Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.sind, so kann er sich Glück wünschen, daß er so davon kommt. Bringt ihn an Bord, sag' ich! Die fremden Matrosen, durch Ohlerich's wildes Gesicht eingeschüchtert, vielleicht auch in dem Glauben, daß er hier am Ort zu befehlen habe, murmelten nur noch etwas vor sich hin, hoben ihren Kameraden vom Boden auf und trugen ihn in ein Boot, das unten am Bollwerk lag. Der Betrunkene suchte sich von ihnen loszumachen, drohte bald mit dem einen, bald mit dem andern Arm nach der Straße herauf. Doch die Matrosen setzten ihn auf eine Bank, stießen vom Lande ab und ruderten nach einem der dunklen Schiffe am andern Ufer hinüber. Im Mondschein sah man noch das aufgeregte Gesicht des Schweden, der mit seinem Messer in ohnmächtiger Wuth ins Wasser schlug, daß die Tropfen versilbert aufspritzten. Er stieß mit unsicherem Arm so heftig zu, wie wenn er dem Fluß den Bauch aufschlitzen wollte. Endlich landete das Boot drüben am Schiff, und man sah ihn nicht mehr. Pfui, es sieht häßlich aus, -- so ein wüthiger Mensch! murmelte Johann Ohlerich vor sich hin. Hat der Hundsfott tüchtig zugestoßen? fragte er dann und wandte sich zu dem jungen Mann, dessen Gesicht er noch nicht gesehen hatte. Doch jetzt fuhr ihm ein unwillkürlicher Laut der Ueberraschung aus der Kehle. Es war Julius, der neben ihm stand. Der Jüngling hatte sein Taschentuch gezogen und fing das Blut damit auf, das ihm noch tropfenweise zwischen den Fingern hervorquoll. Zugleich betrachtete er die Wunde aufmerksam, -- weil ihm wenig daran lag, Johann Ohlerich ins Gesicht zu sehen. Ah! Sie sind es also! sagte dieser endlich sehr gedehnt und nicht ohne Mühe. Ja, ich bin es, antwortete Julius. Wie kamen Sie denn hieher? Ich wollte noch einen Spaziergang machen, -- in der schönen Nacht! sagte Julius in unverhehlbarer Verwirrung. sind, so kann er sich Glück wünschen, daß er so davon kommt. Bringt ihn an Bord, sag' ich! Die fremden Matrosen, durch Ohlerich's wildes Gesicht eingeschüchtert, vielleicht auch in dem Glauben, daß er hier am Ort zu befehlen habe, murmelten nur noch etwas vor sich hin, hoben ihren Kameraden vom Boden auf und trugen ihn in ein Boot, das unten am Bollwerk lag. Der Betrunkene suchte sich von ihnen loszumachen, drohte bald mit dem einen, bald mit dem andern Arm nach der Straße herauf. Doch die Matrosen setzten ihn auf eine Bank, stießen vom Lande ab und ruderten nach einem der dunklen Schiffe am andern Ufer hinüber. Im Mondschein sah man noch das aufgeregte Gesicht des Schweden, der mit seinem Messer in ohnmächtiger Wuth ins Wasser schlug, daß die Tropfen versilbert aufspritzten. Er stieß mit unsicherem Arm so heftig zu, wie wenn er dem Fluß den Bauch aufschlitzen wollte. Endlich landete das Boot drüben am Schiff, und man sah ihn nicht mehr. Pfui, es sieht häßlich aus, — so ein wüthiger Mensch! murmelte Johann Ohlerich vor sich hin. Hat der Hundsfott tüchtig zugestoßen? fragte er dann und wandte sich zu dem jungen Mann, dessen Gesicht er noch nicht gesehen hatte. Doch jetzt fuhr ihm ein unwillkürlicher Laut der Ueberraschung aus der Kehle. Es war Julius, der neben ihm stand. Der Jüngling hatte sein Taschentuch gezogen und fing das Blut damit auf, das ihm noch tropfenweise zwischen den Fingern hervorquoll. Zugleich betrachtete er die Wunde aufmerksam, — weil ihm wenig daran lag, Johann Ohlerich ins Gesicht zu sehen. Ah! Sie sind es also! sagte dieser endlich sehr gedehnt und nicht ohne Mühe. Ja, ich bin es, antwortete Julius. Wie kamen Sie denn hieher? Ich wollte noch einen Spaziergang machen, — in der schönen Nacht! sagte Julius in unverhehlbarer Verwirrung. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <p><pb facs="#f0041"/> sind, so kann er sich Glück wünschen, daß er so davon kommt. Bringt ihn an Bord, sag' ich!