Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.ein Brett, auf dem er ans Ufer stieg. Er reichte ihr die Hand und wollte sie auf den Mund küssen; aber sie gab ihm eine Ohrfeige, -- und indem er eben einige Worte der Entschuldigung stammeln wollte, wachte er auf. Johann Ohlerich stand vor ihm, mit lächelndem Gesicht. Willst du nicht aufstehen, Junge? Du hast ja einen prächtigen Schlaf! Aber ich muß dem Vergnügen doch ein Ende machen. Gegen Morgen zu hat der Wind wieder ein Bischen nachgeholfen, und nun liegen wir hier in der Kieler Bucht. Der Schiffer Albrecht hat hier etwas zu thun, -- und ich denke, wir beide lassen ihn allein mit seiner alten Yacht und fahren per Dampf nach Hamburg und Altona! Es wird dir wohl nicht viel daran liegen, den Eiderkanal und die schwarzen und weißen Elb-Tonnen zu sehen, und vielleicht noch einmal in hohle See zu kommen, wie am gestrigen Tag. O, das thäte mir nichts! sagte Julius, der noch etwas von dem Admiralsgefühl seines Traums verspürte. Aber es ist freilich besser, bald nach Hamburg und nach Hause zu kommen! Es giebt eine Familie, die sich schon sehr über mich verwundern wird. Nun, dann arbeite dich aus der Koje heraus! Gleich nach sieben geht der Zug. Eine halbe Stunde haben wir noch. Dann können wir in Hamburg ein paar Beefsteaks zu Mittag essen! -- Damit stieg Johann Ohlerich wieder die Treppe hinauf. Julius warf sich in seine Kleider und folgte ihm bald. Er sah sich hart am Bollwerk des Kieler Hafens, allerlei Masten und Flaggen um sich her. Weiter abwärts lag ein gewaltiges, schwarzes Ungeheuer von der deutschen Flotte, in dessen Nähe die schlanken Kanonenboote dampften, -- wie es schien, um sich zu einer Uebungsfahrt seefertig zu machen. Nun, das ist doch schon etwas, murmelte Ohlerich bei diesem Anblick mit halb zurückgedrängtem schmunzelndem Wohlbehagen. So weit haben wir's doch endlich einmal gebracht! ein Brett, auf dem er ans Ufer stieg. Er reichte ihr die Hand und wollte sie auf den Mund küssen; aber sie gab ihm eine Ohrfeige, — und indem er eben einige Worte der Entschuldigung stammeln wollte, wachte er auf. Johann Ohlerich stand vor ihm, mit lächelndem Gesicht. Willst du nicht aufstehen, Junge? Du hast ja einen prächtigen Schlaf! Aber ich muß dem Vergnügen doch ein Ende machen. Gegen Morgen zu hat der Wind wieder ein Bischen nachgeholfen, und nun liegen wir hier in der Kieler Bucht. Der Schiffer Albrecht hat hier etwas zu thun, — und ich denke, wir beide lassen ihn allein mit seiner alten Yacht und fahren per Dampf nach Hamburg und Altona! Es wird dir wohl nicht viel daran liegen, den Eiderkanal und die schwarzen und weißen Elb-Tonnen zu sehen, und vielleicht noch einmal in hohle See zu kommen, wie am gestrigen Tag. O, das thäte mir nichts! sagte Julius, der noch etwas von dem Admiralsgefühl seines Traums verspürte. Aber es ist freilich besser, bald nach Hamburg und nach Hause zu kommen! Es giebt eine Familie, die sich schon sehr über mich verwundern wird. Nun, dann arbeite dich aus der Koje heraus! Gleich nach sieben geht der Zug. Eine halbe Stunde haben wir noch. Dann können wir in Hamburg ein paar Beefsteaks zu Mittag essen! — Damit stieg Johann Ohlerich wieder die Treppe hinauf. Julius warf sich in seine Kleider und folgte ihm bald. Er sah sich hart am Bollwerk des Kieler Hafens, allerlei Masten und Flaggen um sich her. Weiter abwärts lag ein gewaltiges, schwarzes Ungeheuer von der deutschen Flotte, in dessen Nähe die schlanken Kanonenboote dampften, — wie es schien, um sich zu einer Uebungsfahrt seefertig zu machen. Nun, das ist doch schon etwas, murmelte Ohlerich bei diesem Anblick mit halb zurückgedrängtem schmunzelndem Wohlbehagen. So weit haben wir's doch endlich einmal gebracht! <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="5"> <p><pb facs="#f0059"/> ein Brett, auf dem er ans Ufer stieg. Er reichte ihr die Hand und wollte sie auf den Mund küssen; aber sie gab ihm eine Ohrfeige, — und indem er eben einige Worte der Entschuldigung stammeln wollte, wachte er auf.