Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wildermuth, Ottilie: Streit in der Liebe und Liebe im Streit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 175–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite
letzte Seite

und wildem Hin- und Herspringen die Ankunft seines Herrn verkündet hatte.

Mein Mann ist gestorben, sagte Liesbeth am andern Morgen zum Bruder. -- Ach, was bildst dir ein, sagte der. -- Und ich weiß gewiß, daß er todt ist, versicherte sie und rüstete ihre Trauerkleider.

Nach vierzehn Tagen erst kam der Todtenschein des Kutschers, der im Ausland gestorben war. Das Wenige, was er hinterlassen, hatte er seinem Weibe vermacht. Liesbeth hat von der Zeit an nie mehr helle und farbige Kleider getragen. Sie war noch wohlerhalten und hatte ihr Besitzthum durch Fleiß und Sparsamkeit wieder sehr gehoben daß es ihr jetzt noch nicht an Freiern gefehlt hätte. Aber sie sahen bald, daß da nichts zu hoffen war. Sie verkaufte ihre Güter und zog sich in die Hinterstube ihres Hauses zurück. Sie ist sehr alt geworden. Der Sultan blieb bis zu seinem Ende ihr einziger Gefährte, nachher blieb sie ganz allein.



und wildem Hin- und Herspringen die Ankunft seines Herrn verkündet hatte.

Mein Mann ist gestorben, sagte Liesbeth am andern Morgen zum Bruder. — Ach, was bildst dir ein, sagte der. — Und ich weiß gewiß, daß er todt ist, versicherte sie und rüstete ihre Trauerkleider.

Nach vierzehn Tagen erst kam der Todtenschein des Kutschers, der im Ausland gestorben war. Das Wenige, was er hinterlassen, hatte er seinem Weibe vermacht. Liesbeth hat von der Zeit an nie mehr helle und farbige Kleider getragen. Sie war noch wohlerhalten und hatte ihr Besitzthum durch Fleiß und Sparsamkeit wieder sehr gehoben daß es ihr jetzt noch nicht an Freiern gefehlt hätte. Aber sie sahen bald, daß da nichts zu hoffen war. Sie verkaufte ihre Güter und zog sich in die Hinterstube ihres Hauses zurück. Sie ist sehr alt geworden. Der Sultan blieb bis zu seinem Ende ihr einziger Gefährte, nachher blieb sie ganz allein.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="7">
        <p><pb facs="#f0041"/>
und wildem Hin- und Herspringen      die Ankunft seines Herrn verkündet hatte.</p><lb/>
        <p>Mein Mann ist gestorben, sagte Liesbeth am andern Morgen zum Bruder. &#x2014; Ach, was bildst dir      ein, sagte der. &#x2014; Und ich weiß gewiß, daß er todt ist, versicherte sie und rüstete ihre      Trauerkleider.</p><lb/>
        <p>Nach vierzehn Tagen erst kam der Todtenschein des Kutschers, der im Ausland gestorben war.      Das Wenige, was er hinterlassen, hatte er seinem Weibe vermacht. Liesbeth hat von der Zeit an      nie mehr helle und farbige Kleider getragen. Sie war noch wohlerhalten und hatte ihr Besitzthum      durch Fleiß und Sparsamkeit wieder sehr gehoben daß es ihr jetzt noch nicht an Freiern gefehlt      hätte. Aber sie sahen bald, daß da nichts zu hoffen war. Sie verkaufte ihre Güter und zog sich      in die Hinterstube ihres Hauses zurück. Sie ist sehr alt geworden. Der Sultan blieb bis zu      seinem Ende ihr einziger Gefährte, nachher blieb sie ganz allein.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0041] und wildem Hin- und Herspringen die Ankunft seines Herrn verkündet hatte. Mein Mann ist gestorben, sagte Liesbeth am andern Morgen zum Bruder. — Ach, was bildst dir ein, sagte der. — Und ich weiß gewiß, daß er todt ist, versicherte sie und rüstete ihre Trauerkleider. Nach vierzehn Tagen erst kam der Todtenschein des Kutschers, der im Ausland gestorben war. Das Wenige, was er hinterlassen, hatte er seinem Weibe vermacht. Liesbeth hat von der Zeit an nie mehr helle und farbige Kleider getragen. Sie war noch wohlerhalten und hatte ihr Besitzthum durch Fleiß und Sparsamkeit wieder sehr gehoben daß es ihr jetzt noch nicht an Freiern gefehlt hätte. Aber sie sahen bald, daß da nichts zu hoffen war. Sie verkaufte ihre Güter und zog sich in die Hinterstube ihres Hauses zurück. Sie ist sehr alt geworden. Der Sultan blieb bis zu seinem Ende ihr einziger Gefährte, nachher blieb sie ganz allein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:35:23Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:35:23Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wildermuth_streit_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wildermuth_streit_1910/41
Zitationshilfe: Wildermuth, Ottilie: Streit in der Liebe und Liebe im Streit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 175–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wildermuth_streit_1910/41>, abgerufen am 22.11.2024.