Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Plötzlich wandte sich der Schiffer Albrecht herüber, machte ein sonderbar pfiffiges Gesicht, winkte mit der Hand und rief aus: Guter Wind, Johann Ohlerich. Guter Wind, ho! rief dieser sogleich zurück. Der laute Ton durchfuhr Liesbeth, als höre sie irgend einen geheimen Sinn heraus, den sie nicht verstand. Sie wollte auf ihres Mannes Gesicht zu lesen suchen; aber Julius' Nähe und Ohlerich's Heiterkeit beklemmten sie allzu sehr. Es lief ihr heiß und kalt über die Haut. Hör' ich da nicht etwas? sagte sie endlich. Ich glaube, mein Junge ist schon aufgewacht! -- Sie ging scheinbar horchend in das Haus hinein und machte die Thüre zu. Johann Ohlerich sah ihr nach. O ja! fing er dann gemüthlich wieder an, er erzählt gute Geschichten, der Schiffer Albrecht! Und er trägt sie gut vor. Aber nun sollten Sie nur mal die Bilder sehen, die er aus China und Japan mitgebracht hat: -- die spaßhaften Bilder, wissen Sie, wovon er heut Nacht bei Peter Jungmann erzählte. Für Frauensleut' ist das nichts; aber für Mannsleut' ist es sehr possirlich anzusehn. Kann man die Sachen einmal zu Gesicht bekommen? warf Julius nachlässig hin. Warum nicht? Er hat sie immer an Bord, -- der alte Schwede. Albrecht! rief er zu dem Schiffer hinüber, der auf seinem Verdeck auf und ab schlenderte, während der Schiffsjunge sich an den Segeln zu schaffen machte, -- hast du eine halbe Stunde Zeit, kannst du uns deine japanesischen Kunstschätze zeigen? Ich hab' 'ne ganze Stunde Zeit und dann noch 'ne halbe! rief der Schiffer zurück. Es wird mir eine große Ehre sein, -- das versteht sich! -- Johann Ohlerich stand sogleich auf und winkte seinem Gast mit den Augen, das Gleiche zu thun. Indessen Julius sich reckte und in die Sonne trat, um ans Schiff zu gehen, zog Ohlerich seine Brieftasche hervor, riß ein Blatt heraus und fing an, am Plötzlich wandte sich der Schiffer Albrecht herüber, machte ein sonderbar pfiffiges Gesicht, winkte mit der Hand und rief aus: Guter Wind, Johann Ohlerich. Guter Wind, ho! rief dieser sogleich zurück. Der laute Ton durchfuhr Liesbeth, als höre sie irgend einen geheimen Sinn heraus, den sie nicht verstand. Sie wollte auf ihres Mannes Gesicht zu lesen suchen; aber Julius' Nähe und Ohlerich's Heiterkeit beklemmten sie allzu sehr. Es lief ihr heiß und kalt über die Haut. Hör' ich da nicht etwas? sagte sie endlich. Ich glaube, mein Junge ist schon aufgewacht! — Sie ging scheinbar horchend in das Haus hinein und machte die Thüre zu. Johann Ohlerich sah ihr nach. O ja! fing er dann gemüthlich wieder an, er erzählt gute Geschichten, der Schiffer Albrecht! Und er trägt sie gut vor. Aber nun sollten Sie nur mal die Bilder sehen, die er aus China und Japan mitgebracht hat: — die spaßhaften Bilder, wissen Sie, wovon er heut Nacht bei Peter Jungmann erzählte. Für Frauensleut' ist das nichts; aber für Mannsleut' ist es sehr possirlich anzusehn. Kann man die Sachen einmal zu Gesicht bekommen? warf Julius nachlässig hin. Warum nicht? Er hat sie immer an Bord, — der alte Schwede. Albrecht! rief er zu dem Schiffer hinüber, der auf seinem Verdeck auf und ab schlenderte, während der Schiffsjunge sich an den Segeln zu schaffen machte, — hast du eine halbe Stunde Zeit, kannst du uns deine japanesischen Kunstschätze zeigen? Ich hab' 'ne ganze Stunde Zeit und dann noch 'ne halbe! rief der Schiffer zurück. Es wird mir eine große Ehre sein, — das versteht sich! — Johann Ohlerich stand sogleich auf und winkte seinem Gast mit den Augen, das Gleiche zu thun. Indessen Julius sich reckte und in die Sonne trat, um ans Schiff zu gehen, zog Ohlerich seine Brieftasche hervor, riß ein Blatt heraus und fing an, am <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="4"> <pb facs="#f0047"/> <p>Plötzlich wandte sich der Schiffer Albrecht herüber, machte ein sonderbar pfiffiges Gesicht, winkte mit der Hand und rief aus: Guter Wind, Johann Ohlerich.</p><lb/> <p>Guter Wind, ho! rief dieser sogleich zurück. Der laute Ton durchfuhr Liesbeth, als höre sie irgend einen geheimen Sinn heraus, den sie nicht verstand. Sie wollte auf ihres Mannes Gesicht zu lesen suchen; aber Julius' Nähe und Ohlerich's Heiterkeit beklemmten sie allzu sehr. Es lief ihr heiß und kalt über die Haut. Hör' ich da nicht etwas? sagte sie endlich. Ich glaube, mein Junge ist schon aufgewacht! — Sie ging scheinbar horchend in das Haus hinein und machte die Thüre zu.</p><lb/> <p>Johann Ohlerich sah ihr nach. 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Es wird mir eine große Ehre sein, — das versteht sich! — Johann Ohlerich stand sogleich auf und winkte seinem Gast mit den Augen, das Gleiche zu thun. Indessen Julius sich reckte und in die Sonne trat, um ans Schiff zu gehen, zog Ohlerich seine Brieftasche hervor, riß ein Blatt heraus und fing an, am<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0047]
Plötzlich wandte sich der Schiffer Albrecht herüber, machte ein sonderbar pfiffiges Gesicht, winkte mit der Hand und rief aus: Guter Wind, Johann Ohlerich.
Guter Wind, ho! rief dieser sogleich zurück. Der laute Ton durchfuhr Liesbeth, als höre sie irgend einen geheimen Sinn heraus, den sie nicht verstand. Sie wollte auf ihres Mannes Gesicht zu lesen suchen; aber Julius' Nähe und Ohlerich's Heiterkeit beklemmten sie allzu sehr. Es lief ihr heiß und kalt über die Haut. Hör' ich da nicht etwas? sagte sie endlich. Ich glaube, mein Junge ist schon aufgewacht! — Sie ging scheinbar horchend in das Haus hinein und machte die Thüre zu.
Johann Ohlerich sah ihr nach. O ja! fing er dann gemüthlich wieder an, er erzählt gute Geschichten, der Schiffer Albrecht! Und er trägt sie gut vor. Aber nun sollten Sie nur mal die Bilder sehen, die er aus China und Japan mitgebracht hat: — die spaßhaften Bilder, wissen Sie, wovon er heut Nacht bei Peter Jungmann erzählte. Für Frauensleut' ist das nichts; aber für Mannsleut' ist es sehr possirlich anzusehn.
Kann man die Sachen einmal zu Gesicht bekommen? warf Julius nachlässig hin.
Warum nicht? Er hat sie immer an Bord, — der alte Schwede. Albrecht! rief er zu dem Schiffer hinüber, der auf seinem Verdeck auf und ab schlenderte, während der Schiffsjunge sich an den Segeln zu schaffen machte, — hast du eine halbe Stunde Zeit, kannst du uns deine japanesischen Kunstschätze zeigen?
Ich hab' 'ne ganze Stunde Zeit und dann noch 'ne halbe! rief der Schiffer zurück. Es wird mir eine große Ehre sein, — das versteht sich! — Johann Ohlerich stand sogleich auf und winkte seinem Gast mit den Augen, das Gleiche zu thun. Indessen Julius sich reckte und in die Sonne trat, um ans Schiff zu gehen, zog Ohlerich seine Brieftasche hervor, riß ein Blatt heraus und fing an, am
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Zitationshilfe: | Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilbrandt_ohlerich_1910/47>, abgerufen am 05.07.2024. |