Wild, Hermine [d. i. Adele Wesemael]: Eure Wege sind nicht meine Wege. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 22. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.mochte, als Entbehrungen jeder Art? Nein, das sollte nicht geschehen! Wenn auch unglücklich und arm, war er noch immer der Vertreter eines alten Namens, und eine unwürdige Handlung schien ihm eine Unmöglichkeit zu sein. Abreisen also, den Ort verlassen, der ihm zu einer halben Heimath geworden, war das Einzige, was ihm zu thun übrig blieb. Er seufzte, als er es dachte, aber mit diesem Seufzer hatte er aus dem Traum häuslicher Ruhe und Glückseligkeit für immer Lebewohl gesagt. Beim Baron war man ein wenig überrascht, als ein ganzer Tag verging, ohne das der Marquis etwas von sich hören ließ. Am zweiten flogen Mariens offene Blicke bei jedem nahenden Schritt erwartungsvoll nach der Thüre. Am dritten sah sie offenbar bleich und angegriffen aus. -- Sollten wir nicht zum Marquis schicken und fragen lassen, was ihm fehlt? frug sie ihren Vater, als dieser sich zum Ausgehen anschickte. Ich gehe schon selbst, war seine Antwort, und er entfernte sich. Er fand Louis mit Packen beschäftigt, ebenfalls blaß, aber sonst ruhig und entschlossen genug. -- Ei was, rief der Baron, wohin die Reise? Louis erröthete. Ein plötzliches Geschäft, das sich nicht aufschieben läßt, stammelte er. Davon haben Sie uns ja nichts gesagt? Es kam so plötzlich, versetzte der junge Mann mit wachsender Verlegenheit. Und darf man wissen, worin es besteht? Louis hatte seine Fassung wiedergewonnen. Es betrifft nicht mich allein, sagte er, aber ich werde Ihnen schreiben, sobald es mir möglich ist. Das scheint ja eine ernste Sache; -- und bleiben Sie lange weg? Wahrscheinlich. Hm, sagte der Baron ärgerlich, wie das sich so verkehrt treffen muss, und ich hatte Sie um etwas zu mochte, als Entbehrungen jeder Art? Nein, das sollte nicht geschehen! Wenn auch unglücklich und arm, war er noch immer der Vertreter eines alten Namens, und eine unwürdige Handlung schien ihm eine Unmöglichkeit zu sein. Abreisen also, den Ort verlassen, der ihm zu einer halben Heimath geworden, war das Einzige, was ihm zu thun übrig blieb. Er seufzte, als er es dachte, aber mit diesem Seufzer hatte er aus dem Traum häuslicher Ruhe und Glückseligkeit für immer Lebewohl gesagt. Beim Baron war man ein wenig überrascht, als ein ganzer Tag verging, ohne das der Marquis etwas von sich hören ließ. Am zweiten flogen Mariens offene Blicke bei jedem nahenden Schritt erwartungsvoll nach der Thüre. Am dritten sah sie offenbar bleich und angegriffen aus. — Sollten wir nicht zum Marquis schicken und fragen lassen, was ihm fehlt? frug sie ihren Vater, als dieser sich zum Ausgehen anschickte. Ich gehe schon selbst, war seine Antwort, und er entfernte sich. Er fand Louis mit Packen beschäftigt, ebenfalls blaß, aber sonst ruhig und entschlossen genug. — Ei was, rief der Baron, wohin die Reise? Louis erröthete. Ein plötzliches Geschäft, das sich nicht aufschieben läßt, stammelte er. Davon haben Sie uns ja nichts gesagt? Es kam so plötzlich, versetzte der junge Mann mit wachsender Verlegenheit. Und darf man wissen, worin es besteht? Louis hatte seine Fassung wiedergewonnen. Es betrifft nicht mich allein, sagte er, aber ich werde Ihnen schreiben, sobald es mir möglich ist. Das scheint ja eine ernste Sache; — und bleiben Sie lange weg? Wahrscheinlich. Hm, sagte der Baron ärgerlich, wie das sich so verkehrt treffen muss, und ich hatte Sie um etwas zu <TEI> <text> <body> <div n="3"> <p><pb facs="#f0080"/> mochte, als Entbehrungen jeder Art? Nein, das sollte nicht geschehen! Wenn auch unglücklich und arm, war er noch immer der Vertreter eines alten Namens, und eine unwürdige Handlung schien ihm eine Unmöglichkeit zu sein. 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mochte, als Entbehrungen jeder Art? Nein, das sollte nicht geschehen! Wenn auch unglücklich und arm, war er noch immer der Vertreter eines alten Namens, und eine unwürdige Handlung schien ihm eine Unmöglichkeit zu sein. Abreisen also, den Ort verlassen, der ihm zu einer halben Heimath geworden, war das Einzige, was ihm zu thun übrig blieb. Er seufzte, als er es dachte, aber mit diesem Seufzer hatte er aus dem Traum häuslicher Ruhe und Glückseligkeit für immer Lebewohl gesagt.
Beim Baron war man ein wenig überrascht, als ein ganzer Tag verging, ohne das der Marquis etwas von sich hören ließ. Am zweiten flogen Mariens offene Blicke bei jedem nahenden Schritt erwartungsvoll nach der Thüre. Am dritten sah sie offenbar bleich und angegriffen aus. — Sollten wir nicht zum Marquis schicken und fragen lassen, was ihm fehlt? frug sie ihren Vater, als dieser sich zum Ausgehen anschickte.
Ich gehe schon selbst, war seine Antwort, und er entfernte sich.
Er fand Louis mit Packen beschäftigt, ebenfalls blaß, aber sonst ruhig und entschlossen genug. — Ei was, rief der Baron, wohin die Reise?
Louis erröthete. Ein plötzliches Geschäft, das sich nicht aufschieben läßt, stammelte er.
Davon haben Sie uns ja nichts gesagt?
Es kam so plötzlich, versetzte der junge Mann mit wachsender Verlegenheit.
Und darf man wissen, worin es besteht?
Louis hatte seine Fassung wiedergewonnen. Es betrifft nicht mich allein, sagte er, aber ich werde Ihnen schreiben, sobald es mir möglich ist.
Das scheint ja eine ernste Sache; — und bleiben Sie lange weg?
Wahrscheinlich.
Hm, sagte der Baron ärgerlich, wie das sich so verkehrt treffen muss, und ich hatte Sie um etwas zu
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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T13:30:48Z)
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Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T13:30:48Z)
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