</p><lb/> <p>Johann Ohlerich stand vor ihm, mit lächelndem Gesicht. Willst du nicht aufstehen, Junge? Du hast ja einen prächtigen Schlaf! Aber ich muß dem Vergnügen doch ein Ende machen. Gegen Morgen zu hat der Wind wieder ein Bischen nachgeholfen, und nun liegen wir hier in der Kieler Bucht. Der Schiffer Albrecht hat hier etwas zu thun, — und ich denke, wir beide lassen ihn allein mit seiner alten Yacht und fahren per Dampf nach Hamburg und Altona! Es wird dir wohl nicht viel daran liegen, den Eiderkanal und die schwarzen und weißen Elb-Tonnen zu sehen, und vielleicht noch einmal in hohle See zu kommen, wie am gestrigen Tag.</p><lb/> <p>O, das thäte mir nichts! sagte Julius, der noch etwas von dem Admiralsgefühl seines Traums verspürte. Aber es ist freilich besser, bald nach Hamburg und nach Hause zu kommen! Es giebt eine Familie, die sich schon sehr über mich verwundern wird.</p><lb/> <p>Nun, dann arbeite dich aus der Koje heraus! Gleich nach sieben geht der Zug. Eine halbe Stunde haben wir noch. Dann können wir in Hamburg ein paar Beefsteaks zu Mittag essen! — Damit stieg Johann Ohlerich wieder die Treppe hinauf. Julius warf sich in seine Kleider und folgte ihm bald. Er sah sich hart am Bollwerk des Kieler Hafens, allerlei Masten und Flaggen um sich her. 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ein Brett, auf dem er ans Ufer stieg. Er reichte ihr die Hand und wollte sie auf den Mund küssen; aber sie gab ihm eine Ohrfeige, — und indem er eben einige Worte der Entschuldigung stammeln wollte, wachte er auf.
Johann Ohlerich stand vor ihm, mit lächelndem Gesicht. Willst du nicht aufstehen, Junge? Du hast ja einen prächtigen Schlaf! Aber ich muß dem Vergnügen doch ein Ende machen. Gegen Morgen zu hat der Wind wieder ein Bischen nachgeholfen, und nun liegen wir hier in der Kieler Bucht. Der Schiffer Albrecht hat hier etwas zu thun, — und ich denke, wir beide lassen ihn allein mit seiner alten Yacht und fahren per Dampf nach Hamburg und Altona! Es wird dir wohl nicht viel daran liegen, den Eiderkanal und die schwarzen und weißen Elb-Tonnen zu sehen, und vielleicht noch einmal in hohle See zu kommen, wie am gestrigen Tag.
O, das thäte mir nichts! sagte Julius, der noch etwas von dem Admiralsgefühl seines Traums verspürte. Aber es ist freilich besser, bald nach Hamburg und nach Hause zu kommen! Es giebt eine Familie, die sich schon sehr über mich verwundern wird.
Nun, dann arbeite dich aus der Koje heraus! Gleich nach sieben geht der Zug. Eine halbe Stunde haben wir noch. Dann können wir in Hamburg ein paar Beefsteaks zu Mittag essen! — Damit stieg Johann Ohlerich wieder die Treppe hinauf. Julius warf sich in seine Kleider und folgte ihm bald. Er sah sich hart am Bollwerk des Kieler Hafens, allerlei Masten und Flaggen um sich her. Weiter abwärts lag ein gewaltiges, schwarzes Ungeheuer von der deutschen Flotte, in dessen Nähe die schlanken Kanonenboote dampften, — wie es schien, um sich zu einer Uebungsfahrt seefertig zu machen.
Nun, das ist doch schon etwas, murmelte Ohlerich bei diesem Anblick mit halb zurückgedrängtem schmunzelndem Wohlbehagen. So weit haben wir's doch endlich einmal gebracht!
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Zitationshilfe: | Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilbrandt_ohlerich_1910/59>, abgerufen am 25.07.2024. |