</p><lb/> <p>Die fremden Matrosen, durch Ohlerich's wildes Gesicht eingeschüchtert, vielleicht auch in dem Glauben, daß er hier am Ort zu befehlen habe, murmelten nur noch etwas vor sich hin, hoben ihren Kameraden vom Boden auf und trugen ihn in ein Boot, das unten am Bollwerk lag. Der Betrunkene suchte sich von ihnen loszumachen, drohte bald mit dem einen, bald mit dem andern Arm nach der Straße herauf. Doch die Matrosen setzten ihn auf eine Bank, stießen vom Lande ab und ruderten nach einem der dunklen Schiffe am andern Ufer hinüber. Im Mondschein sah man noch das aufgeregte Gesicht des Schweden, der mit seinem Messer in ohnmächtiger Wuth ins Wasser schlug, daß die Tropfen versilbert aufspritzten. Er stieß mit unsicherem Arm so heftig zu, wie wenn er dem Fluß den Bauch aufschlitzen wollte. Endlich landete das Boot drüben am Schiff, und man sah ihn nicht mehr.</p><lb/> <p>Pfui, es sieht häßlich aus, — so ein wüthiger Mensch! murmelte Johann Ohlerich vor sich hin.</p><lb/> <p>Hat der Hundsfott tüchtig zugestoßen? fragte er dann und wandte sich zu dem jungen Mann, dessen Gesicht er noch nicht gesehen hatte. Doch jetzt fuhr ihm ein unwillkürlicher Laut der Ueberraschung aus der Kehle. Es war Julius, der neben ihm stand. Der Jüngling hatte sein Taschentuch gezogen und fing das Blut damit auf, das ihm noch tropfenweise zwischen den Fingern hervorquoll. Zugleich betrachtete er die Wunde aufmerksam, — weil ihm wenig daran lag, Johann Ohlerich ins Gesicht zu sehen.</p><lb/> <p>Ah! Sie sind es also! sagte dieser endlich sehr gedehnt und nicht ohne Mühe.</p><lb/> <p>Ja, ich bin es, antwortete Julius.</p><lb/> <p>Wie kamen Sie denn hieher?</p><lb/> <p>Ich wollte noch einen Spaziergang machen, — in der schönen Nacht! sagte Julius in unverhehlbarer Verwirrung.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0041]
sind, so kann er sich Glück wünschen, daß er so davon kommt. Bringt ihn an Bord, sag' ich!
Die fremden Matrosen, durch Ohlerich's wildes Gesicht eingeschüchtert, vielleicht auch in dem Glauben, daß er hier am Ort zu befehlen habe, murmelten nur noch etwas vor sich hin, hoben ihren Kameraden vom Boden auf und trugen ihn in ein Boot, das unten am Bollwerk lag. Der Betrunkene suchte sich von ihnen loszumachen, drohte bald mit dem einen, bald mit dem andern Arm nach der Straße herauf. Doch die Matrosen setzten ihn auf eine Bank, stießen vom Lande ab und ruderten nach einem der dunklen Schiffe am andern Ufer hinüber. Im Mondschein sah man noch das aufgeregte Gesicht des Schweden, der mit seinem Messer in ohnmächtiger Wuth ins Wasser schlug, daß die Tropfen versilbert aufspritzten. Er stieß mit unsicherem Arm so heftig zu, wie wenn er dem Fluß den Bauch aufschlitzen wollte. Endlich landete das Boot drüben am Schiff, und man sah ihn nicht mehr.
Pfui, es sieht häßlich aus, — so ein wüthiger Mensch! murmelte Johann Ohlerich vor sich hin.
Hat der Hundsfott tüchtig zugestoßen? fragte er dann und wandte sich zu dem jungen Mann, dessen Gesicht er noch nicht gesehen hatte. Doch jetzt fuhr ihm ein unwillkürlicher Laut der Ueberraschung aus der Kehle. Es war Julius, der neben ihm stand. Der Jüngling hatte sein Taschentuch gezogen und fing das Blut damit auf, das ihm noch tropfenweise zwischen den Fingern hervorquoll. Zugleich betrachtete er die Wunde aufmerksam, — weil ihm wenig daran lag, Johann Ohlerich ins Gesicht zu sehen.
Ah! Sie sind es also! sagte dieser endlich sehr gedehnt und nicht ohne Mühe.
Ja, ich bin es, antwortete Julius.
Wie kamen Sie denn hieher?
Ich wollte noch einen Spaziergang machen, — in der schönen Nacht! sagte Julius in unverhehlbarer Verwirrung.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T13:21:33Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T13:21:33Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |