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Wild, Hermine [d. i. Adele Wesemael]: Eure Wege sind nicht meine Wege. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 22. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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ersetzen kann! Ja, ich liebe dich! In mir, außer mir ist alles Liebe, glühende Liebe zu dir. O komm! warum zögerst du?

Sie erhob sich, trat auf den Balcon, beugte sich über das Geländer und blickte ringsum. Ueberall im Schlosse herrschte die tiefste Ruhe, nur die Cikaden hörte man zirpen, in einem nahen Gebüsche sang eine Nachtigall ihr hohes Lied der Liebe! Leonie breitete die Arme aus, in verzehrender Sehnsucht ihres Herzens. Jetzt -- ja, es war kein Irrthum -- trat eine Gestalt aus dem schattigen Pfade, der dem Fenster gegenüber lag, und näherte sich der kleinen Pforte, die -- Leonie wußte es wohl -- an diesem Abend offen stand. Sie trat in das Zimmer zurück, ihr Herz schlug so laut, das seine heftigen Schlage deutlich vernehmbar waren. Auf dem Gange näherten sich Schritte, eine Hand legte sich auf das Schloß, die Thüre ging auf, und ihr Vater trat herein.

Mit einem unterdrückten Schrei wich Leonie vor ihm zurück. Sie schwankte und stützte sich auf das Tischchen, die Lampe fiel um und erlosch. Das Gemach war nur noch von der Kerze erhellt, die der Graf mitgebracht und die er jetzt ruhig auf den Tisch stellte, der in der Mitte des Zimmers stand. Ein reichverziertes Kästchen, das er unter dem Arme trug, stellte er ebenfalls auf den Tisch.

Du hast andern Besuch erwartet, sagte er; verzeihe, das ich störe.

Aber das Bewußtsein der Gefahr gab Leonie ihre ganze Geistesgegenwart zurück. Ich? ich erwarte Niemand, antwortete sie todtenbleich, doch eben so ruhig wie er.

Dann hättest du deine Lampe früher auslöschen sollen.

Sie scherzen, Papa, sagte sie.

Er hob den Finger -- ein leises Geräusch, wie

ersetzen kann! Ja, ich liebe dich! In mir, außer mir ist alles Liebe, glühende Liebe zu dir. O komm! warum zögerst du?

Sie erhob sich, trat auf den Balcon, beugte sich über das Geländer und blickte ringsum. Ueberall im Schlosse herrschte die tiefste Ruhe, nur die Cikaden hörte man zirpen, in einem nahen Gebüsche sang eine Nachtigall ihr hohes Lied der Liebe! Leonie breitete die Arme aus, in verzehrender Sehnsucht ihres Herzens. Jetzt — ja, es war kein Irrthum — trat eine Gestalt aus dem schattigen Pfade, der dem Fenster gegenüber lag, und näherte sich der kleinen Pforte, die — Leonie wußte es wohl — an diesem Abend offen stand. Sie trat in das Zimmer zurück, ihr Herz schlug so laut, das seine heftigen Schlage deutlich vernehmbar waren. Auf dem Gange näherten sich Schritte, eine Hand legte sich auf das Schloß, die Thüre ging auf, und ihr Vater trat herein.

Mit einem unterdrückten Schrei wich Leonie vor ihm zurück. Sie schwankte und stützte sich auf das Tischchen, die Lampe fiel um und erlosch. Das Gemach war nur noch von der Kerze erhellt, die der Graf mitgebracht und die er jetzt ruhig auf den Tisch stellte, der in der Mitte des Zimmers stand. Ein reichverziertes Kästchen, das er unter dem Arme trug, stellte er ebenfalls auf den Tisch.

Du hast andern Besuch erwartet, sagte er; verzeihe, das ich störe.

Aber das Bewußtsein der Gefahr gab Leonie ihre ganze Geistesgegenwart zurück. Ich? ich erwarte Niemand, antwortete sie todtenbleich, doch eben so ruhig wie er.

Dann hättest du deine Lampe früher auslöschen sollen.

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[0192] ersetzen kann! Ja, ich liebe dich! In mir, außer mir ist alles Liebe, glühende Liebe zu dir. O komm! warum zögerst du? Sie erhob sich, trat auf den Balcon, beugte sich über das Geländer und blickte ringsum. Ueberall im Schlosse herrschte die tiefste Ruhe, nur die Cikaden hörte man zirpen, in einem nahen Gebüsche sang eine Nachtigall ihr hohes Lied der Liebe! Leonie breitete die Arme aus, in verzehrender Sehnsucht ihres Herzens. Jetzt — ja, es war kein Irrthum — trat eine Gestalt aus dem schattigen Pfade, der dem Fenster gegenüber lag, und näherte sich der kleinen Pforte, die — Leonie wußte es wohl — an diesem Abend offen stand. Sie trat in das Zimmer zurück, ihr Herz schlug so laut, das seine heftigen Schlage deutlich vernehmbar waren. Auf dem Gange näherten sich Schritte, eine Hand legte sich auf das Schloß, die Thüre ging auf, und ihr Vater trat herein. Mit einem unterdrückten Schrei wich Leonie vor ihm zurück. Sie schwankte und stützte sich auf das Tischchen, die Lampe fiel um und erlosch. Das Gemach war nur noch von der Kerze erhellt, die der Graf mitgebracht und die er jetzt ruhig auf den Tisch stellte, der in der Mitte des Zimmers stand. Ein reichverziertes Kästchen, das er unter dem Arme trug, stellte er ebenfalls auf den Tisch. Du hast andern Besuch erwartet, sagte er; verzeihe, das ich störe. Aber das Bewußtsein der Gefahr gab Leonie ihre ganze Geistesgegenwart zurück. Ich? ich erwarte Niemand, antwortete sie todtenbleich, doch eben so ruhig wie er. Dann hättest du deine Lampe früher auslöschen sollen. Sie scherzen, Papa, sagte sie. Er hob den Finger — ein leises Geräusch, wie

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:30:48Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:30:48Z)

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Zitationshilfe: Wild, Hermine [d. i. Adele Wesemael]: Eure Wege sind nicht meine Wege. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 22. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wild_wege_1910/192>, abgerufen am 24.11.2024.