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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889.

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Das leben des Euripides.
hatte sein volk durch ganze geographische excurse, wie die fahrten der
Io und des Herakles, unterhalten; besonders lebhaft aber gab er die eignen
eindrücke wieder, die der weitgereiste empfangen hatte, so vom feuer-
speienden berge und den thrakischen pfahlbauten (Pers. 870). auch das
fehlt bei Euripides, der wol nicht weit herum gekommen ist 58). die nach-
bargegenden, zumal die cultstätten Delos Delphoi, Trozen Argos Theben,
schildert er mit besonderen localen beziehungen und bezeichnungen,
sicher verstanden zu werden. von Korinth mochte man 431 wol nichts
hören: die Medeia könnte ebensogut vor jedem schlosse spielen. aber
auch Pherai 59) und Pharsalos 60), die Chersones, die doch kleruchenland
war, und gar der Aetna 61) sind eigentlich gar nicht gezeichnet. die
Helene spielt in Aegypten, aber nicht das mindeste localcolorit ist aufge-
tragen 62), während Sophokles die gelegenheit bei den haren herbeizieht,

Istros treten auf als typen für einen grossen strom (OT 1227), indisches gold und
sardisches elektron als typen orientalischen reichtums (Ant. 1037), der wein von
Italien (Ant. 1119, dies vielleicht wegen Thurioi), das gold vom Paktolos (Phil. 391),
das menschenopfer an Bal (Andromeda 622), der byzantische tunfisch mit seinem
localen namen (fgm. 460). ein thaumasion aus Euboia wird in vielen versen be-
schrieben (Thyest. 235). die kletikoi umnoi putzen sich vollends mit diesem billigen
zierrat, Ai. 693 soll Pan von Kyllene kommen, nysische knosische tänze zu lehren,
Apollon über Ikaros von Delos. Ant. 1115 der Thebaner Dionysos nach Theben, er
der herrscher in Eleusis und Italien, in der korykischen grotte über der Kastalia und
in Nysa. der Triptolemos gab eine ganze periegese der oikoumene im stile der aischy-
leischen, aber noch viel umfassender.
58) Ein gewisser Eparchides hatte in einer specialschrift über Ikaros (Athen.
II 61) ein epigramm mitgeteilt, das Euripides bei einem gelegentlichen besuche auf
der insel gemacht haben sollte. es ist ein recht schlechtes gedicht, denn es nennt
die namen der toten nicht und auch nicht die todesart. Eparchides wusste aber zu
sagen, dass es einer frau galt, die mit drei kindern an dem genusse von giftigen
pilzen gestorben war. auf einem grabe kann es neben den namen allenfalls ge-
standen haben. in diesem falle hätte Eparchides eine ciceronefabel aufgezeichnet,
für die sowol das sujet wie der berühmte dichtername trefflich passen. wir wissen
aber gar nicht, ob nicht Eparchides selbst schwindelte. Euripides steht als ver-
fertiger von epigrammen so gut wie sonst Homer, Sappho, Archilochos: ernsthaft ist
all das nicht zu nehmen.
59) Die localfarbe der Alkestis, soweit sie da ist, gehört der quelle, Hesiods Eoee
von Asklepios, an. dass v. 835 eine strasse von Pherai nach Larisa erwähnt wird,
heisst gar nichts. eine bestimmte angabe musste gemacht werden; ob Larisa oder
Pharsalos oder Krannon genannt ward, war einerlei.
60) Das Thetideion ist zwar eine wirkliche örtlichkeit und wird genau bezeichnet,
weil es dem publicum fremd war. aber das war von der sage, wenn auch nicht
der Andromachesage gegeben, denn es stand bei Pherekydes, schol. 18.
61) Vgl. zu v. 639.
62) Die Perseos skopiai 769 sind zwar an der aegyptischen küste localisirt,

Das leben des Euripides.
hatte sein volk durch ganze geographische excurse, wie die fahrten der
Io und des Herakles, unterhalten; besonders lebhaft aber gab er die eignen
eindrücke wieder, die der weitgereiste empfangen hatte, so vom feuer-
speienden berge und den thrakischen pfahlbauten (Pers. 870). auch das
fehlt bei Euripides, der wol nicht weit herum gekommen ist 58). die nach-
bargegenden, zumal die cultstätten Delos Delphoi, Trozen Argos Theben,
schildert er mit besonderen localen beziehungen und bezeichnungen,
sicher verstanden zu werden. von Korinth mochte man 431 wol nichts
hören: die Medeia könnte ebensogut vor jedem schlosse spielen. aber
auch Pherai 59) und Pharsalos 60), die Chersones, die doch kleruchenland
war, und gar der Aetna 61) sind eigentlich gar nicht gezeichnet. die
Helene spielt in Aegypten, aber nicht das mindeste localcolorit ist aufge-
tragen 62), während Sophokles die gelegenheit bei den haren herbeizieht,

