Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Sie erwiederte ihn nicht. Nun, so hab' ich auch noch ein letztes Wort! sagte er nach einem langen Schweigen. Sie that, als hörte sie nicht. Ich bin der Herr im Haus! -- Morgen fahr' ich nach Hamburg zurück, Liesbeth -- und du fährst mit mir. Ueberrascht sah sie ihn an. Was soll das heißen? fragte sie nach einer Weile. Das soll heißen, daß ich der Geschichte hier ein Ende machen will! daß ich es satt habe, dich mit deinem jungen Herrn allein zu lassen! daß ich dir nicht traue -- verstehst du! Und daß du mir gehorchen sollst, oder es giebt ein Unglück! Er sagte das mit wachsender Leidenschaft, sie hörte aus jedem Wort, wie es ihn durchwühlte. Er stand still und sprach nicht laut, um das Kind nicht zu wecken, aber der Ton, die Augen sprachen Alles aus. Es kam sie ein Zittern an; doch sie überwand es. Ohlerich! sagte sie dann aufgeregt. Du weißt, daß ich meinen Willen habe, so gut wie du. Ich lasse mich nicht länger von dir behandeln wie ein schlechtes Weib! Wenn du mich zwingen willst, so lauf' ich davon, so bin ich dein Weib nicht mehr, und mit aller Lieb' ist's vorbei. Ich traue dir nicht! knirschte er zwischen den Zähnen. Wann hättst du's auch je gethan? sagte sie mit aller Bitterkeit. Was Vertrauen heißt, das weißt du ja nicht. Jetzt laß mich schlafen gehen! -- Sie trat wieder an ihr Bett. Liesbeth! sagte er außer sich, doch mit immer verhaltener Stimme; -- sie sprachen beide kein lautes Wort -- Liesbeth! du fährst morgen früh mit mir nach Hamburg, oder es giebt ein Unglück, so wahr ich lebe. Ich bleibe hier bei dem Kind! antwortete sie. Du sollst diesen Menschen nicht wiedersehen -- jetzt nicht! Ich will's nicht! Morgen früh um Vier stehst du auf, wir segeln nach Rostock hinauf. Du giebst jetzt dein Wort, daß du mit mir gehst, oder ich thue was, das mich reut, -- das ich nicht lassen kann. Sie erwiederte ihn nicht. Nun, so hab' ich auch noch ein letztes Wort! sagte er nach einem langen Schweigen. Sie that, als hörte sie nicht. Ich bin der Herr im Haus! — Morgen fahr' ich nach Hamburg zurück, Liesbeth — und du fährst mit mir. Ueberrascht sah sie ihn an. Was soll das heißen? fragte sie nach einer Weile. Das soll heißen, daß ich der Geschichte hier ein Ende machen will! daß ich es satt habe, dich mit deinem jungen Herrn allein zu lassen! daß ich dir nicht traue — verstehst du! Und daß du mir gehorchen sollst, oder es giebt ein Unglück! Er sagte das mit wachsender Leidenschaft, sie hörte aus jedem Wort, wie es ihn durchwühlte. Er stand still und sprach nicht laut, um das Kind nicht zu wecken, aber der Ton, die Augen sprachen Alles aus. Es kam sie ein Zittern an; doch sie überwand es. Ohlerich! sagte sie dann aufgeregt. Du weißt, daß ich meinen Willen habe, so gut wie du. Ich lasse mich nicht länger von dir behandeln wie ein schlechtes Weib! Wenn du mich zwingen willst, so lauf' ich davon, so bin ich dein Weib nicht mehr, und mit aller Lieb' ist's vorbei. Ich traue dir nicht! knirschte er zwischen den Zähnen. Wann hättst du's auch je gethan? sagte sie mit aller Bitterkeit. Was Vertrauen heißt, das weißt du ja nicht. Jetzt laß mich schlafen gehen! — Sie trat wieder an ihr Bett. Liesbeth! sagte er außer sich, doch mit immer verhaltener Stimme; — sie sprachen beide kein lautes Wort — Liesbeth! du fährst morgen früh mit mir nach Hamburg, oder es giebt ein Unglück, so wahr ich lebe. Ich bleibe hier bei dem Kind! antwortete sie. Du sollst diesen Menschen nicht wiedersehen — jetzt nicht! Ich will's nicht! Morgen früh um Vier stehst du auf, wir segeln nach Rostock hinauf. 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Sie erwiederte ihn nicht. Nun, so hab' ich auch noch ein letztes Wort! sagte er nach einem langen Schweigen.
Sie that, als hörte sie nicht.
Ich bin der Herr im Haus! — Morgen fahr' ich nach Hamburg zurück, Liesbeth — und du fährst mit mir.
Ueberrascht sah sie ihn an. Was soll das heißen? fragte sie nach einer Weile.
Das soll heißen, daß ich der Geschichte hier ein Ende machen will! daß ich es satt habe, dich mit deinem jungen Herrn allein zu lassen! daß ich dir nicht traue — verstehst du! Und daß du mir gehorchen sollst, oder es giebt ein Unglück!
Er sagte das mit wachsender Leidenschaft, sie hörte aus jedem Wort, wie es ihn durchwühlte. Er stand still und sprach nicht laut, um das Kind nicht zu wecken, aber der Ton, die Augen sprachen Alles aus. Es kam sie ein Zittern an; doch sie überwand es. Ohlerich! sagte sie dann aufgeregt. Du weißt, daß ich meinen Willen habe, so gut wie du. Ich lasse mich nicht länger von dir behandeln wie ein schlechtes Weib! Wenn du mich zwingen willst, so lauf' ich davon, so bin ich dein Weib nicht mehr, und mit aller Lieb' ist's vorbei.
Ich traue dir nicht! knirschte er zwischen den Zähnen.
Wann hättst du's auch je gethan? sagte sie mit aller Bitterkeit. Was Vertrauen heißt, das weißt du ja nicht. Jetzt laß mich schlafen gehen! — Sie trat wieder an ihr Bett.
Liesbeth! sagte er außer sich, doch mit immer verhaltener Stimme; — sie sprachen beide kein lautes Wort — Liesbeth! du fährst morgen früh mit mir nach Hamburg, oder es giebt ein Unglück, so wahr ich lebe.
Ich bleibe hier bei dem Kind! antwortete sie.
Du sollst diesen Menschen nicht wiedersehen — jetzt nicht! Ich will's nicht! Morgen früh um Vier stehst du auf, wir segeln nach Rostock hinauf. Du giebst jetzt dein Wort, daß du mit mir gehst, oder ich thue was, das mich reut, — das ich nicht lassen kann.
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Zitationshilfe: | Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilbrandt_ohlerich_1910/38>, abgerufen am 16.02.2025. |