Wild, Hermine [d. i. Adele Wesemael]: Eure Wege sind nicht meine Wege. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 22. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.bitten, eine große Gefälligkeit, die mir nicht so leicht ein Anderer leisten kann. Aber nun reisen Sie -- der Teufel auch! ob man sich auf Jemand verlassen kann! O, wenn ich Ihnen einen Gefallen erweisen kann! rief Louis mit aufwallender Wärme, indem er dem vortrefflichen Mann unwillkürlich naher trat. Sie reisen ja. O, das hat am Ende keine solche Eile! Erfordert denn das Geschäft eine lange Zeit? Ein paar Tage -- nichts als ein paar Tage -- aber freilich, wenn Sie reisen müssen -- O, rief Louis, das hat nichts zu sagen, durchaus nichts! Ein paar Tage -- mehr, wenn Sie wollen! befehlen Sie über mich -- was ist es, womit ich Ihnen dienen kann? Die Sache war bald abgemacht, und Louis versprach zu bleiben, bis die Angelegenheit des Barons geordnet sei. Aber schon den folgenden Morgen, gerade als er sich zu enträthseln suchte, was der Baron denn von ihm wünschen konnte, wurde ihm ein mächtiges Schreiben mit gewichtigem Siegel in die Hand gelegt, worin ihm höhern Orts eine ziemlich einträgliche Stelle angewiesen wurde, um die er in seinem ganzen Leben nicht nachgesucht. Kaum wagte er seinen Augen zu trauen, da schoß es ihm wie ein Blitz durch die Seele, und er eilte zum Baron. Nun, sagte dieser, ich mußte Ihnen wohl helfen, denn das Sprechen wurde Ihnen gar so schwer; -- und als Louis gebrochene Worte stammelte -- es ist besser Sie gehen gleich vor die rechte Schmiede, sagte er lachend. Er ging zur Thüre und rief seine Tochter herein, die halb bewußt und darum wohl so verzagt, als gelte es ein Unglück, in die Stube trat. Ihre Mutter folgte ihr. bitten, eine große Gefälligkeit, die mir nicht so leicht ein Anderer leisten kann. Aber nun reisen Sie — der Teufel auch! ob man sich auf Jemand verlassen kann! O, wenn ich Ihnen einen Gefallen erweisen kann! rief Louis mit aufwallender Wärme, indem er dem vortrefflichen Mann unwillkürlich naher trat. Sie reisen ja. O, das hat am Ende keine solche Eile! Erfordert denn das Geschäft eine lange Zeit? Ein paar Tage — nichts als ein paar Tage — aber freilich, wenn Sie reisen müssen — O, rief Louis, das hat nichts zu sagen, durchaus nichts! Ein paar Tage — mehr, wenn Sie wollen! befehlen Sie über mich — was ist es, womit ich Ihnen dienen kann? Die Sache war bald abgemacht, und Louis versprach zu bleiben, bis die Angelegenheit des Barons geordnet sei. Aber schon den folgenden Morgen, gerade als er sich zu enträthseln suchte, was der Baron denn von ihm wünschen konnte, wurde ihm ein mächtiges Schreiben mit gewichtigem Siegel in die Hand gelegt, worin ihm höhern Orts eine ziemlich einträgliche Stelle angewiesen wurde, um die er in seinem ganzen Leben nicht nachgesucht. Kaum wagte er seinen Augen zu trauen, da schoß es ihm wie ein Blitz durch die Seele, und er eilte zum Baron. Nun, sagte dieser, ich mußte Ihnen wohl helfen, denn das Sprechen wurde Ihnen gar so schwer; — und als Louis gebrochene Worte stammelte — es ist besser Sie gehen gleich vor die rechte Schmiede, sagte er lachend. Er ging zur Thüre und rief seine Tochter herein, die halb bewußt und darum wohl so verzagt, als gelte es ein Unglück, in die Stube trat. Ihre Mutter folgte ihr. <TEI> <text> <body> <div n="3"> <p><pb facs="#f0081"/> bitten, eine große Gefälligkeit, die mir nicht so leicht ein Anderer leisten kann. Aber nun reisen Sie — der Teufel auch! ob man sich auf Jemand verlassen kann!</p><lb/> <p>O, wenn ich Ihnen einen Gefallen erweisen kann! rief Louis mit aufwallender Wärme, indem er dem vortrefflichen Mann unwillkürlich naher trat.</p><lb/> <p>Sie reisen ja.</p><lb/> <p>O, das hat am Ende keine solche Eile! 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bitten, eine große Gefälligkeit, die mir nicht so leicht ein Anderer leisten kann. Aber nun reisen Sie — der Teufel auch! ob man sich auf Jemand verlassen kann!
O, wenn ich Ihnen einen Gefallen erweisen kann! rief Louis mit aufwallender Wärme, indem er dem vortrefflichen Mann unwillkürlich naher trat.
Sie reisen ja.
O, das hat am Ende keine solche Eile! Erfordert denn das Geschäft eine lange Zeit?
Ein paar Tage — nichts als ein paar Tage — aber freilich, wenn Sie reisen müssen —
O, rief Louis, das hat nichts zu sagen, durchaus nichts! Ein paar Tage — mehr, wenn Sie wollen! befehlen Sie über mich — was ist es, womit ich Ihnen dienen kann?
Die Sache war bald abgemacht, und Louis versprach zu bleiben, bis die Angelegenheit des Barons geordnet sei.
Aber schon den folgenden Morgen, gerade als er sich zu enträthseln suchte, was der Baron denn von ihm wünschen konnte, wurde ihm ein mächtiges Schreiben mit gewichtigem Siegel in die Hand gelegt, worin ihm höhern Orts eine ziemlich einträgliche Stelle angewiesen wurde, um die er in seinem ganzen Leben nicht nachgesucht. Kaum wagte er seinen Augen zu trauen, da schoß es ihm wie ein Blitz durch die Seele, und er eilte zum Baron.
Nun, sagte dieser, ich mußte Ihnen wohl helfen, denn das Sprechen wurde Ihnen gar so schwer; — und als Louis gebrochene Worte stammelte — es ist besser Sie gehen gleich vor die rechte Schmiede, sagte er lachend.
Er ging zur Thüre und rief seine Tochter herein, die halb bewußt und darum wohl so verzagt, als gelte es ein Unglück, in die Stube trat. Ihre Mutter folgte ihr.
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Zitationshilfe: | Wild, Hermine [d. i. Adele Wesemael]: Eure Wege sind nicht meine Wege. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 22. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wild_wege_1910/81>, abgerufen am 16.07.2024. |