiede, die hier bisher gegolten haben, eben ſo verlaſſen müßten, wie es in anderen Theilen der Naturgeſchichte geſchehen iſt. So lange nur allgemeine Anſichten
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[[7r]/0014]
ſchiede geſucht und ſie in den Sprachen finden wollen.
Die Sprache hat aber ihren Urſprung in der geiſtigen
Natur des Menſchen und H. W. v. Humboldt’s Unter-
ſuchungen über die Sprache haben gelehrt, daß
die Sprache, Jdiome keineswegs nationenweiſe vertheilt ſind,
ſondern daß bei aller Ungleichheit des ſinnlichen
Elements der Sprache unter den verſchiedenen Völkern u Raçen
ſich die beſtimmteſten Analogien im Bau erkennen laſſen,
und wieder in einer u derſelben Raçe unter den ver-
ſchiedenen Stäm̃en große Abweichungen vorkommen.
Die übereinſtim̃ende Sprachbildung zeigt eine Gleichheit
der Anlage; nicht jede Raçe hat ihre Eigenthümlich-
keit in dieſer, ſondern Nationen der verſchiedenſten
Raçen kommen in gewiſſen Merkmalen dieſer Erzeugniſſe
des Geiſtes überein, wie z.B die Neger von Coongo u
die Basken. Man wird die großen Unterſchiede,
die hier bisher gegolten haben, eben ſo verlaſſen
müßten, wie es in anderen Theilen der Naturgeſchichte
geſchehen iſt. So lange nur allgemeine Anſichten
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Diese Archivalie stammt aus dem Nachlass des preußischen Generals (Friedrich) Adolf von Willisen (1798–1864) aus dem Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA-PK). In einem blauen Papierumschlag, beschriftet mit dem Titel "Humbolds Vorlesungen", enthält das Konvolut Fragmente einer bzw. zweier Nachschriften der 1827/28 in Berlin gehaltenen Kosmos-Vorträge Alexander von Humboldts an der Berliner Universität.
Das Fragment besteht offensichtlich aus drei (wahrscheinlich unabhängig voneinander entstandenen) Teilen: Der erste Teil, Bl. [1r] bis Bl. [8v], setzt unter der Überschrift "Die flüſſigen Hüllen des Starren" unvermittelt gegen Ende der 3. Vorlesung ein, die Humboldt am 10. November 1827 gehalten hatte. Der Text gibt den Abschluss der 3. Vorlesung und anschließend den Inhalt der gesamten 4. Vorlesung vom 14. November 1827 wieder sowie den Beginn der 5. Vorlesung vom 17. November 1827. Der Text von Bl. [1r] bis einschließlich der ersten zwei Drittel von Bl. [6v] wurde vermutlich von F. A. Willisen selbst geschrieben. Der Text vom unteren Drittel des Bl. [6v] bis einschließlich Bl. [8v] wurde in einer zweiten, von der zuvor genannten abweichenden Handschrift verfasst, stammt offenbar also von einem anderen, namentlich nicht bekannten Schreiber. Die folgenden beiden Blätter, Bl. [9r] bis [10v], weisen ein anderes Format und anderes Papier auf. Sie sind in einer dritten, von den beiden zuvor genannten abweichenden Handschrift verfasst; der Text dieser beiden Blätter gehört inhaltlich allerdings nicht zu den Kosmos-Vorträgen. Sie sind wohl nur versehentlich in der mit "Humbolds Vorlesungen" beschrifteten Mappe abgelegt worden und werden daher hier nicht wiedergegeben.
Ab Blatt [11r] ist eine weitere, von den drei anderen abweichende Handschrift erkennbar. Dieser Teil gibt Humboldts Kosmos-Vorträge wieder, allerdings einen sehr viel späteren Teil als die übrigen dazugehörigen Blätter des Konvoluts: Der Text setzt erst mit dem Beginn der 49. Vorlesung, die Humboldt am 9. April 1828 hielt, (wieder) ein. Bis zum letzten Blatt des Konvoluts, Bl. [14v], gibt der Text den Inhalt der gesamten 49. Vorlesung wieder und bricht dann ab. Weitere, zu diesem Fragment gehörende Teile konnten im Nachlass Willisens bisher nicht ermittelt werden.
Willisen, Friedrich Adolf von: Humbolds Vorlesungen. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. [7r]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/willisen_humboldt_1827/14>, abgerufen am 16.07.2024.
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