Istros treten auf als typen für einen groſsen strom (OT 1227), indisches gold und
sardisches elektron als typen orientalischen reichtums (Ant. 1037), der wein von
Italien (Ant. 1119, dies vielleicht wegen Thurioi), das gold vom Paktolos (Phil. 391),
das menschenopfer an Bal (Andromeda 622), der byzantische tunfisch mit seinem
localen namen (fgm. 460). ein ϑαυμάσιον aus Euboia wird in vielen versen be-
schrieben (Thyest. 235). die κλητικοὶ ὕμνοι putzen sich vollends mit diesem billigen
zierrat, Ai. 693 soll Pan von Kyllene kommen, nysische knosische tänze zu lehren,
Apollon über Ikaros von Delos. Ant. 1115 der Thebaner Dionysos nach Theben, er
der herrscher in Eleusis und Italien, in der korykischen grotte über der Kastalia und
in Nysa. der Triptolemos gab eine ganze periegese der οἰκουμένη im stile der aischy-
leischen, aber noch viel umfassender.
58) Ein gewiſser Eparchides hatte in einer specialschrift über Ikaros (Athen.
II 61) ein epigramm mitgeteilt, das Euripides bei einem gelegentlichen besuche auf
der insel gemacht haben sollte. es ist ein recht schlechtes gedicht, denn es nennt
die namen der toten nicht und auch nicht die todesart. Eparchides wuſste aber zu
sagen, daſs es einer frau galt, die mit drei kindern an dem genusse von giftigen
pilzen gestorben war. auf einem grabe kann es neben den namen allenfalls ge-
standen haben. in diesem falle hätte Eparchides eine ciceronefabel aufgezeichnet,
für die sowol das sujet wie der berühmte dichtername trefflich passen. wir wissen
aber gar nicht, ob nicht Eparchides selbst schwindelte. Euripides steht als ver-
fertiger von epigrammen so gut wie sonst Homer, Sappho, Archilochos: ernsthaft ist
all das nicht zu nehmen.
59) Die localfarbe der Alkestis, soweit sie da ist, gehört der quelle, Hesiods Eoee
von Asklepios, an. daſs v. 835 eine straſse von Pherai nach Larisa erwähnt wird,
heiſst gar nichts. eine bestimmte angabe muſste gemacht werden; ob Larisa oder
Pharsalos oder Krannon genannt ward, war einerlei.
60) Das Θετίδειον ist zwar eine wirkliche örtlichkeit und wird genau bezeichnet,
weil es dem publicum fremd war. aber das war von der sage, wenn auch nicht
der Andromachesage gegeben, denn es stand bei Pherekydes, schol. 18.
61) Vgl. zu v. 639.
62) Die Περσέως σκοπιαί 769 sind zwar an der aegyptischen küste localisirt,
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[32/0052] Das leben des Euripides. hatte sein volk durch ganze geographische excurse, wie die fahrten der Io und des Herakles, unterhalten; besonders lebhaft aber gab er die eignen eindrücke wieder, die der weitgereiste empfangen hatte, so vom feuer- speienden berge und den thrakischen pfahlbauten (Pers. 870). auch das fehlt bei Euripides, der wol nicht weit herum gekommen ist 58). die nach- bargegenden, zumal die cultstätten Delos Delphoi, Trozen Argos Theben, schildert er mit besonderen localen beziehungen und bezeichnungen, sicher verstanden zu werden. von Korinth mochte man 431 wol nichts hören: die Medeia könnte ebensogut vor jedem schlosse spielen. aber auch Pherai 59) und Pharsalos 60), die Chersones, die doch kleruchenland war, und gar der Aetna 61) sind eigentlich gar nicht gezeichnet. die Helene spielt in Aegypten, aber nicht das mindeste localcolorit ist aufge- tragen 62), während Sophokles die gelegenheit bei den haren herbeizieht, 57) 58) Ein gewiſser Eparchides hatte in einer specialschrift über Ikaros (Athen. II 61) ein epigramm mitgeteilt, das Euripides bei einem gelegentlichen besuche auf der insel gemacht haben sollte. es ist ein recht schlechtes gedicht, denn es nennt die namen der toten nicht und auch nicht die todesart. Eparchides wuſste aber zu sagen, daſs es einer frau galt, die mit drei kindern an dem genusse von giftigen pilzen gestorben war. auf einem grabe kann es neben den namen allenfalls ge- standen haben. in diesem falle hätte Eparchides eine ciceronefabel aufgezeichnet, für die sowol das sujet wie der berühmte dichtername trefflich passen. wir wissen aber gar nicht, ob nicht Eparchides selbst schwindelte. Euripides steht als ver- fertiger von epigrammen so gut wie sonst Homer, Sappho, Archilochos: ernsthaft ist all das nicht zu nehmen. 59) Die localfarbe der Alkestis, soweit sie da ist, gehört der quelle, Hesiods Eoee von Asklepios, an. daſs v. 835 eine straſse von Pherai nach Larisa erwähnt wird, heiſst gar nichts. eine bestimmte angabe muſste gemacht werden; ob Larisa oder Pharsalos oder Krannon genannt ward, war einerlei. 60) Das Θετίδειον ist zwar eine wirkliche örtlichkeit und wird genau bezeichnet, weil es dem publicum fremd war. aber das war von der sage, wenn auch nicht der Andromachesage gegeben, denn es stand bei Pherekydes, schol. 18. 61) Vgl. zu v. 639. 62) Die Περσέως σκοπιαί 769 sind zwar an der aegyptischen küste localisirt, 57) Istros treten auf als typen für einen groſsen strom (OT 1227), indisches gold und sardisches elektron als typen orientalischen reichtums (Ant. 1037), der wein von Italien (Ant. 1119, dies vielleicht wegen Thurioi), das gold vom Paktolos (Phil. 391), das menschenopfer an Bal (Andromeda 622), der byzantische tunfisch mit seinem localen namen (fgm. 460). ein ϑαυμάσιον aus Euboia wird in vielen versen be- schrieben (Thyest. 235). die κλητικοὶ ὕμνοι putzen sich vollends mit diesem billigen zierrat, Ai. 693 soll Pan von Kyllene kommen, nysische knosische tänze zu lehren, Apollon über Ikaros von Delos. Ant. 1115 der Thebaner Dionysos nach Theben, er der herrscher in Eleusis und Italien, in der korykischen grotte über der Kastalia und in Nysa. der Triptolemos gab eine ganze periegese der οἰκουμένη im stile der aischy- leischen, aber noch viel umfassender.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_tragoedie_1889/52>, abgerufen am 27.11.2024.